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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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sprachen Homer und Candy auf der Fahrt nicht viel.
    Je weiter sie auf ihrer Reise ins nördliche Hinterland kamen, desto weniger Blätter waren noch an den Bäumen; es gab etwas Schnee in Skowhegan, wo die Erde dem Gesicht eines alten Mannes glich, der eine Rasur nötig hat. Es gab mehr Schnee in Blanchard und in East Moxie und in Moxie Gore, und in Ten Thousand Acre Tract mußten sie eine Stunde warten, weil ein Baum über die Straße gestürzt war. Schneewehen waren über den Baum hinweggegangen, dessen zerschmetterte Silhouette einem gestrauchelten Dinosaurier glich. In Moose River und in Misery Gore und sogar in Tomhegan war der Schnee liegengeblieben. Die Verwehungen entlang der Straße waren so scharf geschoren vom Schneepflug – und sie standen so hoch –, daß Candy und Homer das Vorhandensein eines Hauses nur am Rauch aus dem Schornstein erkennen konnten oder an den schmalen, durch die Verwehungen gehackten Pfade, die hie und da befleckt waren von der markierenden Pisse der Hunde.
    Olive und Ray und Meany Hyde hatten ihnen Extrabenzingutscheine geschenkt. Sie hatten beschlossen, das Auto zu nehmen, weil sie dachten, daß sie dann St. Cloud’s – wenn auch nur für kurze Ausfahrten – entfliehen könnten, doch bis sie in Black Rapids angekommen waren und Homer die Schneeketten an die Hinterreifen montiert hatte, erkannten sie, daß die winterlichen Straßen (wobei dies erst der Anfang des Winters war) das Fahren weitgehend verunmöglichen würden.
    Hätten sie Dr. Larch gefragt, er hätte ihnen die Mühe ersparen können, das Auto mitzubringen. Er hätte gesagt, daß niemand zu dem Zweck nach St. Cloud’s kommt, um von dort aus kleine Ausflüge zu machen; er hätte spaßeshalber vorgeschlagen, sie könnten doch immer den Zug nehmen nach Three Mile Falls.
    Bei den schlechten Straßen und den schwierigen Sichtverhältnissen und dem Schnee, der hinter Ellenville zu fallen begonnen hatte, war es bereits dunkel, als sie St. Cloud’s erreichten. Die Scheinwerfer des weißen Cadillac, der den Hügel hinter der Mädchenabteilung hinaufkletterte, beleuchteten zwei Frauen, die den Hügel zum Bahnhof hinunterschritten – ihre Gesichter vom Licht abgewandt. Ihr Gang wirkte unsicher; eine von ihnen hatte keinen Schal; die andere hatte keinen Hut; der Schnee funkelte im Scheinwerferlicht, als ob die Frauen Diamanten in die Luft geworfen hätten.
    Homer Wells hielt den Wagen an und kurbelte das Fenster herunter. »Kann ich Sie mitnehmen?« fragte er die Frauen.
    »Sie fahren in die verkehrte Richtung«, sagte die eine.
    »Ich könnte umkehren!« rief er ihnen zu. Als sie davongingen, ohne ihm zu antworten, fuhr er weiter zur Spitalpforte der Knabenabteilung und schaltete die Scheinwerfer aus. Vor den Lichtern der Apotheke fiel der Schnee genauso wie in jener Nacht, als Homer nach seiner Flucht vor den Drapers in Waterville in St. Cloud’s anlangte.
    Es hatte ein kleines Hickhack zwischen Larch und seinen Krankenschwestern gegeben um die Frage, wo Homer und Candy schlafen sollten. Larch ging davon aus, daß Candy in der Mädchenabteilung schlafen sollte und Homer dort, wo er immer geschlafen hatte, nämlich bei den anderen Jungen, aber die Frauen reagierten ungehalten auf diesen Vorschlag.
    »Sie sind ein Liebespaar!« betonte Schwester Edna. »Sicherlich schlafen sie zusammen!«
    »Nun, sicherlich haben sie das schon mal getan«, sagte Larch. »Das bedeutet nicht, daß sie hier zusammen schlafen müssen.«
    »Homer sagte, er würde sie heiraten«, betonte Schwester Edna.
    »Würde«, brummelte Wilbur Larch.
    »Ich finde, es wäre nett, jemanden hier zu haben, der mit jemand zusammen schläft«, sagte Schwester Angela.
    »Mir scheint«, sagte Wilbur Larch, »daß wir im Geschäft sind, weil überhaupt zu viele zusammen schlafen.«
    »Sie sind ein Liebespaar«, wiederholte Schwester Edna entrüstet.
    Und so hatten die Frauen beschlossen, Candy und Homer sollten zusammen ein Zimmer mit zwei Betten im Parterre der Mädchenabteilung haben; wie sie die Betten stellten, war ihre Sache.
    Mrs. Grogan sagte, daß sie sehr von dem Gedanken angetan sei, einen Mann in der Mädchenabteilung zu haben; manchmal klagten die Mädchen über einen Spanner; einen Mann des Nachts in der Nähe zu haben, das war eine gute Idee.
    »Außerdem«, sagte Mrs. Grogan, »bin ich ganz allein dort drüben – ihr drei habt einander.«
    »Wir alle schlafen allein, hier drüben«, sagte Dr. Larch.
    »Na, Wilbur«, sagte Schwester Edna, »seien Sie

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