Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gottesopfer (epub)

Titel: Gottesopfer (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
Vom Netzwerk:
Eintritt zahlen. Juri reckte ständig den Hals, um seine drei Hofdamen zu entdecken, und Sam versuchte zum zwanzigsten Mal, Lina zu erreichen – wieder ohne Erfolg.
    Endlich betraten sie den Palas. Eigentlich bestand er aus drei Stockwerken, doch nur der untere Teil war für das Fest zugänglich gemacht worden. Zuerst kamen sie in eine Vorhalle, ein Kreuzgewölbe, das scheinbar von einer einzigen Säule in der Mitte mit einem reich verzierten Kapitell getragen wurde. An den Wänden hingen Fackeln und tauchten den Raum, der lediglich zwei Erkerfenster besaß, in diffuses Licht.Am anderen Ende des Raumes führte eine dunkle Holztür in den Festsaal. Sam und Juri schoben sich mit der Masse darauf zu und erreichten schließlich die Halle. Dort standen an die dreißig schwere Holztische mit Bänken, an denen die Leute allmählich Platz nahmen. Auf den Tischen befanden sich bereits Teller, Becher aus Zink, Messer, Holzschüsseln mit Kartoffeln, Brotlaibe und Krüge mit Wein und Bier. Manche Gäste hatten sogar ganz stilecht ihre eigenen Trinkhörner mitgebracht, die sie neben die Teller legten.
    Langsam füllten sich die Bänke. Sam und Juri entdeckten in dem Gedränge den Professor und die drei Hofdamen und setzten sich zu ihnen an den Tisch. Ihnen gegenüber saßen ein Mönch, ein Henker und ein Mann mit einer Narrenkappe. Kaum hatten sie Platz genommen, hörten sie vom anderen Ende des Saales eine tiefe Stimme: »Seid gegrüßt, edles Volk zu Burghausen!«
    Sam sah auf. Am Kopfende einer langen Tafel stand ein grauhaariger Mann, über dessen glänzende Ritterrüstung ein offenbar mit Gold durchwebter Mantel fiel. Das ist wohl der Burgherr, dachte Sam.
    Â»Holde Recken und Maiden, wir laden ein zum großen Gelage unseres mittelalterlichen Festes! Lasset euch die Gaumenfreuden schmecken und trinket auf die Gesundheit!«
    An allen Tischen wurden Kelche, Krüge und Hörner gehoben, und der ganze Raum grölte: »Auf die Gesundheit!«
    Und dann ging das große Fressen los. Die Krüge mit Wein und Bier wurden von Mann zu Mann gereicht, dann die Schalen mit Kartoffeln, und schließlich wurden auf großen Tabletts Spanferkel hereingetragen und in die Mitte der Tische gestellt.
    Â»Gibt’s hier keine Gabeln?«, fragte Juri irritiert und sah auf das einsame Messer neben seinem Teller.
    Der Professor lachte. »Nein, edler Herr, wir essen nur mit den Fingern und den Messern. Wohl bekomm’s!«
    Das ließen Sam und Juri sich nicht zweimal sagen. Sie langten kräftig zu und hatten plötzlich vergessen, warum sie hier waren. Beide genossen dieses Gelage in vollen Zügen. Ein bisschen erinnerte es Sam an die Schlussszene bei Asterix und Obelix , wenndas ganze Dorf am Ende eines Abenteuers zusammen feiert. Während er sich ein Stück Fleisch in den Mund schob, betrachtete er die Leute, die mit ihnen am Tisch saßen. Vor allem dieser Henker schien ein komischer Kauz zu sein, er ließ ihn und Juri keinen Moment aus den Augen. Auf einmal hob er seinen Kelch und rief: »Auf die Gesundheit und die Liebe!« In kräftigen Zügen trank er seinen Becher leer und füllte gleich wieder nach. Sam prostete ihm zu und nahm einen kleinen Schluck von seinem Weinbecher.
    Plötzlich lehnte sich der Mönch quer über den Tisch. Sam sah etwas Metallenes in seiner Hand aufblitzen, etwas, das viel größer war als die kleinen Messer, die auf den Tischen lagen. Er wich erschrocken zurück und fiel dabei beinahe von der Bank. Juri hatte die Bewegung aus dem Augenwinkel gesehen und reagierte sofort. Seine Hand schnellte nach vorne und schloss sich wie eine Schraubzwinge um den Arm des Mönches. Diesem fiel klappernd ein großes Messer aus der Hand. Empört sah der Mönch Juri an. »Was ist denn, man wird sich ja wohl noch ein Stück von dem Fleisch nehmen dürfen! Oder willst du das alles alleine essen?«
    Auch die anderen blickten missbilligend zu Juri. Es herrschte Totenstille am Tisch. Der Professor lehnte sich zu ihm und Sam herüber und erklärte, dass es im Mittelalter durchaus üblich gewesen sei, zu einem Festmahl sein eigenes Messer mitzubringen, dann grinste er, spießte Sams Fleischstück auf und legte es sich auf den eigenen Teller. Sam wollte protestieren, sah aber, dass auch Juris Teller plötzlich leer war und der ungläubig auf sein Gegenüber starrte. Jeder am Tisch sah

Weitere Kostenlose Bücher