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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Oder besser: warum nicht? Hast du keine Lust auf mich? Hältst du mich irgendwie für schmutzig wegen der Dinge, die ich früher getan habe?«
    Katharines Stimme war kühl und ruhig, enthielt aber eine schroffe, schmerzliche Nuance.
    »Dauerhaft verunreinigt?«, fragte Katharine aggressiv. »Auf ewig unrein? Als hätte ich die Lepra?«
    Bildete Lauri es sich nur ein, oder schimmerte da etwas in Katharines Augenwinkel? Sie ... weinte doch nicht etwa? Die beinharte Katharine Henshaw ... weinte? Noch dazu in Gegenwart einer anderen Person? Die, wie Lauri fand, bisweilen fast schreckliche, rohe und grobe Kraft ausstrahlende Katharine Henshaw wirkte plötzlich so verletzlich wie ein junges Mädchen.
    Lauri trat neben sie. Er fasste Katharine leicht bei den Schultern und sah ihr direkt in die Augen.
    »Nein, liebe Freundin«, versicherte er. »Nichts dergleichen.«
    »Sondern?«, fragte Katharine erstickt.
    »Na, weil es so klar ist, dass du selbst eigentlich keine Lust auf mich hast.«
    Katharine sah Lauri forschend an und versuchte zu ergründen, ob er die Wahrheit sprach. Schließlich nickte sie andeutungsweise und setzte sich auf die Sessellehne.
    »Kann sein, dass es noch ziemlich lange dauert, bis ich wieder auf irgendjemanden Lust habe«, sagte Katharine leise. »Entschuldige. Ich kann es nicht ändern. Jedenfalls noch nicht. Aber ... das muss kein Hinderungsgrund sein. Du könntest dir vorstellen, es sei einfach ein kleines Geschenk. Von mir für dich.«
    Lauri schüttelte den Kopf.
    »Ehrlich gesagt, ich finde, das wäre ein verdammt schlechter Deal. Für uns beide.«
    »Wie meinst du das?«, wunderte sich Katharine.
    »Wie du immer sagst, haben wir beide unsere eigenen Dämonen. Und ich glaube, du könntest an mir sogar ein wenig Freude haben, wenn es darum geht, deine Dämonen zu besiegen. Vielleicht nicht sehr viel. Aber vielleicht ein bisschen. Das ist mir wichtig. Viel wichtiger, als du dir vorstellen kannst. Und ich glaube, dass die Dinge sich ändern würden, wenn ... Na ja, deshalb bin ich jetzt von dem Gedanken nicht sonderlich begeistert. Bevor du selbst dich zu mir hingezogen fühlst.«
    Katharine seufzte.
    »Du machst alles ziemlich schwierig«, sagte sie. »Unverhältnismäßig kompliziert.«
    »Das kann durchaus wahr sein«, gab Lauri zu.
    »Wenn du nur nicht auf mich wartest! Das würde ich sogar als bedrückend empfinden. So etwas hast du doch wohl nicht vor?«
    Lauri schaute aus dem Fenster.
    »Verstehst du, was ich meine?«, fragte Katharine eindringlich.
    »Ja, ich verstehe es. Wahrscheinlich sogar ganz gut. Darin liegt ja gerade das Problem.«

11
    Am Donnerstagmorgen um neun bekamen Katharine und Lauri einen Anruf von der Hotelrezeption. In der Bar des Foyers wurden sie von drei Personen erwartet, einem Mann und zwei Frauen.
    Die ältere der Frauen trug ein auffälliges und, wie Katharine fand, geradezu luxuriöses Gewand, das in interessanter Weise altägyptische und modernere arabische Einflüsse miteinander verband. Sie war hochgewachsen, fast so groß wie Katharine. Viele hätten in ihr vielleicht keine wirkliche Schönheit gesehen, aber ihr Lächeln war so strahlend, dass es alles andere in den Schatten stellte. Jetzt weiß ich wieder, was das Wort Charisma eigentlich bedeutet, dachte Katharine. Sie stellte fest, dass sie die Frau instinktiv gern hatte, noch ehe sie überhaupt etwas gesagt hatte. Zugleich spürte sie jedoch auch einen unangenehmen Stich von Neid, der tief in ihrem Inneren wie eine Schlange den Kopf erhob. Katharine verdrängte das Gefühl, der Neid erschien ihr plötzlich sehr ungerecht und der Situation unangemessen.
    »Razia al-Qasreen«, sagte die Frau und reichte Katharine die Hand.
    Ihr Begleiter stellte sich als Reino Keskitalo vor. Keskitalo war mittelgroß, hatte einen leichten Bauchansatz und trug einen Bart. Der Bart war schon ziemlich ergraut, aber sein schwarzes Haar war immer noch dicht. Sein linkes Augenlid war vor langer Zeit bei einem Unfall verletzt worden und hing halb über das Auge herab.
    Vor Keskitalo auf dem Tisch standen zwei Gläser, von denen das eine, abgesehen von einer Zitronenscheibe am Grund, leer war. Das andere war zur Hälfte mit einer grauen Flüssigkeit gefüllt und enthielt auch eine Zitronenscheibe. Gin Tonic?, überlegte Katharine. Zwei Gin Tonic, so früh am Morgen? In zwanzig Minuten?
    Das dritte Mitglied des Empfangskomitees, eine Frau, deutlich kleiner als Razia, hatte blonde Haare, die zu einem buschigen Pferdeschwanz gebunden

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