Gottesdienst
Windes geschluckt worden. Dann sah ich einen Kinderschuh auf dem schmalen Pfad liegen – er musste Luke gehören. Ich rannte weiter und entdeckte plötzlich Tabitha vor mir, die sich einen Weg durch das Gestrüpp zu bahnen versuchte. Sie keuchte und stolperte fast vor Erschöpfung, doch sie kämpfte sich voran.
Als ich sie einholte, zeigte sie bergab auf den Pfad. »Ich habe die beiden gesehen. Sie will wohl da unten zu einer Straße.«
»Komm mit.« Ich zerrte sie hinter mir her. Hier gab es nur wenige Straßen. Wir hatten noch einige Kilometer bergabwärts vor uns. Einige … Als ich einen Blick zurück über die Schulter warf, erkannte ich mit Entsetzen, dass sich die Flammen zu einer Feuerwand ausgeweitet hatten, die breiter war als ein Fußballfeld. Das Feuer war noch ungefähr dreihundert Meter hinter uns, und es bewegte sich mit rasender Geschwindigkeit.
»Los komm, wir können sie noch einholen«, rief ich Tabitha zu.
Der Schmerz stand ihr ins Gesicht geschrieben, aber sie hielt sich neben mir, hustend und schwitzend. Sicher hatte sie seit Tagen kaum noch etwas gegessen. Ihr Durchhaltevermögen beeindruckte mich.
»Da vorne sind sie!«
Weiter unten blitzte Lukes hellblaues T-Shirt in den Büschen auf. Chenilles Tarnklamotten waren kaum zu erkennen. Ich legte einen Zahn zu und holte auf. Gut, dass Chenille so viel mehr auf den Rippen hatte als ich, dadurch war ich schneller und beweglicher. Lukes Shirt verschwand, tauchte wieder auf, langsamer jetzt, dann entdeckte ich die beiden in einer Lichtung auf der anderen Seite der Schlucht.
Ich war ihnen jetzt dicht auf den Fersen. Inzwischen ging es bergauf, meine Beine machten Anstalten, einzuknicken, meine Lunge pfiff aus dem letzten Loch. Luke bemerkte mich und schrie auf. Chenille drehte sich um. Ihr Gesicht verzerrte sich, dann hatte ich sie erreicht. Mit ganzer Kraft warf ich mich auf sie und prallte gegen ihren Bauch.
Ihr schien das kaum etwas auszumachen. Sie grunzte, riss Luke an sich und versetzte mir einen Hieb gegen die Schulter. Doch der Schmerz steigerte nur meine Wut. Ich stemmte mich mit beiden Beinen fest in den Boden, umfasste ihre Oberschenkel und zog mit einem Ruck. Sie verlor das Gleichgewicht, und wir stürzten beide zu Boden. Faustschläge prasselten auf meinen Rücken.
Dann manifestierte sich auf einmal Tabitha wie ein ausgemergelter Racheengel über uns und begann Chenille mit heftigen Tritten zu traktierten. Sie trat ihr in die Rippen, in den Hintern und die Beine. Kaum zu glauben, dass sie noch so viel Kraft besaß. Schreiend trat sie immer wieder zu, die Pistole in ihrer Hand schien vergessen. Chenille musste Luke loslassen und krümmte sich am Boden zusammen.
Rasch warf ich mich auf sie und verpasste ihr einen Faustschlag ins Gesicht. Ihr Kopf prallte auf den Boden.
»Los, Tabitha«, schrie ich, »schaff ihn hier weg.«
Aber Tabitha wankte über uns, die Zähne gebleckt wie ein wildes Tier. »Bring sie um!«
Ich wusste, dass ich Chenille nicht mehr lange am Boden halten konnte. Selbst nach den Schlägen, die sie hatte einstecken müssen, hatte sie immer noch genügend Kraft. Sie versuchte sich unter mir aufzubäumen. »Lauf los«, schrie ich Tabitha zu.
In diesem Moment erinnerte sich Tabitha wieder an die Pistole. Schreiend befahl sie mir, mich aus dem Weg zu rollen und zielte mit zittriger Hand auf Chenille. Doch im nächsten Augenblick strampelte sich Chenille los und schüttelte mich mit einer Wrestling-Bewegung ab. Beide krachten wir gegen Tabitha. Sie schrie auf, torkelte, stürzte nach hinten und ließ die Pistole in die Büsche fallen.
Es muss ein absurder Anblick gewesen sein: Drei Frauen, die sich im Dreck wälzten, während die Flammen immer näher rückten. Mitten im Getümmel blickte ich hoch zu Luke und rief ihm zu: »Renn los!« Dann griff ich in Chenilles Haare und riss daran. Sie brüllte und ruderte mit den Armen, und ich zog noch fester, lenkte ihre Aufmerksamkeit ganz auf mich. Schließlich gelang es Tabitha, sich aus dem Knäuel zu befreien. Sie schnappte sich Lukes Hand, und sie rannten zusammen den Pfad bergauf.
Bald verlor ich sie in den immer dichter werdenden Rauchwolken aus den Augen. Chenille wand sich unter mir. Ich schlug mit den Fäusten auf sie ein, traf sie mit den Knien, boxte sie in den Brustkorb. Ich war schockiert, welchen Einfallsreichtum ich dabei entwickelte, aber ich ließ nicht nach, bis ich spürte, dass sie schwächer wurde. Dann rappelte ich mich auf, um Tabitha und Luke zu
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