Gottes Werk und Teufels Beitrag
lachte ebenfalls.
»Wie hast du’s also geschafft?« fragte Angel seinen Vater nach einer Weile.
»Ich wartete, bis ich dachte, daß alle schliefen, und dann versuchte ich das Bett ruhig zu halten«, sagte Homer. »Aber du hast keine Ahnung, wie lange es dauern kann, bis zwölf oder fünfzehn Jungen einschlafen!«
Sie lachten beide noch ein bißchen mehr.
»Da war noch ein anderer Kleiner, der alt genug war, etwas davon zu wissen«, vertraute Homer ihm an. »Ich glaube, er fing eben damit an, ein bißchen an sich rumzuspielen – ich glaube, das erste Mal, daß er’s tatsächlich machte, hatte er keine Ahnung, was da passieren würde. Und als er tatsächlich spritzte – als er ejakulierte, weißt du –, glaubte er, er hätte sich verletzt. In der Dunkelheit glaubte er wahrscheinlich, daß er blutete!«
Die Geschichte war der reinste Roman, aber Angel Wells gefiel sie; er lachte ziemlich frühreif, was seinen Vater ermunterte, fortzufahren.
»Na, er war so besorgt – er bat mich immer wieder, das Licht anzuknipsen, er sagte, etwas in ihm sei gebrochen«, sagte Homer.
»Gebrochen?« sagte Angel, und beide brüllten vor Lachen.
»Ja«, sagte Homer. »Und als ich das Licht anknipste und er sich betrachtete, da sagte er: ›O Gott, ich bin losgegangen‹ – als spräche er über ein Gewehr und als hätte er sich damit ins Bein geschossen!«
Darüber lachten Vater und Sohn wieder ein Weilchen.
Dann sagte Homer, ernster: »Natürlich versuchte ich, ihm alles zu erklären. Es war schwierig, ihm begreiflich zu machen, daß er nichts Unrechtes getan hatte – weil es ja ganz natürlich ist; es ist völlig gesund und normal, aber diese Dinge werden meistens irgendwie verzerrt dargestellt.«
Angel war jetzt still; vielleicht erkannte er den Grund für diese Geschichte.
»Aber stell dir nur vor, wie ich diesem Kleinen zu erklären versuchte – er war ein ganzes Stück jünger, als du jetzt bist –, daß es nur natürlich ist, wenn er erregt wird beim Gedanken an Mädchen und an Sex, lange bevor er die Gelegenheit haben würde, etwas mit Mädchen zu machen. Oder tatsächlich Sex zu haben«, fügte Homer hinzu. Er hatte wahrhaftig sein Anliegen breitgeklopft, und er machte eine Pause, um zu sehen, wie sein Sohn es aufnahm; Angel lag mit einem langen Grashalm im Mund auf dem Rücken und starrte auf den riesigen Stamm des ausladenden Baumes.
Sie schwiegen eine Weile, und dann sagte Homer: »Gibt es etwas, was du mich fragen möchtest – über irgend etwas?«
Angel ließ ein kurzes Lachen hören; dann machte er eine Pause. »Ja«, sagte Angel zu seinem Vater. »Ich frage mich, wieso du keine Freundin hast – wieso du nicht mal interessiert zu sein scheinst.«
Die Frage hatte Homer im Anschluß an seine Vögelund-Bienen-Einleitung nicht gerade erwartet, doch nach ein paar Sekunden wurde ihm klar, daß sie vorauszusehen gewesen wäre und daß eine vernünftige Antwort darauf Angel zweifellos mehr am Herzen lag als alle Wahrheiten über die Masturbation.
»Ich hatte eine Freundin, in St. Cloud’s«, sagte Homer. »Sie war irgendwie grob zu mir und manchmal ein Tyrann. Älter als ich, und damals war sie stärker als ich!« sagte er lachend.
»Ohne Witze«, sagte Angel. Er lachte nicht, er hatte sich auf seine Ellbogen herübergewälzt und beobachtete seinen Vater aufmerksam.
»Na, wir waren uns nicht sehr ähnlich«, sagte Homer. »Es war einer von diesen Fällen, wo man Sex hat, bevor eine Freundschaft da ist, oder wo eigentlich keine Freundschaft da ist – und nach einer kurzen Zeit war dann auch kein Sex mehr da. Jetzt bin ich mir nicht so sicher, was das für eine Beziehung war.«
»Es war irgendwie ein schlechter Start, willst du sagen?« fragte Angel.
»Richtig«, sagte sein Vater.
»Also, was passierte danach?« fragte Angel.
»Ich bin Wally und Candy begegnet«, sagte Homer vorsichtig. »Ich schätze, ich hätte Candy geheiratet – wenn sie nicht Wally geheiratet hätte. Sie war beinah meine Freundin, ungefähr fünf Minuten lang. Als Wally im Krieg war, als wir nicht wußten, ob er noch am Leben ist«, sagte Homer rasch. »Ich bin Wally und Candy immer so nah gewesen, und dann – nachdem ich dich hatte – fing ich an zu glauben, ich hätte schon alles, was ich mir wünschte.«
Angel Wells wälzte sich auf seinen Rücken und starrte den Stamm des Baumes hinauf. »Also, irgendwie hast du Candy immer noch gern?« fragte er. »Du interessierst dich für keine andere?«
»Irgendwie«, sagte Homer
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