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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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von Leuten nieder, die uns wohlgesinnt sind. Umso weniger den unserer Verbündeten.«
    Lange Zeit herrschte Schweigen. Es war so still, dass man hörte, wie die Windspiele ihre Flohstiche bekratzten.
    »Alle raus!«, brüllte der Ritter plötzlich sein Gefolge an. »Raus! Weg hier! Alle! Aber sofort!«
    »Im Hinblick auf Bündnis und Freundschaft«, ließ sich Hermann Zettritz der Jüngere, Herr auf Schwarzwaldau, vernehmen, sobald
     sie allein waren, »im Hinblick auf eine künftige Zusammenarbeit   ... einen künftigen gemeinsamen Kampf und Waffenbrüderschaft   ... und das Teilen der Beute, selbstverständlich   ... Könnten wir wohl, Bruder Böhme, die Einzelheiten besprechen?«
     
    Gleich hinter dem Tor gaben sie den Pferden die Sporen. Von Westen her verdunkelte sich der Himmel, er wurde nahezu schwarz.
     Der Sturm heulte in den Wipfeln der Tannen und riss vertrocknetes Laub von den Eichen und Hainbuchen.
    »Herr Vlk!«
    »Was ist?«
    »Danke! Danke für die Befreiung!«
    Der eisenäugige Priester wandte sich im Sattel um.
    »Ich brauche dich, Tybald Raabe. Ich brauche Informationen.«
    »Ich verstehe.«
    »Das bezweifle ich. Ach, Raabe, noch eines.«
    »Ich höre, Herr Vlk.«
    »Wage es nie wieder, meinen Namen laut auszusprechen!«
     
    |148| Das Dorf musste genau an dem Weg gelegen haben, den die Truppen Baštinas von Porostle, die nach dem Überfall auf das Grüssauer
     Kloster im letzten Jahr die Gegend zwischen Landeshut und Waldenburg ausgeplündert hatten, nahmen. Etwas an diesem Dorf musste
     den Widerwillen der Hussiten erregt haben, denn es war davon einzig und allein verbrannte Erde übrig geblieben, aus der nur
     hie und da noch etwas herausragte. Auch von der Dorfkirche war kaum noch etwas vorhanden, nur noch so viel, dass man erkennen
     konnte, dass dies einmal ein Kirchlein gewesen war. Lediglich ein Kreuz am Wege und der hinter den mit Asche bedeckten Resten
     des Gotteshauses gelegene, mit Erlengestrüpp überzogene Friedhof waren unversehrt geblieben.
    Der Wind ächzte, kämmte die bewaldeten Berghänge und überzog den Himmel mit einer schwarzgrauen Wolkendecke.
    Der eisenäugige Priester hielt sein Pferd an, drehte sich im Sattel um und wartete, bis Tybald Raabe herangeritten war.
    »Steig ab!«, befahl er ihm. »Ich habe dir gesagt, dass du mir ein paar Informationen geben musst. Jetzt und hier.«
    »Hier? An diesem gespenstischen Ort, der nichts Gutes verheißt? Neben dem Friedhof? In der Abenddämmerung? Unter freiem Himmel,
     und wo es jeden Augenblick anfängt zu schütten? Können wir denn nicht in einer Schenke reden, beim Bier?«
    »Ich habe mich deinetwegen schon deutlicher zu erkennen gegeben, als mir lieb ist. Ich will nicht, dass man mich mit dir zusammen
     sieht. Oder mit dir in Verbindung bringt. Deshalb   ...«
    Er verstummte, weil er sah, dass sich die Augen des Goliarden vor Schreck weiteten.
    Das, was sie zuerst sahen, war ein wildes Aufjagen schwarzer Vögel, die aus dem Gestrüpp, das den Friedhof umstand, ängstlich
     emporflatterten. Dann erblickten sie den Reigen.
    Eines nach dem anderen, eine Reihe bildend, sich bei den Händen haltend, erschienen von der Friedhofsmauer her Skelette, die
     sich in ungestümen, grotesken Sprüngen wanden. Die |149| einen waren nackt, andere waren unvollständig bekleidet, wieder andere nur mit zerrissenen Resten von Bahrtüchern bedeckt,
     so tanzten sie, wiegten sich und sprangen herum, warfen die knöchernen Füße, Schienbeine und Oberschenkel, wobei sie rhythmisch
     mit ihren zahnlückigen Kiefern klapperten. Der Wind stöhnte, er heulte wie ein Verdammter, pfiff durch Rippen und Becken und
     spielte auf den Schädeln wie auf einer Okarina.
    »Der Totentanz«, seufzte Tybald Raabe,
»la danse macabre   ...«
    Dreimal umkreiste der Reigen der Skelette den Friedhof, dann zogen sie in den Wald, der die Hänge überzog, immer noch im Tanzschritt.
     Hüpfend und klappernd zogen sie in einer Wolke aus Blättern und von der Brandstätte aufgewirbelter Asche dahin. Scharen von
     schwarzen Vögeln begleiteten sie die ganze Zeit über. Später, als die gespenstischen Tänzer im Dickicht verschwunden waren,
     bezeichneten die ruhelos über den Wipfeln kreisenden Vögel ihren Weg.
    »Ein Zeichen   ...«, brachte der Goliarde mühsam stotternd hervor. »Ein Omen! Eine Seuche wird kommen   ... Oder der Krieg   ...«
    »Vielleicht das eine und das andere«, der Eisenäugige zuckte mit den Achseln. »Es sieht ganz so aus, als würden die

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