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Gotteszahl

Gotteszahl

Titel: Gotteszahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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Schlagzeile sah, schnappte er nach Luft.
    »Bist du krank, Papa? Hast du deshalb so lange geschlafen?«
    »Nein, das nicht. Nur erkältet. Tausend Dank für das Frühstück. Vielleicht darf ich das genießen und ein bisschen in der Zeitung lesen, dann komm ich runter?«
    Er sah Rolf nicht einmal an.
    »Alles klar«, sagte Cusi und lief weg.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte Rolf. »Kann ich dir sonst noch was bringen?«
    »Alles bestens. Sehr lieb von dir. Bin in einer halben Stunde unten, okay?«
    Rolf zögerte, musterte ihn forschend. Marcus zwang sich zu einer gleichgültigen Miene und blätterte demonstrativ weiter.
    »Mach es dir gemütlich«, sagte Rolf und verließ ebenfalls das Zimmer.
    Es schien nicht von Herzen zu kommen.
    »Ich wollte eigentlich unter vier Augen mit Ihnen reden«, sagte Yngvar Stubø und ließ seinen Blick von Erik zu Lukas und zurück wandern. »Um ganz ehrlich zu sein, würde ich mich dann wohler fühlen.«
    »Um ganz ehrlich zu sein«, erwiderte Erik, »ist es im Moment nicht ganz so wichtig, unter welchen Umständen Sie sich wohler fühlen würden.«
    »Meine Güte«, murmelte Yngvar.
    Erik war wirklich aufgelebt. Bei ihren früheren Begegnungen hatte seine Gleichgültigkeit an Apathie gegrenzt. Jetzt hatte der magere Witwer etwas Aggressives, fast Feindseliges. Yngvar zögerte, er hatte sich auf eine Unterredung mit einem Mann in einem ganz anderen Gemütszustand vorbereitet.
    »Ich habe es ziemlich satt«, sagte Erik. »Ich habe es satt, dass Sie immer wieder hier aufkreuzen, ohne etwas bieten zu können. Wenn ich Lukas richtig verstanden habe, dann hat es bei der Ermittlung einen Durchbruch gegeben. Da möchte man doch meinen, Sie hätten Besseres zu tun, als hier herumzusitzen. Wenn Sie mich noch weiter mit diesem Spaziergang meiner Frau belästigen wollen, dann …«
    Plötzlich schien all seine Energie verbraucht zu sein, und er sackte buchstäblich in sich zusammen. »Ich will nichts sagen, habe ich gesagt. Ich will nicht.«
    »Das ist auch nicht nötig«, sagte Yngvar ruhig. »Ich weiß, wohin Eva Karin unterwegs war.«
    Langsam hob Erik den Kopf. Seine Augen hatten keine Farbe mehr. Das Weiße war bläulich geworden, und die vielen Tränen schienen das Blaue aus der Iris gespült zu haben. Yngvar hatte noch nie einen so leeren Blick gesehen. Er hatte keine Ahnung, was er sagen solle.
    »Lukas«, sagte Erik, jetzt ganz ruhig. »Geh bitte.«
    Die Zeit kann wieder weitergehen, dachte Martine Brække und zündete ein Streichholz an.
    Das Bild von Eva Karin, das normalerweise auf dem Nachttisch stand, wo niemand es sah, stand jetzt im Wohnzimmer. Das hatte der Polizist vorgeschlagen. Er hatte sie gefragt, ganz zuletzt, ob sie kein Bild habe. Wortlos hatte sie es geholt, und der kräftige Mann hatte es zwischen den Händen gehalten. Lange. Fast hatte es ausgesehen, als kämpfe er mit den Tränen.
    Sie hielt das Streichholz an den Docht der großen weißen Kerze. Die Flamme war blass, fast unsichtbar, und Martine stand auf, um die Deckenlampe auszuschalten. Für einen Moment blieb sie stehen, dann nahm sie einen kleinen roten Christstern und stellte ihn neben das Bild auf die Fensterbank. Das Glitzerspray auf den Blättern funkelte.
    Eva Karin lächelte sie an.
    Martine zog einen Stuhl ans Fenster und setzte sich.
    Eine große Erleichterung überkam sie. Es war so, als ob sie endlich eine Art Anerkennung erhalten habe. Bisher hatte sie ihre Trauer um Eva Karins Tod ganz allein tragen müssen, wie sie auch fast fünfzig Jahre lang ihr Leben mit Eva Karin in Einsamkeit getragen hatte. Als Erik am Tag nach dem Mord bei ihr aufgetaucht war, hatte sie ihn eingelassen. Sie hatte es sofort bereut. Er war gekommen, um eine Gemeinschaft zu verspüren. Er wollte mit der einzigen anderen zusammen trauern, die Eva Karin so gekannt hatte, wie sie wirklich gewesen war. Aber Martine hatte rasch erkannt, dass sie nichts zu teilen hatten. Sie hatten Eva Karin geteilt, aber jetzt ging er sie nichts an, und sie hatte ihn abgewiesen, ohne eine Träne zu vergießen.
    Dieser groß gewachsene Polizist war etwas anderes.
    Er behandelte sie mit Respekt. Bewunderung fast, als er durch ihr kleines Wohnzimmer ging und leise mit ihr sprach. Das Einzige, wonach er fragte und was er als Grund seines Besuchs bezeichnete, war, ob sie jemals einem anderen Menschen von ihrer Beziehung zu Eva Karin Lysgaard erzählt habe.
    Natürlich hatte sie das nicht. Das war ihr Gelübde gewesen, damals, an dem sonnigen Maitag

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