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Gottesgericht

Gottesgericht

Titel: Gottesgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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und der Bus fuhr los. Jane steckte ihr Handy weg. Die türkischen Behörden waren besser in der Lage, die Motive der Terroristen zu beurteilen, aber es war merkwürdig, dass die Bande ihre Forderungen nicht sofort bekannt gegeben hatte. Und das von ihnen gewählte Ziel: ein säkularisiertes Baudenkmal, das nichtsdestoweniger das Christentum und den Islam symbolisierte. Was hatte das zu bedeuten? Ohne Frage würde das bis zu ihrer Ankunft zu Hause klar geworden sein.

6
    Ihre Schwägerin Debbie Young holte sie am Flughafen ab und hatte Janes Kinder Scott und Bethann mitgebracht. Der fünfjährige Scott rannte schnurstracks auf sie zu, und Jane musste ihren Koffer abrupt stehen lassen, um ihren Sohn in ihren Armen auffangen zu können. Debbie kam mit Bethann über der Schulter hinter ihm her.
    »Sie schläft«, formte sie lautlos mit den Lippen, deutete auf das Mädchen und lächelte.
    Jane löste Scott von ihren Beinen und umarmte Debbie. Dann küsste sie Bethann auf den Kopf. Bei dem schlafwarmen Geruch, der von dem roten Haarschopf ihrer Tochter ausging, wurde sie von Gefühlen übermannt. »Gott, wie ich sie vermisst habe«, sagte sie. Abgesehen von ihrem kurzen Krankenhausaufenthalt nach der Explosion, die Ben getötet hatte, war sie zum ersten Mal seit dem letzten Sommer von ihnen getrennt gewesen.
    »Sie haben dich natürlich auch vermisst, aber ich muss sagen, sie waren wirklich brave Kinder. Bethann hat nicht verstanden, warum sie nicht in ihrem eigenen Bett schlafen durfte, aber das war das einzige Problem, mit dem ich zu tun hatte.«
    »Anscheinend holt sie jetzt versäumten Schlaf nach.«
    »Ich habe sie zum Trost lange mit Karen aufbleiben lassen. Wie sich herausstellte, hat die Siebenjährige vor der Dreijährigen geschlafen. Aber heute waren wir schon in aller Frühe bei einer Schatzsuche in der Kirche. Sie ist auf dem Weg hierher eingeschlafen.«
    Jane nahm ihren Rollkoffer, und sie gingen in Richtung Ausgang. Scott durfte einen der ausgefahrenen Griffe halten. »Wie geht es Karen und Joshua?«, fragte sie.
    »Gut. Karl ist mit ihnen zum Schwimmen gegangen. Bis wir zu Hause sind, müssten sie auch zurück sein.«
    Jane und die Kinder wohnten in einem voll eingerichteten Anbau, den Debbie und ihr Mann Karl für Karls verwitwete Mutter an das Haus gesetzt hatten. Nach einem Schlaganfall war sie jedoch inzwischen in einem Pflegeheim untergebracht. Debbie, die nicht nur Bens Schwester, sondern auch Janes lebenslange Freundin war, hatte sie eingeladen, hier zu wohnen, bis ihr eigenes Haus in Barnacullia in den Bergen Dublins wieder bewohnbar war. Und da Debbie als Mutter ohnehin zu Hause war, hatte Jane nach Weihnachten wieder arbeiten gehen können, ohne sich Gedanken darüber machen zu müssen, wie sie ihre Kinder am Morgen in die Schule oder die Krippe brachte. Denn das war Bens Aufgabe gewesen.
    Als Jane die Kinder in ihren Sitzen auf der Rückbank des Autos verstaute, hob Bethann kurz den Kopf und rieb sich die Augen.
    »Will nach Hause«, greinte sie. Es war eine ihrer Standardforderungen.
    Jane fiel auf, dass es wie »na Haue« klang. Bethanns Taubheit begann sich auf ihr Sprechvermögen auszuwirken. »Wir fahren sofort nach Hause, Schätzchen.«
    »Mommy!« Bethann hatte plötzlich realisiert, dass Jane da war, und streckte die Arme nach ihr aus.
    Jane drückte sie erst einmal, bevor sie sie anschnallte.
    »Nein, Mommy«, wimmerte Bethann.
    »Schon gut, wir sind gleich zu Hause, dann gibt es eine Menge Umarmungen.«
    »Will nach Hause!« Bethann trat mit den Füßen gegen den Sitz.
    »Wir fahren ja nach Hause«, sagte Jane geduldig.
    »Das richtige Zuhause. Will zu richtigen Zuhause.«
    Debbie drehte sich im Fahrersitz um und fing Janes Blick auf.
    »Sie vermisst Dad«, sagte Scott mit ernster Stimme von seinem Kindersitz aus.
    Die Wunde in Janes Herz riss wieder auf. Sie schluckte schwer und sagte: »Wir alle vermissen Dad. Und wir kehren sehr bald nach Hause zurück.« Beide Sätze waren wahr, aber zusammen erzählten sie eine Lüge. Scott ließ sich jedoch nichts vormachen.
    Auf dem Weg nach Rathgar sprachen sie über Janes Urlaub, und dann brachte Debbie sie über verschiedene Ereignisse auf den neuesten Stand. »Ich habe auch deinen Ersatzmann gehört, Mike O’Malley«, war ihre letzte Neuigkeit.
    »Und?«
    »Ach, ich habe nur ein paar Fetzen von der Sendung aufgeschnappt …«
    »Und? Und?« Jane wusste, dass Debbie es absichtlich spannend machte, aber sie musste es unbedingt erfahren. Sie

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