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Gottesgericht

Gottesgericht

Titel: Gottesgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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auch schon der Bus vor. Jemand zog die Tür der Ladebucht im Bauch des Busses auf, und Giuseppe hob ihren Koffer hinein. Dann winkte er noch einmal, ging zu seinem Wagen zurück und war weg.
    Jane bestieg den Bus und suchte sich einen Fensterplatz im hinteren Teil. Es sah ganz bequem aus, und sie konnte wie gewünscht über den Vorhang verfügen. Sie setzte sich und lehnte sich an die Scheibe.
    Der Motor tuckerte im Leerlauf vor sich hin. Der Fahrer hatte den Bus verlassen und trank einen Espresso in einer nahen Bar, während er sich angeregt mit jemandem in dem Lokal unterhielt.
    Jane würde keine Ruhe finden, bis der Bus fuhr. Sie kramte ihr Smartphone wieder hervor und klickte sich in die Online-Ausgabe der Irish Times , um zu sehen, wie sie diese Geschichte in Istanbul behandelten. Es war nicht die Hauptschlagzeile, aber sie fand es in der Rubrik Weltnachrichten.
    BESETZUNG DER HAGIA SOPHIA MIT GEISELNAHME
    Eine bewaffnete Bande hat Berichten zufolge Istanbuls bekanntestes historisches Gebäude besetzt und bis zu zwanzig Geiseln genommen. Die Hagia Sophia ( Ayasofya auf Türkisch), die frühere Kirche der heiligen Weisheit, wurde im 6. Jahrhundert erbaut und war nacheinander eine Basilika, eine Moschee und zuletzt ein Museum. Kurz nach Schließung für die Öffentlichkeit verschaffte sich gestern Abend eine unbekannte Anzahl von Eindringlingen Zugang und überwältigte das Sicherheitspersonal. Rund zwanzig Personen, die sich auf einer privaten Führung durch das Gebäude befanden, wurden als Geiseln genommen.
    Die Besetzung der Hagia Sophia fällt zeitlich mit dem Beitritt der Türkei zur Europäischen Union diese Woche in Dublin zusammen. Proteste gegen die Mitgliedschaft des Landes in der EU gab es in einer Reihe von Mitgliedsstaaten sowie in der Türkei selbst, wo die Regierung einräumte, sie habe angesichts des offenkundigen Widerwillens, dem Land die Tür zu öffnen, gelegentlich überlegt, die Bewerbung zurückzuziehen – ein Verweis auf diverse Verzögerungstaktiken, die seit dem Mitgliedsantrag der Türkei 1987 von der EU angewandt worden waren.
    Die Regierung in Ankara ließ verlauten, sie betrachte diesen jüngsten Zwischenfall als einen weiteren Versuch, das Vorhaben zu sabotieren, und hat die Bande als »Terroristen, die sich dem demokratischen Willen des Volks widersetzen« bezeichnet. Nach der Unterzeichnung des Beitrittsabkommens muss dieses von den übrigen Mitgliedsstaaten ratifiziert werden, ehe die Mitgliedschaft der Türkei dann am 1. September dieses Jahres in Kraft treten kann.
    Für ihren geschulten Journalistenblick sah es nach Insiderinformation aus, wenn Geiseln genommen wurden, die sich auf einer Privatführung durch das Museum befunden hatten. Es war kein Einbruch, der versehentlich zu einer Geiselsituation geführt hatte, sondern eine sorgfältig geplante Unternehmung. Aber zu welchem Zweck?
    Es herrschte kein Mangel an radikalen Organisationen innerhalb der Türkei, die gegen die EU waren, genau wie es antitürkische Gruppen über ganz Europa verteilt gab.
    Tatsächlich war es noch nicht lange her, dass es erheblichen Widerstand auf offizieller Ebene in der EU selbst gegeben hatte, vor allem von Deutschland und Frankreich. Er kam in verschiedener Weise zum Ausdruck, etwa als Sorge über die schlechte Menschenrechtssituation in der Türkei oder die Einstellung des Landes zur Pressefreiheit. Doch es gab wenig Zweifel darüber, dass die Angst vor der Öffnung der EU für einen Staat mit siebzig Millionen Moslems eine erhebliche Rolle spielte.
    Was all das fast über Nacht änderte, waren Aufstände in der islamischen Welt von Nordafrika bis Pakistan. Die Türkei stand plötzlich als das scheinbar stabilste islamische Land in der Region da – ein entscheidender Verbündeter, dem die Rolle eines Energie-Drehkreuzes zwischen Europa und den ölreichen Ländern Zentralasiens zufallen konnte. Außerdem hatte der Aufstieg des Iran zur Nuklearmacht die politische Dynamik der gesamten Region verändert. Und es gab die Aussicht, dass sich ein riesiger Markt für die Länder auftat, die sich noch immer nicht vom Euro-Debakel erholt hatten. Die EU hatte also beschlossen, die Türkei an ihre Brust zu drücken und nach Westen blicken zu lassen, nicht nach Osten. Statt als untauglicher Kandidat behandelt zu werden, wie es in dem Bericht geheißen hatte, sah die Regierung in Ankara ihren Aufnahmeantrag plötzlich im Schnellverfahren durchgepeitscht.
    Und jetzt das.
    Der Fahrer kam wieder an Bord,

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