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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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haben, allein seine Bestandtheile sind rein und gesund; er hat schon Beweise von kräftigen und tüchtigen Eigenschaften gegeben, und das Ganze verspricht, wenn es sich gesetzt haben wird, etwas wesentlich Treffliches zu werden. Aber die Ursachen, welche dazu beitragen, ihm Stärke zu geben und es zu veredlen, und die täglichen Anzeichen von seinen bewunderungswürdigen Eigenthümlichkeiten, sind bei diesen stockblinden Beobachtern verloren, welche nur die kleinen Schroffheiten bemerken, die bei seiner jetzigen Lage natürlich sind. Sie sind nicht im Stande, anders als oberflächlich von den Gegenständen zu urtheilen, welche mit ihrem Privatvortheil und ihrer Persönlichkeit in Berührung kommen. Sie vermissen einige von den Bequemlichkeiten und kleinlichen Behaglichkeiten, welche man in einem alten, hoch gebildeten, übervolkreichen Gesellschaftszustande findet, wo die Stände der nützlichen Arbeiter über[be]setzt sind, und Viele ein mühseliges und sclavisches Leben nur dadurch fristen, daß sie auf die Launen des Luxus und der Verwöhnung sinnen. Diese kleineren Behaglichkeiten sind indeß allgewichtig in den Augen beschränkter Geister, welche entweder nicht einsehen, oder es nicht eingestehen wollen, daß sie bei uns durch große und allgemein verbreitete Segnungen mehr denn aufgewogen werden.
    Vielleicht haben sie sich auch in ihren unüberlegten Erwartungen eines plötzlichen Gewinns getäuscht. Sie haben sich Amerika als ein Eldorado gedacht, wo Gold und Silber in Ueberfluß vorhanden sind, wo die Eingebornen nicht viel Verstand haben, und wo sie auf eine unvermuthete, aber leichte Weise gewaltig und plötzlich reich werden zu können glaubten. Eben diese Geistesschwäche, welche alberne Erwartungen nährt, bringt, wenn sie sich getäuscht sieht, Verdruß hervor. Solche Leute werden erbittert gegen das Land, wenn sie finden, daß, hier wie sonst überall, der Mensch säen muß, ehe er ernten kann; daß er, durch Thätigkeit und Talent, Reichthum erwerben muß, und daß er mit den gewöhnlichen Hindernissen der Natur und dem Scharfsinn eines gescheuten und unternehmenden Volks zu kämpfen hat.
    Vielleicht sind diese Leute, aus einer irrigen oder übel angebrachten Gastfreiheit, oder vermöge der, meinen Landsleuten eigenthümlichen Bereitwilligkeit, Fremde zu ermuntern und zu unterstützen, mit ungewohnter Achtung in Amerika behandelt worden; und ihr ganzes Leben lang nur gewohnt, sich als auf einer niedern Stufe der Gesellschaft stehend zu betrachten, und in dem knechtischen Gefühle der Untergeordnetheit erzogen, werden sie unverschämt, sobald die gewöhnliche Höflichkeit gegen sie beobachtet wird: sie messen der Demuth Anderer ihre eigene Erhebung zu, und schätzen eine Gesellschaft gering, worin es keine künstliche Unterscheidungen gibt, und wo durch keinen Zufall Leute, wie sie sind, Wichtigkeit erhalten können.
    Man sollte indessen annehmen, daß Nachrichten, welche aus solchen Quellen über einen Gegenstand fließen, über den man so gern die Wahrheit erfahren möchte, von den Beurtheilern schriftstellerischer Erzeugnisse mit Vorsicht aufgenommen werden müßten; daß man die Beweggründe dieser Leute, ihre Wahrhaftigkeit, die Gelegenheiten, welche sich ihnen darboten, Untersuchungen anzustellen und Beobachtungen zu machen, und ihre Befähigung zu einem richtigen Urtheile, streng untersuchen würde, ehe man ihre Aussagen gegen ein verwandtes Volk, in einem so ausgedehnten Umfange, als gültig zuließ. Gerade das Entgegengesetzte ist indessen der Fall, und dieß bietet einen sprechenden Beweis menschlichen Widerspruchs. Nichts kann die Wachsamkeit übertreffen, womit englische Kritiker die Glaubwürdigkeit eines Reisenden prüfen, welcher eine Beschreibung irgend eines etwas entfernten und verhältnißmäßig unwichtigen Landes herausgibt. Wie mühsam vergleichen sie nicht die Messungen einer Pyramide, oder die Beschreibungen einer Trümmer, und wie streng tadeln sie nicht jede Ungenauigkeit in diesen Beiträgen zur Kenntniß bloß merkwürdiger Dinge, während sie mit Begierde und blindem Glauben die handgreiflichen Entstellungen ungebildeter und unbekannter Schriftsteller in Betreff eines Landes hinnehmen, zu welchem ihr eigenes in den wichtigsten und zartesten Beziehungen steht. Ja, sie machen diese apocryphischen Blätter zu authentischen Büchern, und besprechen sie mit einem Eifer und einer Geschicklichkeit, welche einer bessern Sache würdig wären.
    Ich will jedoch bei diesem widrigen und

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