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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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aus welcher die Literatur der Sprache fließt, wie ganz steht es in seiner Macht, und wie gewiß ist es seine Pflicht, sie zu der Dolmetscherin freundlicher und großartiger Gefühle zu machen – zu einem Strome, auf welchem beide Völker einander begegnen, und aus dem sie in Frieden und Freundschaft schöpfen! Sollte es indessen darauf bestehen, ihn in bitteres Wasser zu verwandeln, so dürfte wohl eine Zeit kommen, wo es seine Thorheit bereuen möchte. Die gegenwärtige Freundschaft Amerika’s mag ihm vielleicht von geringer Bedeutsamkeit sein; allein das spätere Schicksal dieses Landes ist wohl nicht zweifelhaft; über dem von England hängen manche Wolken der Ungewißheit. Sollten also die trüben Tage eintreten, sollte das Unglück hereinbrechen, von dem selbst die stolzesten Reiche nicht verschont geblieben sind, so mag es mit Bedauern auf seine Verblendung zurückblicken, die es verleitete, ein Volk so von seiner Seite zu stoßen, das es an seinen Busen hätte drücken sollen, und so die einzige Aussicht auf wahre Freundschaft zu zerstören, welche es über die Grenzen seiner eigenen Besitzungen hinaus finden konnte.
    Es ist die allgemeine Ansicht in England, daß die Bewohner der Vereinigten Staaten gegen das Mutterland feindselig gesinnt seien. Es ist dies einer von den Irrthümern, welche von hinterlistigen Schriftstellern absichtlich verbreitet worden sind. Es herrscht ohne Zweifel eine bedeutende politische Feindseligkeit, und eine allgemeine Empfindlichkeit über die Unfreisinnigkeit, welche sich die englische Presse gegen Amerika zu Schulden kommen läßt; aber im Ganzen genommen, ist doch das Volk sehr für England eingenommen. In der That, diese Vorliebe stieg während einer Zeit in einigen Gegenden der vereinten Staaten zu einem thörigen Grade von Vergötterung. Der bloße Name »Engländer« war ein Freibrief auf das Vertrauen und die Gastfreundschaft jeder Familie, und lieh nur zu oft Werthlosen und Undankbaren eine vorübergehende Beliebtheit. In dem ganzen Lande war eine Art von Begeisterung mit dem Gedanken an England verknüpft. Wir blickten dahin mit einem geheiligten Gefühle der Zärtlichkeit und Verehrung, als zu dem Lande unsrer Voreltern – dem erhabenen Aufbewahrungsorte der Denkmäler und Alterthümer unseres Geschlechts – dem Geburtsorte und Grabdenkmale der Weisen und Helden unserer väterlichen Geschichte. Nach unserem eigenen Lande gab es keines, in dessen Ruhme wir uns mehr erfreuten – keines, dessen gute Meinung wir sehnlicher für uns zu haben wünschten – keines, gegen das unsere Herzen mit solchem Pulsschlage warmer Verwandtschaft sich ausdehnten. Selbst während des letzten Krieges war es, so oft nur die geringste Gelegenheit sich darbot, wo freundliche Gefühle sich zeigen konnten, für die großartigen Gemüther unseres Landes ein Hochgenuß, zu zeigen, daß sie, mitten unter Feindseligkeiten, doch die Funken künftiger Freundschaft noch glimmend zu erhalten suchten.
    Soll dieß Alles nun zu Ende sein? Soll dieses goldene Band verwandter Gefühle, unter Völkern so selten, auf ewig zerrissen sein? – Vielleicht ist es noch das beste – es mag ein Blendwerk zerstören, welches uns in einer geistigen Sclaverei erhalten haben dürfte, das gelegentlich mit unserem wahren Vortheil in Berührung gekommen sein, und die Ausbildung des wahren Nationalstolzes verhindert haben möchte. Allein es ist hart, das Band der Verwandtschaft aufgeben zu müssen – und es gibt Gefühle, welche uns theurer sind, als unser Vortheil – welche unserm Herzen näher liegen, als der Stolz – welche uns noch einen Blick des Bedauerns zurückwerfen lassen, wenn wir weiter und weiter von dem väterlichen Dache wandern, und welche die Härte des Vaters beklagen werden, der die Liebe des Kindes zurückstieß. Kurzsichtig und unüberlegt jedoch, wie das Benehmen Englands bei diesem System der Verläumdung sein mag, würde eine Vergeltung von unserer Seite doch gleich übel angebracht sein. Ich spreche nicht von einer entschlossenen und durchgreifenden Ehrenrettung unseres Vaterlandes, noch von der schärfsten Züchtigung der Verläumder desselben, – sondern ich beziehe mich auf eine Neigung, mit gleichem Maaße zurück zu messen; Spott mit Spott zu vergelten, und ebenfalls Abneigung zu erregen; was unter unseren Schriftstellern weit um sich zu greifen scheint. Laßt uns gegen eine solche Stimmung vorzüglich auf unserer Hut sein, denn sie würde das Uebel verschlimmern, statt dem Unrecht

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