Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)
seinen Gästen mit einem von Zufriedenheit und guter Laune verklärten, und gleich dem Erntemonde, runden und fröhlichen Gesichte umher. Seine gastfreien Aufmerksamkeiten waren kurz, aber ausdrucksvoll; sie beschränkten sich auf einen Händedruck, einen Schlag auf die Schulter, ein lautes Lachen, und eine gelegentliche Aufforderung: »zuzugreifen und sich selbst zu bedienen.«
Nun aber lud der Ton der Musik aus dem gemeinschaftlichen Zimmer oder dem Saale zum Tanz ein. Der Musiker war ein alter, grauköpfiger Neger, der seit länger als einem halben Jahrhunderte das wandernde Orchester der Nachbarschaft gewesen war. Sein Instrument war so alt und gebrechlich, als er selbst. Den größten Theil der Zeit kratzte er auf zwei oder drei Saiten, wobei er jeden Strich des Bogens mit einer Bewegung des Kopfes begleitete; sich beinahe bis zur Erde beugend, und mit dem Fuße stampfend, sobald ein neues Paar anfangen sollte.
Ichabod that sich auf seinen Tanz eben so viel zu gut, als auf seine Stimme. Kein Glied, keine Faser an seinem ganzen Körper war dabei müssig; und wenn Ihr seine locker zusammenhängenden Glieder in voller Bewegung gesehen und im Zimmer umherrasseln gehört hättet, würdet Ihr geglaubt haben, St. Veit selbst, der gebenedeite Patron des Tanzes, träte in eigner Person vor Euch auf. Er war der Gegenstand der Bewunderung aller Neger, die, von allen Altern und Gestalten, aus der Meierei und der Nachbarschaft herbeigekommen waren und an jeder Thür und jedem Fenster eine Pyramide glänzend schwarzer Gesichter bildend, umherstanden, das Schauspiel mit Entzücken betrachtend, wobei sie ihre weißen Augen hin und her rollten, und den Mund, mit Reihen von Zähnen wie Elfenbein besetzt, von einem Ohr zum andern aufrissen. Wie konnte auch der Bubenpeitscher anders, als lebendig und fröhlich sein? die Geliebte seines Herzens war seine Tänzerin, und lächelte holdselig zu allen seinen verliebten Blicken; während Brom Bones, gequält von Liebe und Eifersucht, in sich selbst hineinbrütend, in einem Winkel saß.
Als der Tanz zu Ende war, fühlte sich Ichabod zu einem Haufen weiserer Leute hingezogen, welche mit dem alten van Tassel rauchend an dem einen Ende der Vorhalle saßen, von frühern Zeiten schwatzend und lange Geschichten aus dem Kriege erzählend.
Zu der Zeit, von welcher es sich hier handelt, gehörte diese Gegend zu den hochbegünstigten und war an geschichtlichen Erinnerungen eben so reich, wie an berühmten Männern. Die englische und amerikanische Armee hatte, während des Krieges, nicht weit davon sich getummelt, und dieser Strich war mithin der Schauplatz aller Plänkeleien und voll von Flüchtlingen, Kühjungen und allen übrigen Gränzrittern gewesen. Auch hatte dieses Alles gerade vor so langer Zeit sich ereignet, daß jeder Erzähler seine Mähr mit kleinen nöthigen Zusätzen ausschmücken, und, bei der Unbestimmtheit seiner Erinnerungen, sich selbst zum Helden einer jeden That machen konnte.
Da war die Geschichte von Doffue Martling, einem gewaltigen blaubärtigen Holländer, der mit einem alten Neunpfünder. welcher auf einer Lehmschanze stand, beinahe eine englische Fregatte weggenommen hätte, wenn nicht seine Kanone bei dem sechsten Schuß gesprungen wäre. Und da war ein alter Herr, den ich nicht nennen will, weil er ein zu reicher Mynherr ist, als daß man ihn so obenhin nur nennen könnte, und der in der Schlacht von Whiteplains, als ein guter Fechter, eine Musketenkugel mit dem kurzen Degen parirte, so daß er sie ganz deutlich um die Klinge sausen und an dem Gefäße abspringen gefühlt hatte; zum Beweise dessen war er jederzeit erbötig, den Degen mit dem etwas verbogenen Gefäß vorzuzeigen. Auch mehrere Andere rühmten sich, eben so groß im Felde gewesen zu sein, und es gab gewiß keinen, der nicht die vollkommene Ueberzeugung gehabt hätte, daß er wesentlich dazu beigetragen habe, den Krieg zu einem glücklichen Ende zu bringen.
Alles dieß war indeß nichts gegen die Geister-und Erscheinungsgeschichten, welche folgten. Die Gegend ist reich an Sagenschätzen dieser Art. Ortssagen und abergläubische Meinungen gedeihen am besten in solchen abgelegenen, lange bewohnten Winkeln; aber sie gehen im Munde der ewig wandernden Menge, welche die Bevölkerung unserer meisten ländlichen Ortschaften bildet, allmählich verloren. Ueberdieß gibt es für die Geister gar keine Ermunterung in den meisten unserer Dörfer; denn kaum haben sie Zeit gehabt, ihren ersten Schlaf zu thun, und
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