Gottesstreiter
eingebüßt zu haben.«
»Die Zeit verging, Katharinas Bauch wuchs schnell und wurde ansehnlich, und der Verursacher dieses Wunders blieb weiterhin
unbekannt. Johann von Biberstein schäumte vor Wut, und ganz Schlesien erging sich in Gerüchten. Aber hundert Silbermark sind
keine geringe Summe. So fand sich denn einer, der Licht in die Angelegenheit brachte. Einer, der am Überfall und am Raub beteiligt
gewesen war, ein gewisser Notker von Weyrach. Er war nicht so töricht, an die Straffreiheit zu glauben, und wollte die Sache
lieber aus sicherer Entfernung erledigen. Mit Hilfe seiner Verwandten, der Bolz ’ auf Zeiskenberg, vor denen er, in Anwesenheit
eines Priesters und auf das Kreuz, seine Aussage beschworen hatte. Da kam dann die Sache ans Licht. Nämlich du, mein Ephebe!«
»Der verehrten Tochter des hochgeschätzten Herrn Johann, |397| schwor Weyrach, hätten die Entführer Achtung gezollt, keiner habe sie auch nur mit einem Finger angerührt, ja nicht einmal
mit einem verwegenen Blick bedacht. Leider habe sich in der geachteten Gesellschaft der Raubritter durch puren Zufall ein
ausgemachter Bandit, Schurke und Sittenstrolch, dazu auch noch ein Magier, befunden. Jener nun, der gegen Herrn Johann wohl
einen Groll gehegt habe, habe den Entführern das Mädchen durch Magie geraubt. Und es dann vergewaltigt. Wohl auch durch schwarze
Magie, da sich das Mädchen nun an nichts mehr erinnern könne. Jener Schurke und Vergewaltiger sei unter dem Decknamen Reinmar
von Hagenau aufgetreten, aber Nachrichten würden sich rasch verbreiten, zwei und zwei sei schließlich vier, und Öl schwimme
immer an der Oberfläche. Daher sei dieser kein anderer als Reinmar von Bielau gewesen, den sie Reynevan nennen.«
»Und das hat er beim Kreuz geschworen? Wahrhaftig, der Himmel ist geduldig!«
»Auch ohne Kreuz hätte man Weyrachs Enthüllungen Glauben geschenkt«, entgegnete sie lachend. »Die Meinung über Reinmar von
Bielau stand in Schlesien ohnehin schon fest, denn er hatte zuvor bereits Magie benutzt, um sich Frauen gefügig zu machen ... Es genügte, sich an die Affäre mit Adele von Sterz zu erinnern ... Du bist ein wenig blass geworden, scheint mir. Aus Angst?«
»Nein, nicht aus Angst.«
»Dacht ich’s mir! Aber zur Sache: Die Aussagen des Raubritters stellte keiner in Frage, niemand zweifelte daran. Außer mir.«
»Aha?«
»Weyrach schwor, sie hätten nur ein Mädchen entführt, die Tochter von Biberstein nämlich. Nur sie allein. Das andere Fräulein
habe man beim Wagen zurückgelassen und ihm befohlen, die Lösegeldforderung zu überbringen ... Möchtest du etwas sagen?«
»Nein.«
|398| »Und dich wundert an der ganzen Geschichte nichts?«
»Nichts.«
»Nicht einmal, dass die Verfolger jenes zweite Fräulein, Jutta de Apolda, nicht fanden? Dass tags darauf beide Mädchen nach
Stolz zurückkehrten? Zusammen, obwohl, schenkte man Weyrach Glauben, die eine im Verlauf eines Tages zweimal entführt wurde
und die andere kein einziges Mal? Selbst das wundert dich nicht?«
»Selbst das nicht.«
»So wenig verwundert kannst du gar nicht sein!« Sie verzog plötzlich den Mund, und in ihren blauen Augen blitzte Zorn auf.
»Also verspottest du mich!«
»Ihr tut mir Unrecht, Herrin, wenn Ihr mich verdächtigt, Euch zu verspotten. Oder, was wahrscheinlicher ist, Ihr treibt Euren
Spott mit mir!«
»Wie das mit den Mädchen gewesen ist, weißt du selbst am besten, aus erster Hand sozusagen. Du bist dort gewesen, das leugnest
du nicht, du warst an dem Überfall beteiligt. Weyrachs Aussage deutet auf dich als den Vater des Kindes von Katharina von
Biberstein, du selbst streitest das auch nicht ab, sondern scheinst vorschlagen zu wollen, dass es zu dieser Begegnung im
besten Einvernehmen gekommen ist. Was seltsam erscheint, ja geradezu unwahrscheinlich ... Aber auch das ist nicht ausgeschlossen ... Du wirst abwechselnd rot und blass, mein Junge. Das lässt tief blicken!«
»Natürlich!«, brauste er auf. »Das muss es wohl auch! Ich werde von vornherein als schuldig angesehen. Ich bin ein Vergewaltiger,
dies hat eine derart glaubwürdige Person wie Notker von Weyrach, ein Räuber und Bandit, bezeugt. Als Peiniger und Schänder
der Tochter von Biberstein will er mich umbringen lassen. Selbstverständlich, ohne mir eine Möglichkeit zu geben, mich zu
rechtfertigen. Und dass einer, der zu seiner Hinrichtung geführt wird, abwechselnd rot und blass wird? Und
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