Gottes erste Diener
ernennen, wen
er wollte. Zuerst ernannte er seinen Bruder, doch als dieser starb, setzte er
seinen neunjährigen unehelichen Sohn Alexander Stewart an seine Stelle.
Als der König am 9. September
1513 auf Flooden Field starb, hinterließ er einen einjährigen Sohn, der ihm als
König James V. nachfolgte. Als er zwanzig Jahre alt wurde, schrieb James V. an
Papst Clemens VII. Der schottische König hatte bereits drei uneheliche Kinder.
Er fragte Seine Heiligkeit, ob uneheliche Kinder von ihrem illegitimen Status
dispensiert werden und künftig kirchliche Ämter innehaben könnten. Clemens
stimmte zu, vorausgesetzt, keiner der Knaben werde zum Bischof oder Erzbischof
gemacht, bevor er zwanzig war. James dankte dem Oberhirten und verteilte unter
seinen Bankerten einige der besten Abteien von Schottland, darunter Kelso und
Melrose, St. Andrews und Holyrood.
Wie dekadent der Klerus war,
läßt sich ermessen, wenn man das Register des Großen Siegels in der Zeitspanne
zwischen 1529 und 1559 untersucht. Es war Brauch, daß Adlige ihre unehelichen
Kinder anerkannten, um ihnen die Nachfolge zu ermöglichen. Jede Klasse des
Klerus vom Kardinal bis zum Hilfspfarrer war im Register vertreten. Es gab zehn
Bischöfe darin, noch mehr Vikare und noch mehr Kapläne.
Es ergibt sich eine
erstaunliche Statistik: In einem Land mit 900000 Einwohnern gab es 3000
Kleriker; und dabei wurden von fünf unehelichen Kindern zwei dem Klerus
geboren. Das Bild des Priesters als »drunken Sir John Latinless« (betrunkener
Herr Hans von Lateinlos) war sehr zutreffend.
Der notorischste von allen
Klerikern war Kardinal David Beaton. Er war Kanzler von Schottland und von 1538
an Erzbischof von St. Andrews und schottischer Primas. Er war Witwer, und jeder
wußte, er hatte nie »das Talent, das Gott ihm gegeben hatte«, verloren.
Bei Beatons Thronbesteigung im
Spätsommer 1539 hielt Erzbischof Hay eine tapfere Ansprache, den Panegyricus :
Ich
frage mich oft, was die Bischöfe sich gedacht haben, als sie solche Männer zum
Umgang mit dem heiligen Leib des Herrn zuließen, wenn sie kaum das Alphabet
konnten. An jenen himmlischen Tisch kommen Priester, die noch nicht die
Ausschweifung von gestern ausgeschlafen haben.... Ich will nicht von dem
zügellosen Leben derer sprechen, die Keuschheit vorgeben und neue Arten der
Fleischeslust erfunden haben, die ich lieber unbekannt lasse, als daß sie durch
mich bekannt würden.
Als Seine Eminenz dies hörte,
muß er sich erinnert haben, daß sieben Jahre zuvor drei seiner Kinder anerkannt
worden waren: David, Elizabeth und Margaret. Er plante schon, von seinem König,
James V., weitere Kinder von sich anerkennen zu lassen, darunter James,
Alexander und John. Sie wurden alle in den offiziellen Listen als »Bankerte des
Erzbischofs von St. Andrews« geführt. Die Historiker sind nicht sicher, wie
viele solcher Bankerte er hatte; es waren möglicherweise elf Söhne und vier
Töchter.
Der Reformator John Knox nannte
ihn den »fleischlichen Kardinal« (»carnal Cardinal«) und sprach von »des
Kardinals gnadenloser Eminenz« (»graceless Grace»). Dieser Prälat mit seiner
erstaunlichen Kinderschar verheiratete 1546 eine seiner Töchter mit großem Pomp
mit dem Earl of Crawford; in der Trauung sprach er sie mit »meine Tochter« an.
Derselbe Mann war bereit, einen Ketzer zu verbrennen, weil er in der Fastenzeit
ein Ei gegessen hatte.
Es ist kein Wunder, daß der
Calvinismus in Schottland als ein Hauch frischer Luft begrüßt wurde. Die
Schotten hatten genug von »pestilenten Papisten und Messekrämern«,
»ehebrecherischen Hurenböcken« und »frechen Ausrasierten«. Wenn ein
calvinistischer Pfarrer wegen Ehebruchs gefeuert wurde, dann blieb er gefeuert.
Auf dem europäischen Festland
Jenseits des Meeres, in
Frankreich, hatten es die Bischöfe schwer genug, ihren
Klerus dazu zu bringen, Meßgewänder am Altar zu tragen; es war kaum
wahrscheinlich, daß er sich im Bett an die Vorschriften hielt. Gerson, ein
Mystiker und Kanzler der Pariser Universität, empfahl dem Klerus das Konkubinat
als das geringere von zwei Übeln. Es war der Rat eines Verzweifelten im
Angesicht der Aussichtslosigkeit.
Jenseits der Grenze, in
Belgien, lebte Bischof Heinrich von Liège. Der Mann war zu Lebzeiten und
darüber hinaus Legende. Er wurde schließlich 1274 von Gregor X. beim Konzil von
Lyon »wegen Defloration von Jungfrauen und anderen mächtigen Taten« abgesetzt.
Er hatte fünfundsechzig Kinder von vielen
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