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Gottes Zorn (German Edition)

Gottes Zorn (German Edition)

Titel: Gottes Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olle Lönnaeus
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griff erneut nach dem Feuerhaken. «Ist doch klar, dass ich keine Beweise habe. Aber ich will nicht mit Ihnen sprechen. Verschwinden Sie jetzt, ansonsten ruf ich die Polizei.»
    Harald Bäck zögerte einen Augenblick. Kritzelte noch etwas in seinen Block und schaute dann mit einem fröhlichen Lächeln zu Joel hinauf.
    «Okay, Sie haben uns dennoch weitergeholfen. Komm, Lennart!»
    Er nickte und machte sich durch die Schneewehen hindurch auf den Rückweg. Der Fotograf schoss ein letztes Bild und beeilte sich dann, ihm zu folgen. An der Hausecke blieb Bäck stehen und drehte sich um.
    «Darf ich Ihnen einen Rat geben?», rief er.
    Joel zuckte mit den Achseln.
    «Sie müssen wissen, dass Sie im Augenblick unser Coup sind. Wir waren die Ersten, die Sie ausfindig gemacht haben. Nennen Sie es meinetwegen Glück oder Geschick. Aber es werden noch mehr kommen. Viel mehr. Wenn Sie keine Lust haben, mit Journalisten zu sprechen, sollten Sie Ihr Handy ausschalten und sich eine Weile von hier fernhalten. Adios Amigo!»
    Er winkte und verschwand aus Joels Blickfeld.
    Joel war über sich selbst erstaunt, während er einen Blick hinunter auf seine graublauen Zehen warf. Warum war er nur wie ein Idiot einfach draußen stehen geblieben? Warum hatte er sie nicht einfach aufgefordert, Leine zu ziehen, und ihnen die Tür vor der Nase zugeknallt?
    Er schloss sorgfältig hinter sich ab, stolperte auf steifgefrorenen Beinen durchs Zimmer und schob die Gardine vor dem Fenster auf der Rückseite des Hauses beiseite. Die Sonne stach ihm in die Augen. Die Landschaft war weiß, so weit das Auge reichte. Die beiden Figuren, die sich als schwarze Silhouetten im Gegenlicht abzeichneten, waren bereits an ihrem Wagen angekommen, der vor einem Schneewall parkte. Bäck hatte also nicht gelogen. Der Weg war tatsächlich von der Landstraße her bis kurz vor Joels Haus geräumt. Es würde nicht lange dauern, bis die anderen kämen.
    ***
    E s dauerte eine ganze Weile, bis Joel seinen Wagen aus der Schneewehe neben dem Holzschuppen freigeschaufelt, sich einen Weg um die Hausecke herum gebahnt und dann den Wall durchstoßen hatte, den Gunnar mit seinem Radlader aufgehäuft hatte. Als er endlich fertig war, war sein Hemd schweißnass. Der Motor gab ein müdes Hüsteln von sich, entzündete aber wider alle Erwartungen das Benzingasgemisch in den Zylindern. Dann hustete der Skoda ein paarmal auf, bis er losbrummte. Ohne irgendeinen Plan zu haben, außer dem Wunsch zu fliehen, schlingerte Joel im Schritttempo hinunter in Richtung Landstraße.
    Das Meer, dachte er. Immer wenn ich aufs Meer schaue, werde ich innerlich ruhig.
    Die Landschaft lag unbeweglich und vor Kälte erstarrt da. Dicht über dem Boden hingen lilagraue Eiswolken, die die umliegenden Höfe in gespenstische Schwaden hüllten. Schwarze Saatkrähen kauerten wie Notenzeichen auf den Stromleitungen über den Äckern. Am Straßenrand türmten sich die Schneewälle meterhoch auf.
    Joel fuhr in Richtung Süden, und als er die Meierei in Lunnarp erreichte, bog er nach Osten in Richtung Simrishamn ab. Er schaltete das Autoradio ein und zappte von einem Sender zum nächsten, bis er es schließlich wieder ausschaltete. Das einzige Fahrzeug, das ihm entgegenkam, war ein Räumfahrzeug, das, umgeben von einer Schneewolke, an ihm vorbeidonnerte.
    Der Fischereihafen lag verlassen und eingefroren da. Mehrere Boote lagen im Trockendock. Im Hafenbecken steckten große stählerne Schiffsrümpfe im Eis fest, deren Kräne und Seilwinden mit Frost überzogen waren. Joel parkte seinen Wagen am Kai und stieg aus. Nickte einem drahtigen Mann in Ölanzug zu, der kurz innehielt und ihn misstrauisch beäugte, bevor er in einem Lagerschuppen verschwand. An der Wand standen weiße Plastikkisten gestapelt. Es roch nach Fisch und Möwendreck. Obwohl es windstill war, stach ihm die Kälte in die Wangen. Joel schaute aufs offene Meer hinaus und spürte, wie sein Körper von Sehnsucht erfasst wurde.
    Früher hatte Joel immer davon geträumt, Fischer zu werden. Ein eigenes Boot zu besitzen, in der stillen Morgendämmerung hinauszutuckern und nach dem Fang Netze mit Lachs und Hummer auszuleeren. Ihn lockten der Horizont, das offene Meer und die Weite. Keiner würde ihm irgendwelche Befehle erteilen. Nach vielem Hin und Her war es ihm schließlich gelungen, den Fischer eines Dorschtrawlers zu überreden, ihn mitzunehmen. Doch bereits auf der ersten Fahrt blies eine steife Brise im Bornholmsgatt. «Jetzt werden wir ja sehen, wie die

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