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Gotteszahl

Gotteszahl

Titel: Gotteszahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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erwähnt. Diese verrückten Mörder aus den USA haben ihn aus anderen Gründen umgebracht, Bjarne! Sie wissen ja wohl nichts von einem Stück Papier, das in Anwalt Fabers Kanzlei in einem alten Eichenschrank verstaubt.«
    Sie redete sich in Rage. »Was für ein Unsinn«, sagte sie wütend und wandte sich wieder der Anrichte zu.
    »Ich rufe die Polizei an«, sagte Bjarne trotzig. »Ich kann anrufen, ohne zu sagen, wer ich bin, und dann kann ich sie bitten, bei Faber nach einem Testament zu fragen, in dem Niclas Winter bedacht wird. Sie haben solche Nummern, weißt du, wo man anrufen kann, ohne sich vorstellen zu müssen. Das mache ich, Vera. Und zwar jetzt.«
    Vera stöhnte demonstrativ und fuhr sich mit der schmalen Hand über die Haare. »Du rufst die Polizei nicht an. Wenn jemand hier im Haus mit der Ordnungsmacht spricht, dann ich. Ich kann wenigstens erklären, wieso ich …«
    Wieder fuhr sie sich nervös über den gut frisierten Kopf. »… Zugang zu diesem Testament habe«, fügte sie hinzu.
    »Dann tu es endlich«, sagte Bjarne wütend. »Ruf sie an.«
    Sie knallte das Messer auf den Tisch und musterte ihn mit dem strengsten Blick, den sie zustande brachte, aber er ließ sich nicht beeindrucken. Trotzig wie ein Bengel starrte er sie an.
    »Na gut«, sagte sie mürrisch und ging zum Telefon.
    »Das war Yngvar Stubø«, sagte Lukas erstaunt und legte das Telefon auf den Tisch. »Er ist unterwegs hierher.«
    »Warum das denn? Hast du nicht gesagt, dass er nach Oslo zurückgefahren ist?«
    Immerhin sprach sein Vater jetzt wieder. Ein wenig.
    »Er ist heute offenbar zurückgekommen.«
    »Warum hat er angerufen?«
    »Er will mit dir sprechen. Persönlich.«
    »Mit mir? Warum?«
    »Das … das weiß ich nicht. Aber er hat gesagt, dass es wichtig ist. Er hat gesagt, dass er versucht hat, dich anzurufen. Hast du den Stecker vom Festanschluss herausgezogen?«
    Lukas bückte sich und schaute hinter dem Sessel des Vaters nach. »Das darfst du nicht. Vater. Man muss dich doch erreichen können.«
    »Ich kann ja wohl verlangen, in Ruhe gelassen zu werden.«
    Lukas gab keine Antwort. Eine vage Unruhe ließ ihn im Zimmer hin und her laufen. Erst jetzt fiel ihm auf, dass im Haus seit Weihnachten nicht mehr geputzt worden war. Abgesehen davon, dass der Stapel der abonnierten Zeitungen neben dem Fernseher meterhoch aufragte, war alles aufgeräumt. Der Vater hielt Ordnung, mehr aber auch nicht. Als Lukas mit einem Finger über das Büfett fuhr, hinterließ er eine blanke Spur. Die Weihnachtskrippe stand auch noch vor der Wand. Die Birne in dem großen Glaskasten war durchgebrannt, und die einst so stimmungsvolle Szene war zu einer düsteren Erinnerung an ein Weihnachtsfest reduziert worden, das er lieber vergessen hätte. Als er zum Sofa in der Ecke des L-förmigen Wohnzimmers ging, fegten die Wollmäuse an den Fußbodenleisten entlang. Er blieb stehen, gerade außer Sichtweite seines Vaters, und schnupperte.
    Es roch nach altem Mann. Altem Haus. Nicht direkt schlecht, aber muffig und unangenehm.
    Lukas beschloss, sauber zu machen, und ging auf den Flur, um aus der Besenkammer Eimer und Putzmittel zu holen. Wenn er sich richtig erinnerte, stand dort auch der Staubsauger. Als ihm einfiel, dass Yngvar Stubø jeden Moment vor der Tür stehen könnte, überlegte er sich die Sache anders.
    »Ich glaube, wir sollten ein wenig lüften«, sagte er laut und ging zum Wohnzimmerfenster.
    Er mühte sich mit dem Fensterhaken ab und schnitt sich in den Daumen, als der Haken endlich nachgab. »Zum Henker«, sagte er in Gedanken und steckte den Finger in den Mund.
    Dass Yngvar Stubø schon wieder in Bergen war, konnte ein gutes Zeichen sein. Die Nachforschungen gewannen offenbar an Tempo. Lukas hatte an diesem Tag noch keine Nachrichten gehört oder Zeitungen gelesen, aber Stubø hatte optimistisch gewirkt, als er gestern Morgen angerufen hatte.
    Lukas hatte süßlichen Eisengeschmack auf der Zunge und musterte seinen verletzten Daumen. Als er sich aus dem Medizinschränkchen seiner Mutter ein Pflaster holen wollte, hörte er die Türklingel.
    Mit dem Finger im Mund ging er öffnen.
    »Komm rein«, sagte Silje Sørensen laut und schaute zur Tür hinüber.
    Inger Johanne öffnete vorsichtig und steckte den Kopf ins Zimmer.
    »Herein«, sagte die Hauptkommissarin noch einmal und winkte ihr zu. »Schön, dass du selbst kommen kannst. Dieser Zeitungskram macht mir noch Verfolgungswahn, und Yngvar meinte, du müsstest mich sofort auf den neuesten

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