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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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lag im Schatten sicherlich bei etwa dreißig Grad Celsius. Aber die Luftfeuchtigkeit war so gering, dass die Hitze nicht erstickend wirkte. Die Luft war dunstig und roch nach Rauch.
    Die Fahrt mit dem Taxi durch die Vorstädte von Kairo, die sich in alle Richtungen ausbreiteten, erschien ihnen endlos. Sie passierten gewaltige Reihen von Betonkolossen im Nasser-Stil. Kürzlich hatte die Einwohnerzahl von Kairo die Grenze von zwanzig Millionen überschritten.
    Schmutzige Dunstwolken schwebten in geringer Höhe über den Häusern, sodass die Sicht zeitweilig nur ein paar Hundert Meter betrug. In der Nähe des Zentrums stauten sich die Massen von Autos und Motorrädern zu einem Gedränge, das kaum von der Stelle kam. Der Taxifahrer drückte auf die Hupe in der Hoffnung, die vor ihm fahrenden Autos damit zu einer schnelleren Gangart zu bewegen. Leider dachten auch viele andere so, und so mischten sich die Huptöne zu einer in den Ohren schmerzenden Kakophonie. Im Taxi wurde es immer heißer, und Katharine spürte, wie ihre Kleider auf dem mit Kunststoff bezogenen Sitz allmählich nass wurden. Die rauchige Luft brannte ihr schon in den Lungen.
    Hier und dort stoben von Dächern und Straßen große Schwärme von Tauben und afrikanischen Krähen mit weißer Brust auf. Die Vielfalt der Gerüche und Düfte, die durch die offenen Fenster des Taxis hereingeflutet kamen, war erstaunlich. Der Geruch von Tieren, Kloaken und Abfällen, die neben den Basaren verfaulten. Die feineren Düfte von Räucherwerk und Gewürzen. Die bittere Nuance von Rauch und Dieselöl. Frisches Holz und Kameldung.
    »Morgen früh hätten wir Zeit, die Pyramiden von Gizeh zu besuchen«, sagte Katharine hoffnungsvoll. »Wir werden ja erst übermorgen abgeholt.«
    »Wieso erst dann?«, fragte Lauri verwundert. »Ich hätte angenommen, dass sie uns möglichst bald auf der Baustelle sehen wollen.«
    Katharine errötete leicht.
    »Hmm ... Vielleicht war das ja meine Idee. Im Grunde haben sie das sehr gut verstanden.«
    Katharine nahm einen ägyptischen Reiseführer aus ihrer Tasche und begann darin zu lesen. Lauri betrachtete zerstreut die vorbeihuschenden Wipfel der Palmen. Die grünen Zweige der jungen Bäume ragten in zarten Fächern auf wie Rasierpinsel. Sie waren von einer dicken Staubschicht bedeckt. In Kairo hatte es offensichtlich lange nicht geregnet. Von den älteren Palmen hingen die kugelförmigen Nester der Webervögel herab, die sie aus Grashalmen und verschiedenen Plastikabfällen kunstvoll gebaut hatten.
    »Wusstest du, dass die Verwendung von Aspirin zu medizinischen Zwecken schon vor Tausenden von Jahren in Ägypten erfunden wurde?«, informierte Katharine Lauri. »Ebenso die Antibiotika und das Bauen von Schiffen aus Planken, damit wurde hier vor fünftausend Jahren begonnen. Möglicherweise wurden hier sogar die Lautschrift und die Buchstaben erfunden, obwohl das schon etwas unsicherer ist.«
    Der von Palmen gesäumte Boulevard blieb hinter ihnen zurück. Sie kamen in ein Gebiet mit großen, relativ neuen, modern und sauber wirkenden Eigenheimen.
    »Hier heißt es, dass auch der heutige Suezkanal nicht der erste seiner Art ist«, fuhr Katharine fort. »Auch die Perser haben schon einen gebaut, als Ägypten ein Teil ihres großen Imperiums war.«
    Lauri fiel auf, dass jedes Haus entweder von einer Steinmauer oder von Metallgittern umgeben war. Goldene Käfige, dachte er. Wenn du eine Festung gebaut hast, um die böse Welt fernzuhalten, hast du dich zugleich darin eingesperrt. Warum lernt der Mensch nichts aus der Geschichte?
    »Wusstest du übrigens, dass die berühmte Geschichte von den arabischen Eroberern, die die große Bibliothek von Alexandria verbrannten, gar nicht wahr ist?«, fragte Katharine. »Dass das nur eine viele Jahrhunderte später für die Zwecke der Kreuzfahrer erfundene Propagandageschichte ist?«
    »Also die, wo der Scheich – wie hieß er doch gleich – meint, dass, wenn der Inhalt dieser Bücher im Koran erwähnt ist, wir ihn schon kennen, und wenn er nicht im Koran steht, dann könnte er uns nicht weniger interessieren?«, überlegte Lauri.
    Auf den Mauerkronen lagen hohe Stacheldrahtrollen und halb in den Mörtel eingelassene große, scharfe Glasstücke.
    »Ja, genau die! Hier heißt es, dass die große Bibliothek von Alexandria schon vorher mehrere Male gebrannt hatte.«
    »Kunststück, hier mit dem Buch in der Hand die Kluge zu spielen«, schmollte Lauri.
    Sie bogen wieder in eine kleine Gasse ein, und das Taxi

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