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Gottes Zorn (German Edition)

Gottes Zorn (German Edition)

Titel: Gottes Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olle Lönnaeus
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Fett. Der Redakteur stellte die Buttermilchpackung ab und machte sich keine Mühe, sich den Milchbart abzuwischen.
    «Bezahlst du etwa alte Schulden zurück, Joel?», fragte er mit säuerlicher Stimme.
    Er nickte vielsagend in Richtung Fenster. Johnny hatte sich inzwischen zum Eingang des Systembolag geschleppt, wo er ungeduldig wartete und sich die Nase an der Glastür plattdrückte.
    «Trauriger Anblick, oder?»
    «Ja …»
    «Johnny war früher schnell wie ein Gepard. Vor Kraft strotzend und technisch top. Mal abgesehen von der Psyche ein perfekter Fußballer. Mit der richtigen Förderung hätte er es weit nach oben schaffen können. Mindestens bis zur Allsvenskan.»
    Holgersson riss sich einen Hühnerschenkel ab und schaute leicht abwesend hinaus, als dächte er über die gescheiterte Karriere nach. Dann wandte er sich Joel zu. «Und was kann ich für dich tun?»
    «Was meinst du übrigens mit Schulden?»
    «Ach, das ist mir so rausgerutscht. Wir alle haben ja wohl irgendwelche Schulden zu bezahlen. Auch du.»
    «Dieser Urban, was ist eigentlich aus ihm geworden?»
    «Rechtsanwalt in der Kanzlei seines Vaters», antwortete Roger Holgersson. «Ich glaube sogar, dass er nicht mal mehr stottert.»
    Joel entfuhr ein Seufzer der Erleichterung. Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. Während er darüber nachdachte, wie er sein Anliegen vorbringen sollte, nutzte er die Gelegenheit, sich in der Redaktion umzusehen. Der einzige persönliche Gegenstand, den er entdecken konnte, war ein gerahmtes Foto von Holgersson, das ihn in Anglerstiefeln und mit einem riesigen frisch gefangenen Lachs posierend an einem reißenden Fluss zeigte.
    «Mörrum. Zwölfeinhalb Kilo», erklärte der Redakteur mit vollem Mund.
    Mit unermüdlichen Kaubewegungen hatte er in kürzester Zeit alles verschlungen, was am Hähnchen essbar war, und einen Haufen abgenagter Knochen zurückgelassen. Er wischte sich die Finger an einem Papiertaschentuch ab und knüllte es dann zu einem kleinen Ball zusammen, den er mit einem eleganten Wurf in den Papierkorb beförderte.
    «Wie lange arbeitest du eigentlich schon hier, Roger?», fragte Joel.
    «Du meinst, hier in der Redaktion in Tomelilla?»
    «Ja.»
    «Gut zwei Jahre. Wieso?»
    «Ach, ich frag mich nur, was über die Ereignisse damals wohl so geschrieben wurde. Über Dragan Djelics Verschwinden. Und Mårtens Bilder.»
    Holgersson klopfte sich auf seinen gewaltigen Bauch, woraufhin er einen Rülpser mit der Hand unterdrückte.
    «Als Dragan verschwand, war ich Kriminalreporter in Ystad. Ich habe einiges recherchiert, aber das meiste schrieb Örjan Palander. Er war damals für Tomelilla zuständig. Übrigens ein legendärer Lokalredakteur. Brillant. Leider hat sein Herz viel zu früh aufgehört zu schlagen. Nach ihm kam dann ein Volontär, ein wichtigtuerischer kleiner Aufschneider namens Nils Ek, der plötzlich spurlos verschwand. Und dann wurde ich hierher versetzt und bekam den Job, von dem ich geträumt habe, seit ich mein Journalistenstudium an der Volkshochschule in Skurup abgeschlossen hatte. Zwei Monate, bevor Mårten seine Ausstellung eröffnete und der ganze Zirkus in Gang gesetzt wurde, fing ich hier an.»
    «Hast du die Bilder mit eigenen Augen gesehen?»
    «Selbstverständlich. Ich war ja dort und habe ihn interviewt.»
    «Und wie viele waren es?»
    Holgersson zog sich nachdenklich am Ohrläppchen.
    «Acht oder zehn. Maximal zwölf. Ich erinnere mich nicht mehr genau. Ist es denn wichtig?»
    «Vielleicht.»
    «Na ja, sie werden nicht gerade im Nationalmuseum gelandet sein. Denn sie sahen wirklich grässlich aus, wenn du entschuldigst.»
    «Das Merkwürdige ist nur, dass keiner zu wissen scheint, wo sie abgeblieben sind.»
    «Hat die Polizei sie denn nicht beschlagnahmt?», fragte Holgersson erstaunt.
    «Nein. Ich habe dir ja davon erzählt, dass ich ein Bild bei Goran Djelic zu Hause gesehen habe. Aber die anderen scheinen spurlos verschwunden zu sein.»
    «Kann es sein, dass Mårten sie verkauft hat?» Noch bevor Joel antworten konnte, hatte Roger Holgersson seine eigenen Spekulationen mit einem entschiedenen Kopfschütteln beendet, das sein Doppelkinn schlackern ließ. «Quatsch. Wer zum Teufel sollte sie denn kaufen?»
    «Es wäre interessant, die anderen auch zu sehen», entgegnete Joel.
    «Da kann ich dir vielleicht weiterhelfen», sagte Holgersson. «Ich habe nämlich Fotos gemacht, als ich dort war. Die Speicherkarte ist inzwischen bestimmt gelöscht worden. Aber wir haben ein

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