Gottesstreiter
Risiko, verraten oder provoziert zu werden, wächst ... Ich verstehe ja, Bruder Prokop interessieren die Schwierigkeiten nicht, sondern nur Ergebnisse, Resultate ... Sagt ihm, dass wir tun, was wir können. Wir tun das Unsrige. Ich tue das Meinige. Ich folge den Prinzipien unserer Zunft
und tue das Meinige ...«
»Ich bin nicht auf Inspektion hier«, warf der Eisenäugige gelassen ein. »Ich habe lediglich meine Aufgaben in Schlesien zu
erfüllen. Euch habe ich aus dreierlei Gründen aufgesucht.
Primo,
Ihr seid am besten abgeschottet, und mir liegt ein wenig an meiner eigenen Sicherheit.
Secundo,
ich benötige Eure Hilfe.«
Der Magister atmete erleichtert auf, schluckte und hob etwas mutiger den Kopf.
»Und
tertio
?«
»Ihr braucht Hilfe von Prokop. Hier ist sie.«
|143| Der Eisenäugige knüpfte sein Bündel auf und entnahm ihm einen großen Packen, der mit einem Lammfell und einem Riemen umschnürt
war. Als er den Packen auf den Tisch warf, schepperte er und verriet seinen Inhalt durch ein gedämpftes Klirren. Der Agent
streckte seine Hand danach aus. Seine knochige, mit Altersflecken übersäte Hand glich einer Sperberkralle.
»Genau das brauchen wir«, sagte er, als er den Packen berührte. »Gold und einen siegesgewissen Geist. Wenn mir Prokop noch
mehr Gold schickt und noch ein paar Siege in der Größenordnung von Tachau, dann gehört Schlesien übers Jahr ihm.«
Numquam tibi sanguinis huius / ius erit aut magno feries impre ... imperdita Tydeo / pectora; vado equidem exsul ... exsultans ...
Au! Aua!
»Ihr sagtet«, der
magister scholarum
schloss das kleine Fenster, »dass Ihr Hilfe von mir erwartet?«
»Hier ist eine Liste von Dingen, die ich benötige. Bemüht Euch rasch darum.«
»Hmm ... Das wird erledigt.«
»Ich muss mich auch mit Urban Horn treffen. Benachrichtigt ihn. Er soll nach Oppeln kommen.«
»Horn ist nicht in Schlesien. Er musste fliehen. Jemand hat ihn verraten, sie hätten ihn beinahe erwischt. In Militsch hat
er einen Schergen des Bischofs getötet und einen anderen schwer verwundet ... Ha, wie in einer Ritterromanze ... Jetzt ist er wohl in Großpolen. Genau weiß ich es nicht. Als Spezialagent untersteht Horn mir nicht, er muss mir nicht
Bericht erstatten.«
»Dann Tybald Raabe. Holt ihn her.«
»Damit gibt es auch ein Problem. Tybald sitzt im Kerker.«
»Wo? Bei wem?«
»Auf Schloss Schwarzwaldau. Bei Herrn Hermann von Zettritz dem Jüngeren.«
»Besorgt mir ein gutes Pferd.«
|144| Ritter Hermann von Zettritz der Jüngere, Herr auf Schwarzwaldau, saß mit gespreizten Beinen auf einem Stuhl, der an einen
Thron erinnerte. Die Wand hinter ihm bedeckte ein rußgeschwärzter Gobelin, der aller Wahrscheinlichkeit nach den Paradiesgarten
vorstellte. Zu Füßen des Ritters lagen zwei selten schmutzige Windspiele. Nebenan, hinter dem gedeckten Tisch, saß das Gefolge
des Ritters, nur unwesentlich sauberer als die Windspiele, das sich aus fünf bewaffneten Burgmannen und zwei Weibsbildern
von leicht zu erratender Profession zusammensetzte.
Hermann von Zettritz strich sich die Brotkrümel von Bauch und Familienwappen, dem Kopf eines Auerochsen, rot und silbern,
und blickte von oben auf den Priester herab, der in der erniedrigenden Pose eines Bittstellers vor ihm stand.
»Ach ja«, wiederholte er. »Ja, das ist wohl so, Pfaffe. Wie heißt du noch gleich? Ich hab’s vergessen.«
»Pater Apfelbaum.« Der Priester hob die Augen. Sie hatten die Farbe von Eisen, wie Zettritz feststellen konnte.
»Also, so ist das!« Er schob die Unterlippe nach vorne. »So ist das, Pfaffe Apfelbaum. Dieser bereits erwähnte Tybald Raabe
sitzt in meinem Kerker. Ich habe den Lumpenhund eingesperrt. Weil er ein Häretiker ist.«
»Wirklich?«
»Spottlieder hat er auf die Pfaffen gesungen, über den Heiligen Vater ist er hergezogen. Hat ein Scherzbild herumgezeigt,
auf dem Papst Martin V. im Schweinestall steht und die Schweinchen betrachtet, der Papa ist der Dritte von links, der mit
der Tiara auf dem Kopf. Haaaha – haa – haa –haaaa!«
Zettritz kamen vor Lachen die Tränen, seine Burgmannen taten es ihm gleich. Eines der Windspiele begann zu bellen und bekam
einen Tritt. Der eisenäugige Ankömmling lächelte starr.
»Ich habe ihn aber ermahnt«, der Ritter wurde wieder ernst, »mir die Untertanen nicht aufzuhetzen. Sing du, hab ich zu ihm
gesagt, verdammt noch eins, Lieder, so viel du willst, Lieder über Wyclif und den
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