Gottes Zorn (German Edition)
paar Bilder publiziert, auch wenn die Redaktionsleitung der Meinung war, dass wir uns zurückhalten sollten. Sie hatten nämlich Angst, damit zu provozieren. Warte, wir sehen mal nach …»
Er schob die Reste seiner Mahlzeit mit dem Unterarm beiseite und zog die Tastatur zu sich heran.
«Wir müssen im Archiv nachsehen.»
Mit einer raschen Eingabe zauberte er eine Liste mit Artikeln auf den Bildschirm.
«Das alles hier wurde über Mårten Lindgren geschrieben, seit wir Mitte der neunziger Jahre unser digitales Archiv eingerichtet haben. Wie man sieht, ist vieles aus der vergangenen Woche nach dem Mord. Aber mal schauen, ob da nicht …»
Er klickte einen Artikel an, der auf den März vor zwei Jahren datiert war. Nachdem er die PDF -Datei geöffnet hatte, wurde ein Foto von Mårten mit demselben Strohhut sichtbar, den er während seines Ausflugs zu Ales stenar mit Helga getragen hatte. Auf einer Wand hinter ihm waren zwei Ölgemälde zu sehen. Das eine erkannte Joel unmittelbar wieder. Es war das mit dem Schwein, das Goran Djelic in seiner Putzkammer versteckt hatte. Auf dem anderen war der Eber mit einem Bart und boshaften schwarzen Augen zu sehen.
Künstler aus Tomelilla stellt Meinungsfreiheit auf die Probe
, lautete die Überschrift.
Joel überflog rasch den Text.
«Wenn du mich fragst, war es als Kunst betrachtet der reinste Schrott», brummte Holgersson. «Mårten war gezwungen, selbst zu erklären, dass das Bild den Propheten Mohammed darstellen sollte. Sonst hätte es keiner begriffen.»
Der Artikel war in einer Art und Weise geschrieben, die andeutete, dass der Verfasser zwar keinerlei Sympathien für Mårten hegte, aber dennoch eine gewisse Gespaltenheit angesichts der Vernissage in der Werkstatt empfand. Viele Leute hatten sich nicht eingefunden. Der Künstler selbst wurde mit einigen Passagen zitiert, von denen besonders eine Joels Aufmerksamkeit erregte:
«Das Kunstwerk liegt im Auge des Betrachters. Möchte man Gott oder den Teufel darin sehen?»
Am Ende des Artikels erlaubte Holgersson sich eine eigene Reflexion:
Jetzt bleibt abzuwarten, ob diese Provokation den Effekt in der muslimischen Welt erzielt, den der Künstler beabsichtigt hat.
In einem kleinen Infokästchen waren diverse ähnliche Ereignisse zusammengefasst: die Karikaturen in
Jyllands-Posten
sowie die Zeichnungen von Lars Vilks.
«Bleibt nur die Frage, worauf er aus war», murmelte Joel, nachdem er fertig gelesen hatte.
«Ruhm?», schlug Holgersson vor. «Vielleicht wollte er tatsächlich das Recht auf freie Meinungsäußerung auf die Probe stellen. Ich hatte jedenfalls den Eindruck, dass mehr dahintersteckte. Auch wenn er sich diesbezüglich kryptisch ausdrückte. Mårten kann doch nicht im Ernst geglaubt haben, dass irgendwer diese Bilder kaufen würde.»
«Nein, aber dass er sich einen Namen machen würde. Der Plan bestand vielleicht darin, in die Presse zu kommen, um dann seine Arschdamen und Auferstehungsbilder schweineteuer verkaufen zu können.»
«Schweineteuer ist das richtige Wort», entgegnete Holgersson mit einem kurzen Auflachen. «Aber wie dem auch sei, er wurde schneller vergessen, als er gedacht hatte.»
«Nicht von allen …»
«Nein, nicht von allen.» Holgersson nickte nachdenklich. Dann zuckte er plötzlich zusammen und schaute auf die Uhr. «Verdammt! Ich bin spät dran.»
Er griff sich einen Notizblock und einen Stift auf seinem Schreibtisch und stürzte zur Tür.
«Ich muss los zu einem Termin. Die Alten beklagen sich nämlich, dass es im Altersheim zu kalt ist. Wenn du willst, setz dich an den Computer und sieh dich selbst ein wenig im Archiv um. Ich bin in einer halben Stunde zurück.»
Im nächsten Moment stapfte er schon draußen vor dem Fenster vorbei.
Joel setzte sich auf den Schreibtischstuhl und klickte sich zurück zur Artikelliste. Sie war ziemlich lang. Das erste Mal wurde Mårten in einer Notiz in der Zeitung erwähnt, als er einige seiner nackten Frauen im Foyer eines Restaurants in Simrishamn ausstellen konnte. Es folgten einige ähnliche Artikel. Die erste größere Reportage, in der Mårten sogar mit Bild erschien, war auf den April vor genau zehn Jahren datiert.
In der Kunstrunde kommt es zum Eklat
, lautete die Überschrift. Dem Verfasser des Artikels Örjan Palander zufolge regte sich der
streitbare Künstler Mårten Lindgren aus Tomelilla
darüber auf, dass ihm der Zutritt zur Künstlergilde von Skåne und damit auch die Teilnahme an dem alljährlich stattfindenden Festival
Weitere Kostenlose Bücher