Gottessoehne
bleckte ihre weiß schimmernden spitzen Zähne. Sie griff nach dem silbernen Amulett an ihrer Halskette, presste es an sich und schloss kurz die Augen. »Barbelo«, befahl sie mit tiefer Stimme, »vollstrecke jetzt, gemäß deiner Bestimmung.« Die engelsgleiche Frau drückte ihre beiden weiblichen Geiseln auf ein Sofa. Mit ihrer zarten, überirdischen Stimme sang sie eine melancholische Melodie, und über die Frau und das Kind legte sich eine unnatürliche Betäubung. Lilith streckte sich, sie schien vor dem am Boden liegenden Mann in die Höhe zu wachsen. »So, du hast deine Taten bereut und hoffst auf die Gnade Gottes. Jetzt wollen wir doch einmal sehen, wie lange du an die Güte Gottes glaubst, wenn deine Frau vor deinen Augen zum Krüppel wird und deine süße Tochter in ein ewiges Koma fällt.«
»Nein, nein, bitte nicht! Warum tust du das, Lilith?« Er richtete sich halb auf und hob seine Hände bittend zu der schwarzhaarigen Frau.
»Weil ich es kann! Barbelo!?« Wie ein schutzsuchendes Tier stürzte der alte Mann plötzlich auf Barbelo zu und umgriff ihre Beine. Sie wich vor seiner Berührung zurück, dabei zerriss ihr Rock aus dünnem violettem Stoff. Ein schwarzes, mit borstigen grauen Haaren übersätes Bein schoss unkontrolliert hervor. Es war so dünn, wie ein Stock, ähnlich dem eines Insektes. Die widerliche Gliedmaße zuckte wie von einem Krampf geschüttelt und traf den Mann an der Schulter. Die Wucht riss ihn vom Boden und er wurde zwei Meter zurückgeschleudert. Ein unnatürlich hoher Schrei erfüllte den Raum und Barbelo sprang rückwärts in die hinterste Ecke des Wohnzimmers. Auf allen Vieren kletterte sie wie ein riesiges Insekt die Wand hoch, wo sie dann an der Decke mit gebleckten Zähnen verharrte. Schlagartig waren Mutter und Tochter aus dem tranceartigen Zustand erwacht und schrien vor Entsetzen. Die junge Mutter drückte das Gesicht des Kindes gegen ihre Brust.
Lilith seufzte. »George, was hast du denn da angestellt? Du solltest uns Frauen doch besser kennen. Wir mögen es nicht, wenn unsere Problemzonen zum Vorschein kommen. Barbelo, Süße, sei ein gutes Mädchen und komm wieder runter. Du musst doch noch deine Aufgabe erledigen.« Sie bewegte eine Hand in Richtung der Zimmerdecke an dem das weibliche Wesen noch immer hing und der Rock verdichtete sich wieder. Die Frau mit den bernsteinfarbenen Augen und der Engelsstimme sprang auf den Boden. Sie ging auf das Sofa zu, zog die vor Angst zitternde junge Mutter auf die Beine, umfasste ihre Hüften, und mit einem Ruck brach sie ihr die Wirbelsäule. Mit einem Aufschrei stürzte die Frau hilflos zu Boden und das kleine Mädchen rief: »Mama, Mama, was hast du?«
Unbeirrt legte Barbelo ihre Hände um den zarten Kopf des Kindes, drückte ihn und das Mädchen verdrehte die Augen. Wie eine leblose Puppe rutschte es von der Couch. Der Vater hatte sich die Hände vors Gesicht geschlagen und schrie seinen Schmerz von der Seele.
Lilith stellte sich vor ihn. »Und nun verrate ich dir das beste an der ganzen Geschichte. In ein paar Minuten werdet ihr vollkommen vergessen haben, dass wir hier waren. Betrachte es als ein kleines Abschiedsgeschenk von mir, denn zu meinen vielen Talenten zählt die Gabe, dass ich Menschen vergessen lassen kann. Du wirst den Krankenwagen rufen in der Hoffnung, dass irgendein überbezahlter, blasierter Arzt deine Frau und das Kind wieder kurieren wird. Natürlich wird das nicht geschehen. Und man wird sich fragen, wie kam es dazu, dass Browns Frau und sein Kind am gleichen Tag so schwer verunglückten. War es ein Unfall oder hat Brown selbst Hand angelegt? Und Gott, der wird euch auch nicht helfen. Was denkst du? Wie stark wird dein Glaube dann sein?« Sie trat einen Schritt zurück. »Barbelo, du hast deine Sache gut gemacht. Komm, lassen wir diesen Trottel mit seiner Familie allein.«
Sie verließen das Haus und traten in den vom Mond beschienen Garten. Barbelo griff nach ihrer Halskette. »Ich habe mein Amulett verloren.« »Wie konnte das passieren?« »Es ist mir bestimmt runtergefallen, als ich der Mutter das Rückgrat gebrochen habe. Ich muss zurück um es zu holen.« »Dann mach schnell, ich will nicht riskieren, dass uns hier jemand sieht.«
Der Mann saß vor seiner am Boden liegenden Frau und versuchte sie aufzurichten. Das Kind lag wie leblos daneben.
»Was willst du noch hier«, brüllte er hasserfüllt, als er Barbelo erblickte. »Hast du uns nicht schon genug gequält?«
Barbelo legte einen
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