Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gottesopfer (epub)

Titel: Gottesopfer (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
Vom Netzwerk:
Dominik kam den beiden entgegen, begrüßte Lina freundlich und bat sie, Platz zu nehmen.
    Lina setzte sich und sah sich um. Drei Jugendliche, zwei Mädchen und ein Junge zwischen fünfzehn und siebzehn Jahren, saßen an der Wand links von ihr. Sie lümmelten auf ihren Stühlen und wirkten gelangweilt, als hätten sie hier nichts verloren. Der Junge kaute an seinen Fingernägeln und spuckte sie auf den Boden. Direkt links neben Lina saß eine Frau um die vierzig. Sie hatte braun gelockte, schulterlange Haare, war dezent geschminkt, trug eine Brille und schlichte schwarze Kleidung. Auf Linas rechter Seite saß noch eine weitere Frau, sie war das krasse Gegenteil der anderen. Ungepflegte Erscheinung, die Haare strohig und schlecht gefärbt mit einem leichten Grünstich. Die Fingernägel abgebrochen, und die Kleidung war verschlissen. Ihr gegenüber saß eine junge Frau, etwa so alt wie Lina selbst.
    Christina und Pater Dominik setzten sich nun ebenfalls. Der Pfarrer sah lächelnd in die kleine Runde.
    Â»Ich möchte kurz etwas sagen, bevor wir beginnen. Wir haben uns heute hier versammelt, um wie immer Antworten auf unsere Fragen zu bekommen. Daneben hat mich eine Mutter gebeten, ihrer Tochter und deren Freunden zu zeigen, was für Folgen eine spiritistische Sitzung haben kann, wenn man sie aus reiner Neugierde abhält. Ich hoffe auf die guten Geister, die wir rufen werden. Für diejenigen, die das erste Mal dabei sind: Das ist Isabella, unser Medium. Durch sie wird, sofern er es möchte, ein hoher Geist sprechen und uns Fragen beantworten.«

    Isabella war die junge Frau in Linas Alter. Sie hatte ihre blonden Haare zu einem Zopf gebunden, war dünn und hatte eine blasse Haut, die am Kiefer so durchscheinend war, dass man dort ein Geflecht von feinen blauen Äderchen sah.
    In diesem Moment ging die Tür auf, und ein weiterer Gast kam herein: ein junger Mann, etwa Mitte dreißig. Er setzte sich neben die Frau mit den gelockten Haaren. Er hatte hellbraunes Haar, das sich am Hinterkopf schon lichtete, war groß und schlacksig und trug eine rostbraune Cordhose, ein gestreiftes Hemd und darüber einen braunen Strickpullover. Er schlug die Beine übereinander und setzte sich kerzengerade hin.
    Lina war der Mann auf den ersten Blick unsympathisch. Er hatte etwas Überhebliches an sich und machte den Eindruck, als würde er nicht allzu viel von dieser Runde halten. Sie sah zu Pater Dominik, der jetzt anfing, das Vaterunser zu beten. Bis auf die drei Jugendlichen fielen alle ein. Als das Gebet beendet war, sackte Isabella plötzlich in sich zusammen. Lina sprang auf, wollte sich ihrer annehmen, doch Pater Dominik hob die Hand, als Zeichen dafür, dass alles in Ordnung war. Im gleichen Moment richtete sich das Medium auch schon wieder auf. Die Augen geschlossen, saß sie wieder gerade auf ihrem Stuhl. Dann begann sie mit sanfter weicher Stimme zu sprechen. Monoton und ohne lauter oder leiser zu werden, wie eine Feder, die sacht zu Boden schwebt. »Ihr Lieben, Gott ist mit euch.«
    Â»Erlaubst du uns heute, ein paar Fragen zu stellen?«, fragte Pater Dominik.
    Â»Du weißt, dass ihr alle Antworten in euren Herzen tragt.«
    Pater Dominik machte eine Geste in die Runde, um die Teilnehmer aufzufordern, eine Frage zu stellen. Doch bevor jemand etwas sagen konnte, sprach das Medium wieder: »Aber ich fühle Angst, und Angst zerstört. Du hast zwei Schutzengel, Lina. Die meisten haben nur einen. Verschließe dich nicht. Du bist selbst ein Medium. Aber die Geister werden nicht durch dich sprechen, sondern sie werden dich ihre Antworten schreiben lassen.«

    Lina war überrascht, dass sie angesprochen wurde, ohne laut eine Frage gestellt zu haben. Plötzlich sah sie hinter Pater Dominik Schatten, doch war sie offenbar die Einzige, denn keiner der anderen reagierte auf die Gestalten.
    Â»Hab keine Angst. Du hast die Fähigkeit zu sehen, deshalb suchen die Geister dich heim. In der Praxis, wo du arbeitest, gibt es viele erdgebundene Geister, Geister, die denken, sie wären noch mit ihrem ehemaligen Körper verbunden. Du musst nur lernen zu unterscheiden, mit welchen Geistern du es zu tun hast. Du bist in der Vergangenheit oft von niederen Geistern heimgesucht worden. Wir haben es zugelassen. Wir wollten dich prüfen. Du bist auf dem richtigen Weg, Lina. Alles hat seine Ordnung. Was du jetzt nicht verstehst, wirst du später

Weitere Kostenlose Bücher