Gottesopfer (epub)
verstehen. Bete zu Gott, und du wirst lernen.«
Die junge Frau saà unbeweglich da und hatte die Augen immer noch geschlossen. Der Geist hatte die Frage beantwortet, die Lina vorgehabt hatte zu stellen. Sie war noch ganz ergriffen, als die Frau mit den grünstichigen Haaren fragte: »Kann man durch Karten und Astrologie die Zukunft vorhersagen?«
»Die Karten haben keine Bedeutung, genauso wenig wie die Astrologie. Die Sterne, die ihr seht, existieren schon seit langer Zeit nicht mehr. Sie sind nur noch eine Erinnerung. Du fragst nach Zeit, aber Zeit und Raum existieren nicht. Lass dich nicht davon leiten.«
Als Nächster meldete sich der Nägel kauende Junge zu Wort: »Wenn es einen Gott gibt, warum gibt es dann so viele Naturkatastrophen und Kriege auf der Welt?« Er grinste arrogant und war sichtlich davon überzeugt, eine besonders clevere Frage gestellt zu haben. Um Bestätigung heischend, sah er seine Freunde an, doch sie erwiderten seinen Blick nicht. Sein Grinsen verschwand, und er kaute weiter auf seinen Nägeln, während die sanfte Stimme des Mediums den Raum erfüllte.
»Die Erde ist aus den Fugen geraten. Es gibt zurzeit keinen Ort auf dieser Welt, der keine offenen Wunden trägt, der nicht zu bedauern ist und über den man nicht einen Fluss von TränenvergieÃen könnte. Der Mensch hat die Katastrophe ausgelöst, nicht Gott. Ihr Menschen führt Kriege und füllt eure Herzen nur mit Hass. Hass ist Dunkelheit, nicht Licht. Gott ist das Licht, und ihr seid ein Teil von ihm, aber wenn ihr eure Herzen mit Hass füllt, weicht das Licht. Der Hass schadet allem, der Natur, euren Nachbarn, euren Familien, euch selbst. Und euer Hass hat keine Grenzen. In diesem Moment bist du selbst voller Hass, weil du heute hier bist. Dabei solltest du froh sein, denn ihr habt ein Spiel mit dem Jenseits gespielt, um eure irdische Zukunft zu erfahren. Niedere Geister haben sich einen Spaà mit euch erlaubt, denn es ist uns nicht erlaubt, euch zu sagen, wie die Zukunft aussieht. Die niederen Geister nehmen Besitz von eurem Geist und quälen euch mit Albträumen.«
Die beiden Mädchen blickten betreten zu Boden.
»Ihr könnt sogar körperlich geschwächt werden, dass die Folge Krankheit oder sogar der Tod ist, wenn ihr die falschen Geister ruft. Also seid dankbar und lernt«, sprach der Geist aus der jungen Frau.
»Was ist der wahre Glaube?«, fragte der Mann, den Lina so unsympathisch fand und der immer noch so gerade saÃ, als hätte er einen Stock verschluckt.
»Wahrer Glaube ist, den Menschen zu zeigen, dass es einen Gott gibt, der nicht reich ist. Unser Gott hat sich bescheiden gezeigt und hat sich nicht in edle Kleider gehüllt. Wahrer Glaube trägt keine Diamantringe, keine Krone und kein goldenes Zepter. Wahrer Glaube macht keine Unterschiede zwischen Reichen und Armen. Wahrer Glaube zeigt keinen Hochmut. Ein wahrer Vertreter Gottes zeigt sich bescheiden, erfährt am eigenen Leib, was Hunger ist. Wahrer Glaube steht nicht für Prunk, Pracht und Pomp, wie er leider auch von vielen Geistlichen praktiziert wird.«
Der Mann sah das Medium skeptisch an. Offensichtlich war er nicht ganz einverstanden mit der Antwort. »Tauge ich denn als Diener Gottes?«, fragte er weiter. Lina war überrascht. Sie konnte nicht glauben, dass der Mann ein Priester war.
»Es gibt nur wenige, die auserwählt sind, aber viele meinen, auserwählt zu sein. Finde es selbst heraus.«
Dann trat Stille ein. Nach einer Pause sagte das Medium: »Gott segne euch.«
Isabella sackte plötzlich in sich zusammen, doch wie vorhin richtete sie sich gleich darauf wieder auf. Sie öffnete die Augen, und Pater Dominik gab ihr etwas zu trinken. Dann stand er auf. Er sah müde und erschöpft aus. Die Temperatur im Raum war deutlich gesunken. Lina fror plötzlich. Ihre Hände und FüÃe waren so kalt, als hätte sie sie unter eisiges Wasser gehalten. Während sich die Runde auflöste, die Teilnehmer sich langsam anzogen und das Pfarrhaus verlieÃen, winkte Pater Dominik Lina zu sich.
»Lina, haben Sie irgendwelche Fragen zu dem heutigen Abend? Ich denke, es war sehr eindeutig, fanden Sie nicht?«
Lina nickte, aber sie war immer noch unsicher. »Was soll ich denn jetzt machen?«
»Das bleibt Ihnen überlassen. Beten Sie und Sie werden verstehen.«
Als Lina sich umdrehte, waren die anderen bereits gegangen. Lina
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