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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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so manche Dinge sagt.
    »Als nächstes«, klagte Larch gegenüber seinen Schwestern, »werden sie uns auffordern, Sachen anzuprangern.«
    »Was sollten wir anprangern?« fragte Schwester Edna beunruhigt.
    »Machen wir eine Liste«, sagte Larch.
    »Die Abtreibungsgesetze«, sagte Schwester Angela.
    »Ganz oben auf der Liste!« pflichtete Larch bei.
    »Ach, du liebe Zeit!« sagte Schwester Edna.
    »Die Republikanische Partei«, sagte Wilbur Larch. »Und den Treuhänderausschuß«, fügte er hinzu.
    »Oh, du meine Güte«, sagte Schwester Edna.
    »Den Kapitalismus«, sagte Schwester Caroline.
    »Hier hat es niemals Kapital gegeben«, sagte Dr. Larch.
    »Insekten und Schorf«, sagte Schwester Edna. Alle starrten sie an. »Und Maden«, fügte Schwester Edna hinzu. »Derentwegen muß ich die Apfelbäume spritzen. Insekten und Schorf und Maden.«
    Infolgedessen grub Wilbur Larch aus einem Wandschrank die alte schwarze Ledertasche aus von damals an der Bostoner Entbindungsanstalt; er brachte die Tasche zu einem Flickschuster in Three Mile Falls, der auch Damenhandtaschen reparierte und goldene Initialen auf Sätteln anbrachte, und auf diese alte Tasche ließ er den Flickschuster in Gold F. S. eingravieren – für Fuzzy Stone.
    Im August 195–, nur ein paar Tage bevor die Pflückermannschaft auf Ocean View eintreffen sollte, schickte Wilbur Larch die Arzttasche an Homer Wells. Es war die Jahreszeit, da Melony jedes Jahr ihren Urlaub nahm.
    Die meisten der Werftarbeiter, sogar die Elektriker, nahmen ein paar Wochen im Sommer und ein paar Wochen um Weihnachten, doch Melony nahm einen ganzen Monat während der Erntezeit; sie fühlte sich gut – oder vielleicht wieder jung – beim Äpfelpflücken. Dieses Jahr hatte sie beschlossen, sich auf Ocean View anheuern zu lassen.
    Sie reiste nach wie vor per Anhalter, wohin und wann immer sie sich auf den Weg machte, und weil sie nur Männerkleider trug, sah sie immer noch aus wie eine Landstreicherin; niemand konnte ahnen, daß sie eine qualifizierte Werftelektrikerin war, mit genug Geld auf dem Sparkonto, um sich ein hübsches Haus und ein paar Autos zu kaufen.
    Als Melony im Apfelmarkt eintraf, sah Big Dot Taft sie als erste. Die dicke Dot und Florence Hyde stellten eben einige Schautische auf, obwohl sie außer Gravensteinern gar keine neuen Äpfel vorrätig hatten. Sie hatten hauptsächlich Säfte und Marmelade und Honig. Irene Titcomb feuerte die Backöfen ein. Wally war im Büro am Telephon und sah Melony nicht – und sie sah ihn nicht.
    Candy war in der Küche des Puppenhauses und sprach mit Bucky Bean, Olives vulgärem Bruder, über Immobilien. Bucky hatte aufgekauft, was von der Landzunge übrig war, die Ray Kendall im Hafen von Heart’s Haven besessen hatte. Bucky hatte dort ein sehr billiges und schäbiges Meeresfrüchtelokal aufgemacht – eines der ersten Autorestaurants von Maine, wo junge Mädchen, angezogen wie Jubelchormajoretten, einem ein in der Regel fritiertes, lauwarmes Essen bringen, das man in seinem Auto verzehrt. Das Essen wird ans Auto serviert, und zwar auf wackligen kleinen Tabletts, die an der Autotür eingehängt werden, nachdem das Fenster heruntergekurbelt wurde. Homer hätte Wilbur Larch gerne mal in so ein Lokal mitgenommen – nur um zu hören, was der alte Herr sagen würde. Larchs Kommentar, dessen war Homer sicher, wäre ähnlich ausgefallen wie der aufs Fernsehen und auf Senator McCarthy.
    Bucky Beans neue Idee war, jenen Teil des Obstgartens zu kaufen, der Cock Hill hieß, und ihn zu Ein-Acre-Parzellen als »Sommergrundstück« mit Blick auf den Ozean zu verkaufen.
    Candy war gerade dabei, das Angebot abzulehnen, als Melony im Apfelmarkt eintraf. Candy hielt die Ein-Acre-Parzellen für zu klein. Und außerdem würden die ahnungslosen neuen Besitzer bestimmt nicht damit rechnen, daß die auf die Äpfel verspritzten Chemikalien regelmäßig zu ihnen herüberschwebten und jeden Sommer auf ihre Grundstücke herabsanken. Gleichzeitig würden die Familien, die Grundstücke kauften und Häuser bauten, es zweifellos für ihr Recht halten, über Zäune zu klettern und so viele Äpfel zu pflücken, wie sie wollten.
    »Du bist genau wie Olive«, klagte Bucky Bean. »Du hast keine Phantasie hinsichtlich der Zukunft.«
    Das war der Moment, in dem Melony sich Big Dot Taft näherte, nicht nur weil Big Dot die Verantwortliche zu sein schien, sondern auch, weil große fette Frauen auf Melony wohltuend wirkten. Big Dot lächelte, als sie sah, wie stämmig

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