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Gottesgericht

Gottesgericht

Titel: Gottesgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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tragen. Ich wurde an einen Strand gespült und lief in ein nahes Dorf.«
    »In dem Bericht, den ich gelesen habe, stand, du warst ziemlich krank.«
    »Ja. Ich hatte mich mit einer Sorte Leberegel infiziert, die man sich mit nicht durchgegartem Fisch holt. Die Larven der Parasiten dringen vom Darm in die Gallenwege und die Leber vor und wachsen dort zu Würmern heran. Die daraus resultierende Krankheit heißt Chlonorchiasis. Sie ist für sich genommen schon ziemlich übel, aber sie ist außerdem eine der wenigen Parasiteninfektionen, die nachweislich Krebs begünstigt.«
    »Und daher hast du also …«
    Er nickte. »Die reinste Ironie, nicht? So haben sie mich am Ende doch noch gekriegt.«
    »Gekriegt?«
    »Ich sterbe, Jane. Höchstens noch ein Monat.«
    Jane schluckte schwer. »Das tut mir leid, Liam«, war alles, was sie herausbrachte. Sie widerstand dem Drang, eine lahme Bemerkung hinterherzuschicken wie: Bist du sicher? Und sie wusste, dass es sinnlos war, Lavelle nach Heilmethoden oder alternativen Therapien zu fragen. Stattdessen entschuldigte sie sich und ging zur Toilette. Dort stützte sie sich auf das Handwaschbecken, atmete tief durch und bemühte sich um Fassung. Sie schaute in den Spiegel und sah, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie rupfte ein paar Tücher aus dem Karton und wischte sie fort. Großer Gott, er ist zum Sterben nach Hause gekommen. Was musste ihm jetzt durch den Kopf gehen? Gab es etwas, was sie für ihn tun konnte? Ihre Gedanken wogten hin und her, und um sich abzulenken, zog sie das Handy aus der Handtasche, das sie im Restaurant auf stumm gestellt hatte.
    Das Erste, was sie bemerkte, war die Uhrzeit. Sie musste die Kinder, einschließlich Karen und Joshua, abholen und sah, dass sie jetzt bereits zu spät dran war. Dann überprüfte sie ihre Nachrichten, und die erste war eine SMS von Debbie, die sie vor einer Stunde abgeschickt hatte: Sie würde alle Kinder einsammeln und in eine 3-D-Vorschau des Zauberers von Oz mit ihnen gehen. Und anschließend gab es Burger und Pommes. Jane war enorm erleichtert, und im nächsten Moment hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie erleichtert war. Die zweite SMS stammte von Joe Brady: Brigadeboss droht eine Deutsche und einen Ägypter um 16.00 zu verstümmeln und demonstriert bereits im Internet, was er vorhat.
    Bis zum Ende der Frist war es noch etwas mehr als eine Stunde. Aber noch einmal würden es die Türken doch sicherlich nicht zulassen.
    Auf dem Rückweg von der Toilette stellte Jane fest, dass sie und Lavelle die letzten beiden Gäste im Restaurant waren. Als sie wieder auf die Bank rutschte, sagte sie: »Tut mir leid, ich musste einen Anruf entgegennehmen.«
    »Ich wollte nicht so melodramatisch sein«, erwiderte er, da er ihre Flunkerei durchschaute. »Aber es gibt wohl keinen Weg, jemandem zu sagen, dass man dabei ist, den Löffel abzugeben, ohne ein bisschen überspannt zu klingen.«
    Jane musste gegen ihren Willen lächeln. Lavelle machte es ihr leicht.
    »Wie nimmt es Mary auf?« Jane wünschte jetzt, sie hätte die Flasche bestellt.
    »Nicht allzu gut. Dass ich mich so in mein Schicksal ergebe, meine ich. Sie will, dass ich zu irgendeinem Quacksalber mit ›dem Heilmittel‹ gehe. Aber ich habe dieses ganze Zeug mit Rettung in letzter Minute in den vergangenen Monaten durchgemacht. Dass sie irgendwie ein Wundermittel für diese ganz bestimmte Form von Krebs entdecken – und genau zu dem Zeitpunkt, wo ich es brauche. Wie groß ist diese Chance wohl, hm?« Er wandte den Blick von Jane ab. »Ach, da bist du ja, Deirdre …«
    Die Kellnerin drückte sich wartend in der Nähe des Tischs herum. »Alles in Ordnung?«, fragte sie.
    »Ja. Und du bist uns bald los«, versicherte ihr Lavelle. »Ist das in Ordnung für dich?«, fragte er Jane.
    »Natürlich. Ich muss noch ein paar Dinge für die Sendung erledigen. Diese Geschichte in Istanbul …«
    »Merkwürdige Sache. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es um die Hagia Sophia überhaupt nicht geht.«
    »Ach ja? Warum nicht?«
    Lavelle stand auf und kam auf Janes Seite. »Niemand plant eine derart ausgefeilte Operation wie diese und stellt dann vollkommen unrealistische Forderungen. Das ergibt keinen Sinn.«
    »Dann waren zwei Millionen Dollar als Forderung in deinem Fall also realistisch?«
    »Das war damals der gängige Preis für Ausländer.«
    »Und wer hat ihn bezahlt?«, fragte Jane und rutschte ebenfalls von der Bank.
    »Die philippinischen Behörden. Nicht direkt, sondern über

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