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Gotteszahl

Gotteszahl

Titel: Gotteszahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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die Lippe.
    »Ich weiß nicht, ob es richtig von mir ist, dir das zu erzählen«, sagte Silje, ohne ihren Blick loszulassen. »Du bist ja nicht bei der Polizei. Rein offiziell, meine ich.«
    Inger Johanne schwieg.
    »Andererseits gehe ich davon aus, dass du in Verbindung mit deinem Forschungsprojekt von den zuständigen Behörden sozusagen eine General-Vollmacht besitzt. Ich halte es für selbstverständlich, dass du weitreichende Befugnisse besitzt, was Zugang zu unseren Strafsachen bedeutet, jedenfalls wenn wir den Verdacht haben, dass es sich um Hasskriminalität handelt.«
    Inger Johanne öffnete den Mund zum Widerspruch.
    Silje hob abwehrend die Hand. »Ich gehe davon aus, habe ich gesagt! Ich habe nicht vor, dich zu fragen. Ich sage nur, was ich annehme. Damit ich dir das hier zeigen kann.«
    Sie zog ein Blatt Papier aus der Schublade, musterte es einen Moment und reichte es dann Inger Johanne.
    Die nahm das Blatt und rückte ihre Brille zurecht.
    Auf dem Zettel standen drei Namen und drei Daten.
    »Ich kenne den Namen von Marianne Kleive«, sagte sie. »Aber bei den beiden anderen ahne ich nicht …«
    »Runar Hansen«, fiel Silje ihr ins Wort. »Am 19. November im Sofienbergpark niedergeschlagen und getötet. Hawre Ghani. Minderjähriger Asylbewerber, der …«
    »Sofienbergpark«, unterbrach Inger Johanne. »Ost- oder Westseite?«
    »Ostseite«, sagte Silje mit einem fast unmerklichen Lächeln. »Und von Hawre Ghani hast du vielleicht gehört. Wir haben seine Leiche am letzen Adventssonntag aus dem Hafenbecken gefischt.«
    Inger Johannes Mund war wie ausgedörrt. Sie sah sich nach etwas zu trinken um, aber von ihrem Kakao war nur noch ein brauner Belag in der Tasse übrig.
    »Er war«, sagte Silje und hielt den Atem zu einer Kunstpause an, »unter sehr viel anderem auch Stricher.«
    »Ich muss etwas trinken«, sagte Inger Johanne.
    »Wir wissen nicht genau, wann er ermordet worden ist, aber es gibt Grund zu der Annahme, dass es am 24. November war. Gemäß einer Zeugenaussage ist er an diesem Tag mit einem Freier losgezogen. Seither ist er nicht mehr gesehen worden. Der Zeitpunkt passt zu den Ergebnissen der Rechtsmedizin.«
    »Ich muss nur schnell zur Toilette«, sagte Inger Johanne. »Ich muss ganz einfach einen Schluck trinken.«
    »Hier«, sagte Silje und nahm eine Flasche Mineralwasser aus dem Schrank hinter sich. »Ich kann schon verstehen, dass das einen gewissen Eindruck auf dich macht. Du hast zwei und zwei schneller zusammengezählt als wir. Das alles hängt mit …«
    »Euch fehlt ein Mord am 27. November«, sagte Inger Johanne.
    Ihr wurde immer heißer. Der Schraubverschluss wollte sich nicht von der Flasche drehen lassen.
    »Das alles kann Zufall sein«, sagte sie nun und hörte, wie schrill ihre Stimme klang.
    »Das glaubst du doch selbst nicht. Und du irrst dich. Uns fehlt kein Mord am 27. November. Als mein Kollege und ich am Dienstag einen auffälligen Zusammenhang zwischen den drei Fällen gesehen haben, für die ich im Moment die Verantwortung trage …«
    Sie beugte sich über den Tisch und zeigte auf die Flasche. Inger Johanne reichte sie ihr, und mit geschickter Handbewegung schraubte Silje den Verschluss ab.
    Sie gab die Flasche zurück und sagte: »Es ist ziemlich bedenklich, wenn eine Hauptkommissarin allein für drei Morde verantwortlich ist. Ich hatte sogar vier, aber den vierten konnte ich an einen Kollegen abgeben. Ich hielt den Fall zunächst für Routinekram: Ein Wagen kam in Maridalen von der Straße ab, und da auf dieser lebensgefährlichen Strecke niemand die Geschwindigkeitsbegrenzung einhält, starb die Fahrerin. Der Fall wurde als Autounfall behandelt. Dann kam heraus, dass die Bremsen möglicherweise … manipuliert worden waren. Das wusste ich inzwischen auch, aber was ich nicht geahnt hatte, war, dass das Opfer, eine Schwedin namens Sophie Eklund, mit Katie Rasmussen zusammengelebt hat.«
    Inger Johanne brauchte einige Sekunden. Sie hatte die Mineralwasserflasche schon zur Hälfte geleert. »Parlamentsmitglied«, sagte sie endlich. »Sprecher der Schwulenbewegung der Sozialdemokraten.«
    »Ich glaube, sie wird lieber als Sprecher in bezeichnet.«
    »Glaubst du … Richtete sich die Sabotage gegen sie? Ist ihre Lebensgefährtin durch ein Versehen ums Leben gekommen?«
    »Ich weiß oder glaube rein gar nichts. Ich sage dir nur, dass deine absurde Theorie ein wenig zu plausibel wirkt, als dass ich sie so einfach zurückweisen könnte.«
    »Es kann sich

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