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Gottes Zorn (German Edition)

Gottes Zorn (German Edition)

Titel: Gottes Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olle Lönnaeus
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registriert. Dann hatte sich einer der Männer aus dem Krankenwagen geräuspert und gefragt: «Sind Sie nicht der Sohn des Arschmalers?»
    Die Polizisten hatten ohne jegliche Gefühlsäußerung eine Anzeige aufgenommen. Dann hatten sie ihn ratlos auf dem Kai zurückgelassen.
    Joel drehte die Heizung im Wagen höher. Er schaute auf die Uhr und stellte fest, dass es noch viel zu früh war, um wieder nach Hause zu fahren. Vor dem Abend brauchte er es gar nicht erst zu versuchen. Wenn überhaupt. Im Radio war die Heavy Metal-Band verstummt, und stattdessen jaulte Björn Afzelius jetzt irgendetwas von Freiheit. Joel drehte die Lautstärke leiser, bis nur noch ein Flüstern zu hören war.
    Auf dem Marktplatz von Tomelilla hielt er an, um sich mit Lebensmitteln zu versorgen. Er kaufte im Konsum Bier, Brot, Kaffee, blassrote importierte Tomaten und eine Fleischwurst, wich dem Zeitungsständer jedoch bewusst aus. Die Kassiererin gähnte gelangweilt und nannte ihm ohne ersichtliches Interesse die Summe. An der Würstchenbude gegenüber kaufte er sich eine Bratwurst mit Kartoffelbrei, von der er ein paar Bissen nahm und den Rest in den Papierkorb warf. Erstaunlich, dachte er, wie wenig Leute man doch kennt.
    Wer kannte denn eigentlich Mårten?
    Joel warf die Lebensmitteltüten in den Kofferraum und blieb dann hinter dem Steuer sitzen, während er mit leerem Blick durch die Windschutzscheibe starrte. Vor der Pizzeria stand eine Gruppe frierender Männer in Trainingsanzügen und rauchte. Hin und wieder warfen sie einen Blick in seine Richtung, als fragten sie sich, warum er nicht losfuhr. Ein großgewachsener bärtiger Mann saß in einem verrosteten Chevrolet-Pick-up und wartete mit laufendem Motor. Auf dem Gehweg, der mit Schnee und Eisklumpen bedeckt war, kämpfte sich eine alte Frau mit krummem Buckel mit ihrem Rollator voran. Direkt vor Joels Wagen hielt sie an und zischte irritiert etwas vor sich hin. Er schaute rasch weg.
    Gab es da draußen jemanden, der mehr über Mårten wusste? Zum ersten Mal wurde Joel bewusst, dass er sich das fragte.
    Ohne Vorwarnung fiel ihm der Prediger ein. Britt hatte ihn doch erwähnt, zwar nur beiläufig, aber immerhin.
    Er drehte den Zündschlüssel um und fuhr in gemächlichem Tempo durch den Ort. Bog auf Höhe der Bibliothek links ab, fuhr an Reimans Bäckerei und dem geschlossenen Freibad vorbei auf die Landstraße nach Spjutstorp.
    Ob er wohl noch immer im Mörderhaus wohnte?
    Das düstere Backsteinhaus des Predigers, das in einem dichten Gehölz mit Erlen und Birken auf einem sumpfigen Fleck mitten auf dem Land stand, war früher ein Ort gewesen, vor dem man sich in Acht nahm. Dort war vor Urzeiten, als Joel noch ein kleiner Junge war, eine Frau tot aufgefunden worden.
    Er erinnerte sich ziemlich gut an die Erzählungen von damals.
    Die Frau war ohne großes Aufheben beim Prediger eingezogen. Manche behaupteten, dass sie aus Sjöbo stammte, andere wiederum waren der festen Auffassung, dass sie ihre Wurzeln in Pajala hatte, wo sie von ihren Eltern, die Laestadianer waren, rausgeschmissen worden war. Wieder andere meinten gehört zu haben, dass sie aus Stockholm hergezogen war. Was nun letztlich stimmte, konnte, soweit Joel wusste, keiner herausfinden, da die Frau ihren Mund nicht öffnete und die Leute daraus den Schluss zogen, dass sie sowohl taub als auch stumm und vielleicht sogar etwas zurückgeblieben sein müsse. Manchmal sah man sie im Konsum oder im Systembolag, wo sie ihre Einkäufe erledigte und allen auswich, bevor sie wieder im alten Dodge des Predigers verschwand. Die Blicke der Leute zog sie allerdings immer auf sich. Die Frau war eine außergewöhnliche Schönheit. Ihr Körper war geschmeidig wie der eines Luchses, wie sich der poetische Barbier im Friseursalon gegenüber dem Alkoholgeschäft ausdrückte. Um ihr blasses Gesicht herum rankte sich ein Kranz unbändiger weizenblonder Locken. Doch als man sie damals fand, bot sie keinen schönen Anblick. Jemand hatte ihr den Schädel eingeschlagen, und neben ihr im Flur lag der Feuerhaken, die Waffe des Teufels, an dem helle blutige Haarsträhnen klebten. Der Verdacht fiel natürlich auf den Prediger, aber wie auch immer es zugegangen sein mochte, er war freigesprochen worden. Bestimmt hatte ihm irgendjemand bescheinigt, dass er sich zum Zeitpunkt der Tat an einem anderen Ort aufgehalten hatte.
    Bereits aus der Entfernung sah Joel, dass sich Rauch aus dem Schornstein ringelte. Er parkte den Wagen an der Stelle, wo das

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