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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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abzuhelfen. Nichts ist so leicht und einladend, als Beleidigung und Spott zurückzugeben; allein es ist ein gemeiner und unnützer Streit. Es ist die Zuflucht eines krankhaften Gemüths, das eher zur Erbitterung geneigt, als von einem lebendigen Unwillen entflammt ist. Wenn England willens ist zuzugeben, daß kleinliche Handelseifersucht, oder die rachsüchtige Erboßtheit der Politik, die Reinheit ihrer Presse beflecken, oder die Quelle der öffentlichen Meinung vergiften, so wollen wir uns wenigstens hüten, diesem Beispiele zu folgen. England mag es seinem Vortheil angemessen halten, Irrthümer zu verbreiten und Abneigung zu erzeugen, in der Absicht, die Auswanderung zu verhindern; wir haben keiner Absicht der Art zu fröhnen. Auch haben wir keinen Geist der Volks-Eifersucht, den wir befriedigen müßten, denn bis jetzt sind wir, bei allen Streitigkeiten mit England, immer der überlegene und gewinnende Theil gewesen. Es kann also bei uns kein Ziel zu erreichen geben, als die Befriedigung der Rache – ein bloßer Geist der Wiedervergeltung; und selbst dieser ist ohnmächtig. Was wir entgegnen, wird in England niemals wieder bekannt; es erreicht daher seinen Zweck nicht; es nährt dagegen nur den zänkischen und mürrischen Geist unter unseren Schriftstellern; verbittert den lieblichen Erguß unserer jugendlichen Literatur, und säet Dornen und Disteln zwischen ihre Blüthen. Was noch schlimmer ist, diese Erwiderungen kommen in unserem eigenen Lande in Umlauf, und erregen, in so fern sie Eindruck machen, starke Nationalvorurtheile. Dies letzte ist das Uebel, das wir besonders entfernen müssen. Da wir gänzlich von der öffentlichen Meinung geleitet werden, so muß auch die äußerste Sorgfalt angewendet werden, die Reinheit der öffentlichen Stimmung zu erhalten. Kenntniß ist Macht, und Wahrheit ist Kenntniß; wer immer daher wissentlich ein Vorurtheil verbreitet, der untergräbt muthwillig die Grundlage der Stärke seines Vaterlandes.
    Die Glieder eines Freistaats sollen, vor allen andern, gerade und leidenschaftslos sein. Sie sind, einzeln, Theile des selbstherrschenden Geistes und höchsten Willens, und sollen deßwegen im Stande sein, alle Streitfragen, welche das Wohl des Volks betreffen, mit ruhigem und unbefangenem Urtheile ins Auge zu fassen. Nach der eigenthümlichen Beschaffenheit unserer Verhältnisse mit England, müssen wir mit dieser Macht öftere Erörterungen schwieriger und zarterer Art haben, als mit irgend einem andern Volke; Fragen, welche die schärfsten und reizbarsten Gefühle angreifen; und da, bei Ausgleichung derselben, die Maßregeln, welche wir zu nehmen haben, am Ende durch das Gefühl des Volks bestimmt werden müssen, so können wir nicht zu ängstlich aufmerksam sein, diese von allen verborgenen Leidenschaften oder vorgefaßten Meinungen zu reinigen.
    Da wir einmal Fremden aus allen Theilen der Erde einen Zufluchtsort eröffnen, so sollen wir auch Alle mit Unpartheilichkeit aufnehmen. Es sollte unser Stolz sein, das Beispiel eines Volks wenigstens zu geben, das keinen Volks-Widerwillen hat, und nicht allein die öffentlichen Handlungen der Gastfreiheit, sondern auch jene seltenere und edlere Höflichkeit ausübt, welche aus der Freisinnigkeit der Meinung entspringt.
    Was haben wir mit National-Vorurtheilen zu schaffen? Sie sind die eingefleischten Krankheiten alter Staaten, in rohen und unwissenden Zeiten eingesogen, als die Nationen noch wenig von einander wußten, und mit Mißtrauen und Feindseligkeit über ihre Grenzen hinausblickten. Unsere National-Existenz dagegen begann in einem erleuchteten und philosophischen Zeitalter, als die verschiedenen Theile der bewohnbaren Welt und die verschiedenen Zweige der Menschenfamilie unermüdet studirt und mit einander bekannt gemacht wurden; und wir verlieren die Rechte unserer Geburt, wenn wir die National-Vorurtheile nicht abschütteln, wie wir dieß mit den örtlichen abergläubischen Meinungen der alten Welt thun.
    Aber vor allen Dingen wollen wir uns nicht von den Gefühlen des Grolles so weit irre führen lassen, daß wir unsere Augen gegen das Gewahren dessen verschließen, was in dem englischen Charakter wahrhaft treffliches und liebenswürdiges ist. Wir sind ein junges Volk, nothwendigerweise also ein nachahmendes, und müssen unsere Beispiele und Muster größtentheils von den bestehenden Völkern in Europa nehmen. Es ist kein Land unseres Studiums würdiger, als England. Der Geist seiner Verfassung hat mit dem der unsrigen die

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