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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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Gegenwart seiner Geliebten lächerlich zu machen, und er hatte einen schändlichen Hund, den er so abrichtete, daß er auf die komischste Art winseln mußte, und diesen führte er als einen Nebenbuhler Ichabod’s ein, um sie im Psalmensingen zu unterrichten.
    Auf diese Art gingen die Sachen eine Zeitlang fort, ohne daß die gegenseitige Lage der streitenden Mächte sich wesentlich verändert hätte. An einem schönen Herbstnachmittage saß Ichabod, in Gedanken versunken, auf dem hohen Stuhle, von welchem er das, was in seinem kleinen wissenschaftlichen Reiche vorging, zu beobachten pflegte. In seiner Hand schwang er einen Stecken, das Scepter der despotischen Macht; das Birkenreis der Gerechtigkeit ruhte auf drei Nägeln hinter seinem Throne, ein starkes Schreckbild für alle Uebelthäter; während auf dem Schreibpult vor ihm allerhand Contreband-Artikel und verbotene Waffen, welche bei den müßigen Buben gefunden worden, zu sehen waren; halb verzehrte Aepfel, Knallbüchsen, Brummkreisel, Fliegenkäfige, und ganze Legionen kleiner, springender, papierner Vögel. Allem Anscheine nach war erst ganz kürzlich eine sehr eindrucksvolle Handlung der Gerechtigkeit vorgenommen worden, denn seine Schüler waren alle sehr aufmerksam über ihren Büchern beschäftigt, oder flüsterten leise hinter denselben, mit einem Auge auf den Lehrer gerichtet; und eine Art summender Stille herrschte in der ganzen Schulstube. Sie ward plötzlich durch die Erscheinung eines Negers, in einer packleinwandnen Jacke und weiten Beinkleidern, mit dem Bruchstücke eines runden Hutes, einem Merkurshute ähnlich, auf dem Kopfe, und auf einem struppigen, wilden, halbzugerittenen Füllen sitzend, das er, in Ermangelung eines Zaumes, mit einem Stricke lenkte, unterbrochen. Er kam klappernd an die Thür des Schulhauses mit einer Einladung an Ichabod, an einer lustigen Gesellschaft oder einem »Lust-Essen,« welches an diesem Abend bei Mynheer van Tassel stattfinden sollte, Theil zu nehmen, und, als er seine Botschaft mit der wichtigen Miene und mit dem Wortgepränge, womit ein Neger kleine Sendungen dieser Art auszurichten pflegt, überliefert hatte, setzte er über den Bach, und sprengte dann die Schlucht hinauf, voll von der Wichtigkeit und Eile seiner Botschaft.
    In der eben noch so ruhigen Schulstube war jetzt Alles in Bewegung und Aufruhr. Die Schüler mußten ihre Lektion in der Eile durchmachen, ohne anzuhalten, oder bei Kleinigkeiten zu verweilen; die Behenderen unter ihnen überhüpften ungestraft die Hälfte, und die Langsameren erhielten dann und wann eine kräftige Ermunterung auf den Rücken, um sie zur Eile anzutreiben und ihnen über ein schwieriges Wort hinwegzuhelfen. Die Bücher wurden an die Seite geschleudert, ohne daß sie auf die Bretter gestellt wurden, Dintefässer umgeworfen, Bänke umgestürzt und die ganze Schule eine Stunde früher als gewöhnlich entlassen, so daß sie wie eine Legion junger Teufelchen herausstürzte, und vor Freude über ihre zeitige Freilassung auf dem Grün umher laut belferte und tobte.
    Der zierliche Ichabod brachte jetzt wenigstens eine halbe Stunde länger als sonst bei der Toilette zu, bürstete und putzte seinen besten, und in der That einzigen, verschossenen schwarzen Anzug heraus, und brachte sein Haar vor einem Stück zerbrochenen Spiegel, das im Schulhause hing, in Ordnung. Um vor seiner Gebieterin in dem echten Styl eines Cavaliers zu erscheinen, lieh er sich ein Pferd von dem Landmann, bei welchem er gerade wohnte, einem cholerischen alten Holländer, Namens Hans van Ripper, und zog nun, stattlich im Sattel sitzend, auf, wie ein irrender Ritter, der Abenteuer sucht. Ich muß indessen, in dem wahren Geiste der Romanschreibung, eine Art von Bericht über das Aussehen und die Ausstaffirung meines Helden und seines Rosses geben. Das Thier, welches ihn trug, war ein abgearbeitetes Ackerpferd, welches beinahe nichts mehr behalten hatte, als seine Fehler. Es war hager und rauh, mit einem Schafshals und einem Kopfe wie ein Hammer; seine rostige Mähne und der Schweif waren verwickelt und voller Kletten; ein Auge hatte die Sehkraft verloren und war starr und gespenstig; das andere hatte eine wahre Teufelsgluth in sich. In seiner Jugend mußte es indessen Feuer und Kraft gehabt haben, wenn man nach seinem Namen Gunpowder (Schießpulver) urtheilen durfte. Es war in der That das Lieblingspferd seines Herrn, des cholerischen van Ripper, gewesen, der ein wilder Reiter war, und höchst wahrscheinlich dem

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