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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Homer und Candy Verbündete in einem gewissen Schmerz geworden waren, war merklich gefärbt durch ihren Verdacht, daß Candy und Homer auch Verbündete in einer gewissen Lust geworden waren. Zumindest hatte Debra keineswegs großzügig auf Homers Vorschlag reagiert, sie sollten einfach Freunde bleiben. Homer war verwirrt durch Debras Feindseligkeit und vermutete, daß seine Jahre im Waisenhaus ihn hinderten, eine vernünftige Erklärung für ihr Verhalten zu finden. Es schien Homer, als habe Debra ihm immer den Zutritt zu allem anderen als ihrer Freundschaft verweigert. Warum war sie ihm jetzt böse, daß er nicht mehr verlangt hatte?
    Meany Hyde verkündete Homer und Everett Taft, dies werde der erste und letzte Preßgang der Ernte sein, weil er zu Hause bleiben wolle bei Florence – »Jetzt, wo ihre Zeit nah ist«, sagte Meany.
    Wenn Mr. Rose Cider preßte, war ein ganz anderes Gefühl in der moderigen Luft. Zum einen ging alles schneller; das Pressen war eine Art Wettlauf. Zum anderen war da eine Spannung, geschaffen durch Mr. Roses Autorität – und das Wissen um die erschöpften Männer, die im angrenzenden Raum schliefen oder zu schlafen versuchten, ließ sie die Arbeit am Quetschwerk und an der Presse mit einem Gespür für Eile (und Perfektion) vollbringen, wie man es nur am Rande der Erschöpfung hat.
    Debra Pettigrews künftige Fülligkeit wurde immer sichtbarer, je nasser sie wurde; da war die gleiche Neigung in ihren Schultern wie bei ihrer Schwester, und sogar die Schlaffheit in der Unterseite von Debras Armen, die eines Tages dem wuchtigen Wabbeln weichen würde, das Big Dot durchbebte. In schwesterlicher gegenseitiger Nachahmung wischten sie sich mit ihren Bizepsen den Schweiß von den Augen – da sie ihre Gesichter nicht mit ihren cidersüßen und klebrigen Händen berühren wollten.
    Nach Mitternacht brachte Olive ihnen kaltes Bier und heißen Kaffee.
    Als sie gegangen war, sagte Meany Hyde: »Diese Missus Worthington ist eine aufmerksame Frau – da bringt sie uns nicht nur etwas, sondern läßt uns sogar die Wahl.«
    »Und sogar jetzt, wo Wally fort ist«, sagte Everett Taft. »Es ist ein Wunder, daß sie überhaupt an uns gedacht hat.«
    Was immer jemand mir bringen mag, was immer da kommen mag, dachte Homer Wells, ich werde ihm nicht aus dem Weg gehen. Endlich sollte das Leben ihm zustoßen – die Reise nach St. Cloud’s, die er vorgeschlagen hatte, würde ihn sogar erlösen von St. Cloud’s. Er würde ein Baby haben (wenn nicht sogar eine Frau); er würde eine Arbeit brauchen.
    Natürlich werde ich die jungen Bäumchen mitnehmen und sie einpflanzen, dachte er – als entsprächen Apfelbäume St. Cloud’s, als entsprächen Apfelbäume dem, was Wilbur Larch von ihm verlangte.
    Gegen Ende der Ernte wurde das Licht grauer, und die Obstgärten waren tagsüber dunkler, auch wenn mehr Licht durch die leeren Bäume drang. Die Unerfahrenheit der Pflückermannschaft zeigte sich in den verschrumpelten Äpfeln, die immer noch an den schwer zu erreichenden Zweigen hingen. In St. Cloud’s war die Erde nun schon gefroren. Homer würde eine Extrafahrt machen müssen wegen der jungen Bäumchen. Er würde sie im Frühling pflanzen; es würde ein Frühlingsbaby sein.
    Homer und Candy arbeiteten jetzt nur Nachtschichten im Spital von Cape Kenneth. Die Tage, an denen Ray die Torpedos baute, waren die Tage, die Homer mit Candy verbringen konnte – in ihrem Zimmer über dem Hummerbassin.
    Sie verspürten eine neue Freiheit in der Liebe, jetzt, da Candy bereits schwanger war.
    Auch wenn sie es ihm nicht – noch nicht – sagen konnte, liebte Candy das Liebemachen mit Homer Wells; sie hatte viel mehr Spaß dabei als je mit Wally. Aber sie konnte es nicht über sich bringen, laut auszusprechen, daß irgend etwas besser sei als mit Wally; auch wenn das Liebemachen besser war mit Homer, bezweifelte sie, daß dies Wallys Schuld war. Sie und Wally hatten nie Zeit gehabt, sich wirklich frei zu fühlen.
    »Ich komme mit dem Mädchen«, schrieb Homer an Dr. Larch. »Sie wird mein Baby bekommen – weder eine Abtreibung noch eine Waise.«
    »Ein erwünschtes Kind!« sagte Schwester Angela. »Wir werden ein erwünschtes Kind bekommen!«
    »Wenn nicht ein geplantes«, sagte Wilbur Larch, der aus dem Fenster von Schwester Angelas Büro starrte, als habe sich der Hügel, der draußen vor dem Fenster aufragte, gegen ihn persönlich erhoben. »Und ich vermute, er wird die verdammten Bäumchen pflanzen«, sagte Dr. Larch.

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