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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Natürlich war der Empfang dort oben miserabel, was womöglich die McCarthy-Hearings verbesserte, die Wilbur Larchs erste längere Erfahrung mit dem Fernsehen waren.
    »Gott sei Dank kam es nicht klar durch«, schrieb er an Homer.
    Schwester Caroline hatte das ganze Jahr über schlechte Laune gehabt. Wenn die us-Armee tatsächlich »Kommunisten hätschelte«, wie Senator McCarthy behauptete, dann wollte Schwester Caroline in Erwägung ziehen, sich demnächst freiwillig zu melden.
    Wilbur Larch, der sich anstrengte, Senator McCarthy durch das Schneetreiben und die Zickzacklinien auf dem Bildschirm zu erkennen, sagte: »Er sieht mir aus wie ein Trinker. Ich möchte wetten, er wird jung sterben.«
    »Nicht jung genug für mich«, sagte Schwester Caroline.
    Schließlich verschenkten sie den Fernseher. Schwester Edna und Mrs. Grogan wurden süchtig danach, und Larch kam auf die Idee, daß es für die Waisen schlimmer sei als organisierte Religion. »Es ist besser als Äther, Wilbur«, klagte Schwester Edna, aber Larch blieb fest. Er schenkte das Ding dem Bahnhofsvorsteher, der (nach Larchs Meinung) für diese Erfindung der geeignete Schwachkopf war; es war genau das richtige, um die Gedanken eines Menschen zu beschäftigen, der den ganzen Tag auf Züge wartete. Wilbur Larch bezeichnete als erster in Maine das Fernsehen als das, was es war: »eine Idiotenkiste«. Natürlich schien Maine – und insbesondere St. Cloud’s – alles langsamer zu kapieren als der Rest des Landes.
    Aber Wally guckte begeistert, und Angel mit ihm, wann immer Candy und Homer nichts dagegen einzuwenden hatten. Wally behauptete zum Beispiel, daß Fernsehereignisse wie die McCarthy-Hearings für Angel von pädagogischem Nutzen wären. »Er sollte wissen«, sagte Wally, »daß das Land immer bedroht ist durch Irre vom rechten Flügel.«
    Obwohl Senator McCarthy infolge der Hearings die Unterstützung von Millionen Menschen verlor – und obwohl der Senat ihn für sein »geringschätziges« Betragen gegenüber einem Subkomitee verurteilte, das seine Finanzen überprüft hatte, sowie für seine Beschimpfung eines Komitees, das für einen Mißtrauensantrag gegen ihn plädiert hatte –, war der Treuhänderausschuß von St. Cloud’s von Senator McCarthy vorteilhaft beeindruckt. Vor allem Mrs. Goodhall und Dr. Gingrich fühlten sich ermutigt, Klage zu führen über Schwester Carolines sozialistische Ansichten und Neigungen, die, wie sie fanden, dem Waisenhaus einen Anflug von Rosa gaben.
    Schwester Carolines Ankunft hatte dem Ausschuß ein wenig Wind aus den Segeln genommen. Wenn Mrs. Goodhall anfangs erleichtert vernahm, daß jemand »Neues« in St. Cloud’s eingekehrt war, so entdeckte sie nachträglich irritiert, daß Schwester Caroline eine gute Meinung von Dr. Larch hatte. Dies veranlaßte Mrs. Goodhall zu einer Überprüfung Schwester Carolines, deren Schwesternzeugnisse tadellos waren, deren politische Aktivitäten aber Mrs. Goodhall einen Hoffnungsschimmer schenkten.
    Viele Male hatte Mrs. Goodhall dem Ausschuß ihre These vorgetragen, daß Dr. Larch nicht nur in den Neunzigern, sondern daß er auch ein nicht-praktizierender, verkappter Homosexueller sei. Nun warnte sie den Ausschuß, weil Dr. Larch eine junge Rote angeheuert habe.
    »Sie sind alle so alt, sie werden nur allzu leicht Opfer einer Gehirnwäsche«, sagte Mrs. Goodhall.
    Dr. Gingrich, der von Mrs. Goodhalls Gedankensprüngen zunehmend fasziniert war, wunderte sich immer noch über die verwirrende Vorstellung von einem nicht-praktizierenden Homosexuellen; es war, wie ihm schien, eine brillante Anschuldigung gegen jemanden, der leicht (oder erheblich) anders war. Es war das beste Gerücht, das man über einen Menschen in Umlauf setzen konnte, weil es niemals bewiesen oder widerlegt werden konnte. Dr. Gingrich wünschte sich, er wäre – nur als Provokation – auf die Idee einer solchen Anschuldigung gekommen, solange er noch als Psychiater praktizierte.
    Und jetzt war Dr. Larch nicht nur alt und homosexuell und nicht-praktizierend – er war auch in Gefahr, von einer jungen Roten eine Gehirnwäsche verpaßt zu bekommen.
    Dr. Gingrich brannte darauf, Dr. Larchs Reaktion auf die Anschuldigung zu erfahren, er sei ein nicht-praktizierender Homosexueller, weil Dr. Larch so entschieden über Schwester Carolines politische Einstellung redete.
    »Sie ist Sozialistin, nicht Kommunistin!« protestierte Dr. Larch gegenüber dem Ausschuß.
    »Kommt aufs gleiche heraus«, wie man in Maine über

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