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Gottesgericht

Gottesgericht

Titel: Gottesgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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möglich war, die Zukunft zu kennen, war sie gewiss nicht scharf.
    »Auch absurde Zufälle können sich im Zusammenhang mit unserem Schicksal ereignen«, redete Giuseppe immer weiter. »Nimm Worte, zum Beispiel. Meine Großmutter ging eines Tages in den Wald, um Pilze zu sammeln, und wurde von einem wilden Eber angegriffen. Sie hätte ihre Verletzungen wahrscheinlich überlebt, nur dass sie sich nicht mehr bewegen konnte und erst am nächsten Tag gefunden wurde – an Unterkühlung gestorben. Hätte sie überlebt, sie wäre die Erste gewesen, die über das absurde Zusammenspiel gelacht hätte, dass sie von einem Schwein attackiert wurde, während sie porcini sammelte, wie die Steinpilze bei uns heißen – Schweinchen also.«
    Wäre sie nicht so verkatert gewesen, hätte Jane ebenfalls gelacht. So aber brachte sie nur ein emotionsloses »erstaunlich« zuwege.
    »Jetzt haben wir hier das Beispiel eines Manns, der in einem Speichersee in Italien ertrinkt. Einem künstlichen See, der Millionen von Menschen mit Wasser versorgen soll. Und der Ort in Albanien, von dem seine Vorfahren vor über fünfhundert Jahren kamen, hieß ›Trockensee‹. Glaubst du, das ist mehr als reiner Zufall?« Diesmal schien er eine Reaktion zu erwarten. »Eine Art kosmischer Witz«, ließ er nicht locker. »Der uns vielleicht sagen will, dass das Leben im Grunde ein lachhaftes Spiel ist. Dass unser aller Leben absurd ist und unser Tod erst recht.«
    Giuseppe schien in diesem Moment vergessen zu haben, dass Janes Mann Ben erst vor einem halben Jahr getötet worden war. Aber es störte sie nicht. Es passierte ziemlich oft. Die Leute konnten sich nicht an die Vorstellung gewöhnen, dass sie Witwe war – sie konnte es ja selbst nicht. Erleichtert stellte sie fest, dass sie in die Stadt kamen. Bis zum Busbahnhof war es nur noch ein kurzes Stück.
    »Komischerweise habe ich heute Morgen beim Aufstehen etwas über die Türkei in den Nachrichten gehört«, sagte er, als gehörte es zu ihrer Unterhaltung.
    »Wirklich?« War sie eingenickt und hatte etwas überhört? Dann wurde ihr klar, dass es mit den ottomanischen Türken und den Albanern zu tun hatte, die vor ihnen nach Süditalien geflohen waren.
    »Ich glaube, sie haben die Kirche der heiligen Weisheit in Istanbul besetzt. Die Hagia Sophia, du weißt schon.«
    Jane setzte sich abrupt auf. » Wer hat sie besetzt?«
    »Terroristen. Militante Islamisten vielleicht. Das ist nicht klar.«
    Janes Herz setzte einen Schlag aus. Die Türkei war im Begriff, ein Beitrittsabkommen mit der EU zu unterzeichnen. Und da Irland aktuell die EU -Ratspräsidentschaft innehatte, würde die Zeremonie, an der alle Staatsoberhäupter teilnahmen, in ein paar Tagen in Dublin stattfinden. Und nicht nur das – am nächsten Morgen würde sie in Wade’s World, ihrer täglichen Radiosendung, auf das zweitägige Ereignis vorausblicken.
    »Haben sie Forderungen gestellt?«, fragte sie und sah auf die Uhr ihres iPhones. Es war kurz vor sieben in Irland. Sinnlos, jetzt jemanden vom Team der Sendung anzurufen.
    »Das wurde nicht gesagt. Aber sie haben Geiseln genommen.« Giuseppe hielt an der Bushaltestelle.
    Dann fiel Jane ein, dass Sonntag war. Die Sendung wurde am Wochenende nicht ausgestrahlt. Sie stieg aus und ging nach hinten, um ihr Gepäck zu holen, aber Giuseppe kam ihr zuvor und lächelte wie immer. Es tat ihr leid, dass sie so wortkarg gewesen war, und sie hoffte, er hatte es nicht bemerkt. Er stellte ihren Rollkoffer auf den Gehsteig, und sie nahm ihren Rucksack ab und packte ihn obendrauf, um Giuseppe richtig umarmen zu können.
    » Arrivederci , mein Lieber. Und danke für alles. Sag Lucia auch noch mal meinen Dank.«
    » Cara Jane. Es war sehr schön, dich zu sehen. Und wenn du das nächste Mal beschließt, dein Italienisch aufzufrischen, musst du länger bleiben.«
    »Natürlich.«
    »Nicht dass es viel Verbesserung nötig hätte.« Er lächelte, dann bückte er sich in den Wagen und holte eine in weißes Seidenpapier gewickelte Flasche heraus. »Aglianico del Vulture«, sagte er und überreichte ihr die Flasche. »Ich denke, wir haben dich von seinen … Vorzügen überzeugt, oder?«
    » Si. Grazie , Giuseppe.« Der ausgezeichnete Rotwein von den Hängen des Monte Vulture war einer der wenig bekannten Schätze der Basilikata.
    »Wie alle guten Dinge muss er langsam genossen werden.« Er küsste sie sanft auf die Stirn. »Pass auf dich auf.«
    Den Tränen nahe umarmte sie ihn noch einmal, und in diesem Moment fuhr

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