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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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zum Body Surfing. Ich verzichtete und saß lieber auf Jesses Terrasse mit einem kalten Heineken in der Hand und beobachtete, wie sich die beiden ihren Weg in die Brandung bahnten. In dem salzigen Sprühnebel brach sich das Licht. Luke tollte herum wie ein Kobold und riss seine sehnigen Ärmchen hoch, als die erste Welle ihm um die Füße schlug. »Es ist kalt.«
    Jesse setzte sich in den Sand und robbte rückwärts auf dem Hintern aufs Wasser zu. Mit seinem unversehrten Bein schob er, mit einem Arm zog er. Als er damals das Haus kaufte, dachte ich, er sei einem schlechten Witz aufgesessen, aber er hatte seine Wochenenden zielstrebig damit verbracht, sich zwischen Felsen und Sand einen Zugang zum Meer zu bahnen. Jetzt folgte er Luke in die Brandung. Er warf sich in eine auslaufende Welle und verwandelte sich in ein Wasserlebewesen voller Eleganz und Selbstvertrauen. Mit weit ausholenden kraftvollen Armbewegungen glitt er auf Luke zu. Das Wasser schimmerte im Sonnenlicht auf seinen Schultern.
    Ich nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche. Über mir röhrte ein Löschflugzeug auf seinem Weg zurück zum Landeplatz vorbei.
    Nachdem Luke und Jesse wieder an Land gespült worden waren, wickelte ich Luke in ein dickes gelbes Strandhandtuch und führte ihn in die Dusche beim Gästezimmer. Das Haus hatte drei Schlafzimmer, die sich an den großen offenen Bereich mit Wohnzimmer, Essecke und Küche anschlossen. Ich überprüfte gerade den Inhalt des Kühlschranks, als Jesse durch die Tür zum Innenhof kam. Ich fragte ihn, ob er lieber Zwiebeln oder Backpulver zum Abendessen wollte. »Ich hatte einfach keine Zeit zum Einkaufen.« Er grinste, rieb sich das Haar mit einem Handtuch trocken und legte eine CD ein: Hendrix, Electric Ladyland. Nachdem er die Anlage aufgedreht hatte, ging er in sein Zimmer zum Duschen.
    Ich machte Rühreier und toastete ein paar Bagels – das musste als Abendessen reichen. Jesse kam barfuß in weißem T-Shirt und Jeans vom Duschen zurück. »Das riecht wunderbar.« Er stellte den Player auf »All Along The Watchtower«. Hendrix’ Gitarre traf mich wie eine Sense.
    There must be some kind of way out of here …
    Die untergehende Sonne glühte im Rauch des Großbrandes rot wie der Mars. Das Licht, das durch die zum Strand gerichteten Panoramafenster hereinfiel, färbte Jesses schönes Gesicht und sein weißes T-Shirt blutrot. In der Küche entkorkte Jesse eine Flasche Pinot Noir und füllte zwei Gläser, dann griff er nach der Flasche mit den Pillen, die ihm der Arzt verschrieben hatte. Er schüttete zwei auf seine Handfläche und schluckte sie zusammen mit dem Wein.
    »Sind die Schmerzen schlimm?«, fragte ich.
    Er richtete sich im Rollstuhl auf. »Ich hatte schon bessere Wochen.« Dann wechselte er das Gesprächsthema. »Ich hab dir noch gar nicht von dem Wal erzählt.«
    »Aber Luke. Zwei Jet-Ski-Fahrer steckten bis zum Hals in Waltran.«
    »Irgendwelche Angestellten von der Stadt hatten das Tier mit der Winde an einen Fischkutter gehängt und waren gerade dabei, es auf die offene See zu schleppen. Die beiden Witzbolde, die dagegen geprallt sind, waren stockbesoffen.« Müde drehte er den Rollstuhl, damit er mich ansehen konnte. »Als sie am nächsten Tag im Krankenhaus aufwachten, haben mich diese Schwachköpfe angerufen. Sie wollten, dass ich die Stadt wegen ihrer Verletzungen verklage. Dank des Falls Gaul gegen Beowulf bin ich plötzlich Experte für Rechtsstreitigkeiten unter Beteiligung von wilden Tieren.« Er verzog das Gesicht. »Ich hab den Fall abgelehnt und ihnen empfohlen, sich an Skip Hinkel zu wenden.«
    »Wo wir gerade von ihm sprechen …«
    Er schnaubte. »Richterin Rodriguez hat ihn wegen seiner Äußerungen über mich in der Presse ermahnt.« Noch ein Schluck Wein. »Also hat Skip der Bundesbehörde für Fischund Wildbestand erzählt, dass ich die Frettchen bei mir verstecke.«
    Ich deckte gerade den Tisch, hielt aber inne. »Das gibt’s doch nicht.«
    »Es war ein anonymer Hinweis, aber wer sonst außer Skip würde so was tun? Ein Beamter der Bundesbehörde ist am Freitag in der Kanzlei aufgetaucht. Es ist ziemlich schwer, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, wenn ein eifriger kleiner Mann mit einem Käfig in der Hand in der Firma herumwuselt.«
    »Unglaublich.«
    »Das kannst du laut sagen. Ein unglaublicher Idiot.«
    »Nein, das ist es nicht«, antwortete ich. »Hier geht es um deinen Ruf.«
    »Ach, ich bin hart im Nehmen. Meinem Ruf wird das nichts ausmachen.«
    Nach dem

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