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Gotteszahl

Gotteszahl

Titel: Gotteszahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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Tageszeit?«
    »Ja. Er ist krank geworden. Nur eine Halsentzündung, aber mit Fieber und … Es geht ihm ziemlich schlecht.«
    Yngvar sah für einen Moment den triefnassen, zitternden Lukas Lysgaard vor sich.
    »Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«, fragte Astrid.
    »Nein, an sich nicht.«
    Er konnte fließendes Wasser hören, dann wurde eine Tür geschlossen.
    »Doch«, sagte er plötzlich. »Es geht nur um eine Kleinigkeit. Nichts Wichtiges, aber statt einen Kranken zu stören, kann ich ja auch Sie fragen. Es geht um den … Zufluchtsraum Ihrer Schwiegermutter.«
    Er lachte herzlich. Am anderen Ende war alles still.
    »Sie wissen, das Zimmer im Erdgeschoss, wo sie hingegangen ist, wenn sie nicht schlafen konnte. Dort, wo …«
    »Ich weiß, welches Zimmer Sie meinen. Aber ich war fast nie da. Worum geht es?«
    »Da stehen vier Bilder«, sagte Yngvar leichthin. »Familienbilder und ein Porträt, wenn ich es richtig in Erinnerung habe. Ich wüsste nur gern, von wem dieses Porträt ist?«
    »Die Frau mit …«
    Die Stimme brach ab, wie von einer Axt gekappt.
    »Hallo«, sagte Yngvar. »Sind Sie noch da?«
    »Ja. Nein, ich weiß nicht, wer sie ist. Ich kann Lukas fragen, wenn er aufwacht.«
    »Nein, nur das nicht. Quälen Sie ihn nicht mit Kleinigkeiten. Ich rufe ihn übermorgen an.«
    »Sonst noch etwas?«
    »Nein. Wünschen Sie ihm gute Besserung von mir.«
    »Danke, das richte ich aus. Auf  Wiederhören.«
    Die Verbindung wurde unterbrochen, ehe er den Gruß erwidern konnte. Er ließ sich wieder zurücksinken und verschränkte die Hände im Nacken.
    Jetzt wusste er immerhin, dass das Bild eine Frau zeigte.
    Er verspürte einen Hauch von schlechtem Gewissen, als er sich überlegte, dass er Astrid belogen hatte. Aber wahrscheinlich hatte sie ebenfalls gelogen. So, wie sie mitten im Satz verstummt war, musste er doch annehmen, dass ihr etwas eingefallen war.
    Etwas, das sie nicht mit ihm teilen wollte.
    Und das konnte immerhin bedeuten, dass er auf der richtigen Spur war.

Detektivin wider Willen
    Seine Unterhose lag auf dem Boden. Die Bremsspur war abscheulich deutlich zu sehen, sogar auf dem dunkelgrünen Baumwollstoff. Sie packte den Hosenbund mit Daumen und Zeigefinger und ging ins Badezimmer, um sie in den Korb für schmutzige Wäsche zu werfen. Da er offenbar Verdauungsstörungen hatte, wollte sie die Hose hinterherwerfen. Die lag gleich hinter der verschlossenen Schlafzimmertür. Die Socken hatte sie unterwegs aufgelesen. Leise öffnete sie die Tür und trat ein. Es roch nach Krankheit, und sie riss die Balkontür weit auf. Sie atmete zweimal tief ein, ehe sie sich zu ihm umdrehte.
    Er schlief so tief, dass er nicht auf den eiskalten Luftzug reagierte. Seine Haare wurden schon schütter. Die Geheimratsecken waren in den vergangenen beiden Jahren immer tiefer geworden, aber ihr fiel zum ersten Mal auf, dass er oben eine kahle Stelle bekam. Das berührte etwas in ihr, er wirkte so verletzlich, wie er dort lag.
    »Lukas«, sagte sie leise und ging zum Bett.
    Er schlief weiter.
    Sie setzte sich auf die Bettkante und fuhr ihm vorsichtig über die Haare.
    »Lukas«, sagte sie noch einmal, jetzt lauter. »Du musst aufwachen.«
    Er grunzte und versuchte, sich die Decke über den Kopf zu ziehen. »Ich will schlafen«, murmelte er. »Geh weg.«
    »Nein, Lukas, gleich muss ich die Kinder holen, und vorher muss ich unter vier Augen etwas mit dir besprechen. Etwas Wichtiges.«
    »Das muss warten. Es tut so weh  … «
    Er schluckte laut und jammerte. »Im Hals!«
    »Yngvar Stubø hat angerufen.«
    Die Decke hob und senkte sich nicht mehr. Sie merkte, wie er sich verspannte, und fuhr ihm noch einmal über den Kopf.
    »Er hatte eine seltsame Frage«, sagte sie leise. »Und ich muss dich auch etwas fragen.«
    »Mein Hals. Der brennt.«
    »Gestern«, fing sie an und räusperte sich. »Gestern Vormittag hatte ich Kopfschmerzen. Da wir kein Paracet mehr hatten, wollte ich mir eine von deinen Migränepillen holen.«
    Er fuhr hoch. »Bist du verrückt«, fauchte er, »diese Pillen sind verschreibungspflichtig und nur für mich bestimmt. Ich weiß nicht mal, ob sie noch gegen andere Kopfschmerzen helfen oder nur gegen Migräne.«
    »Reg dich ab«, sagte sie ruhig. »Ich habe keine genommen. Aber ich muss zugeben, dass ich deine Schublade aufgemacht habe und …«
    »Du hast was getan?«
    Seine Stimme kippte ins Falsett um.
    »Ja, ich wollte nur …«
    »Da geben wir uns alle Mühe, den Kindern beizubringen, dass sie

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