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Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Gottes kleiner Finger - [Thriller]

Titel: Gottes kleiner Finger - [Thriller] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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hielt. Anscheinend war die Straße wieder verstopft, denn Autos, Motorräder und Eselskarren standen vor ihnen in der glühenden Sonne auf der Stelle. Lauri ließ das Fenster herunter und lehnte sich hinaus, um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen, aber er sah nur den dichten Stau, der sich bis hinter die nächste Straßenecke hinzog.
    Katharines Geschichtsvorlesung ging weiter.
    »Wusstest du, dass viele Kreuzzüge nach Ägypten unternommen wurden und nicht nach Palästina?«
    »Eigentlich weiß ich das«, versicherte Lauri. »Obwohl aus irgendeinem Grund gerade über diese Kreuzzüge kein einziger Hollywood-Film gedreht worden ist.«
    Als die europäischen Königreiche ihre Kreuzzüge ins Heilige Land unternahmen, führten sie, wie es in westlichen Filmen und Romanen oft behauptet wird, in Wirklichkeit nicht Krieg gegen die gesamte islamische Welt. Die Reiche der Kreuzfahrer wurden häufig als kleine, tapfere Inseln beschrieben, die sich heldenhaft gegen das Meer der Muslime behaupteten, so wie das kleine gallische Dorf der Asterix-Comics.
    In Wirklichkeit richteten sich die ersten Kreuzzüge gegen das Reich der Seldschuken, das damals die östlichen Teile Anatoliens, Syrien und Palästina umfasste. Als ein Teil von Palästina unter die Herrschaft der Mamelucken geraten war, richteten sich die Kreuzzüge gegen Ägypten.
    Die Kreuzzüge nach Ägypten waren aus der Sicht der Europäer nicht besonders erfolgreich. Zum Beispiel hatten der fünfte und der siebte Kreuzzug auf genau dieselbe Weise geendet. Beide Male hatte die Armee der Kreuzfahrer, die den Nil entlang Richtung Kairo gezogen war, sich schließlich den Ägyptern ergeben. Beim zweiten Mal geriet auch der französische König Ludwig der Heilige, der Gründer der Inquisition, in Gefangenschaft, und Frankreich musste für ihn hohes Lösegeld an die Mamelucken zahlen.
    Der Stau löste sich allmählich auf, und die Fahrzeuge ruckelten qualvoll langsam voran und mussten zwischendurch immer wieder anhalten. Lauri entnahm seinem Flugkoffer eine leporelloartig gefaltete Karte von Kairo. Er breitete sie aus und versuchte herauszufinden, wo ungefähr sie sich befanden.
    Das Taxi bog in die Sharia At-Tahrir-Straße ein, und Lauri konnte sich auf der Karte orientieren. Einen Augenblick später fuhren sie auf der Kubri At-Tahrir-Brücke über den Nil auf die Insel Gezira. Das Wasser des Nils war trüb und braungrün. Es erinnerte Lauri an seine Kindheit in der finnischen Stadt Turku und an die etwa gleichfarbige Brühe, die den Aura-Fluss hinuntergeflossen war.
    Auf der Brücke und an den Ufern des Flusses standen Leute und angelten. Lauri fragte sich, was für Fische sie zu fangen hofften. Und dann fuhr das Taxi auch schon beim Sheraton vor.
    »Schrader hat nur ein einziges Zimmer für uns reservieren lassen«, teilte Lauri Katharine in der Empfangshalle mit. »Wahrscheinlich hat sie angenommen, dass wir ein Paar sind.«
    »Hättest du gern ein eigenes Zimmer gehabt?«
    »Für mich ist es ganz okay, mit dir in demselben Zimmer zu wohnen. Aber wenn du zwischendurch allein sein möchtest, dann ...«
    Katharine schüttelte ungeduldig den Kopf.
    »Ach, hör doch auf. Wir werden einander ja wohl noch eine Nacht ertragen, zumal du dich gerade für fast zwei Wochen bei mir eingenistet hattest. Und ich hab wirklich nicht die Absicht loszugehen, um in der Kairoer Nacht fremde Männer anzubaggern. Davon hab ich wahrlich genug. Das kannst du mir glauben.«
    Der Hotelpage trug ihnen die Koffer hinterher und schaltete die Klimaanlage ein. Als er gegangen war, zog Katharine sich aus und nahm eine kalte Dusche. Als sie, in ein großes weißes Handtuch gewickelt, aus dem Badezimmer kam, sah sie, wie Lauri ihre langen, gebräunten Beine und Schenkel mit dem Blick streifte.
    »Ich sollte dich wahrscheinlich eine Sache ganz geradeheraus fragen«, sagte Katharine nachdenklich.
    »Nur zu«, forderte Lauri sie auf.
    »Hast du Lust auf mich?«, fragte Katharine.
    Nur eine kleine Bewegung, und das Handtuch würde zu Boden fallen und sie vor Lauri nackt dastehen.
    »Falls du mir gegenüber solche Empfindungen haben solltest, dann wäre das für mich völlig okay«, fuhr Katharine fort. »Wenn du meine Vergangenheit und alles, was geschehen ist, berücksichtigst, so wäre das wirklich keine große Sache.«
    Lauri trat zur Minibar und nahm sich ein Bier heraus.
    »Danke«, sagte Lauri. »Aber nein, danke.«
    Katharines Stirn legte sich in Falten.
    »Na gut. Okay. Aber ... warum?

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