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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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langsam und deutlich vor: »Amr sbsi.« Zeno übersetzte: »Pfeife füllen.« Und geduldig wiederholte Lös: »Amr sbsi.« Das Mädchen hatte sich neben Lös gelegt, zusammengerollt wie ein weiches kleines Tier, und den Kopf auf die Schenkel des Gefährten gebettet.
    Der Abend war sehr ruhig und erwartete still den Mond, den eine unsichtbare riesige Hand über die Berge hob.
    Als Lös den Kopf des Mädchens fühlte und gedankenverloren die spröden Haare streichelte, mußte er einen Augenblick an Patschuli denken, der am Abend vorher den Kopf an ihn gelehnt hatte. Aber dann vergaß er es wieder, weil alles groß war und friedlich.
    Dann begann Zeno langsam zu sprechen. Die Worte der ihr fremden Sprache mußte sie mühsam zusammensuchen. Aber Lös verstand schnell und ergänzte geduldig den fehlenden Sinn.
    Vor zwei Jahren hatte der Vater einen kleinen Garten besessen, am Oued, und er hatte gut getragen, Kartoffeln und Tomaten und Pfefferfrüchte. Auch ein paar Feigenbäume gab es dort und ein großes Feld mit Gerste. Aber der Vater hatte das Land verkauft, er hatte Steuern bezahlen müssen an den Juden. Jetzt hatten sie kein Land mehr, außer einem kleinen Streifen, der weit vom Wasser entfernt war, vom Flüßchen sowohl als auch von der Segula, die davon abzweigte. Nun gebe es ein Stück Garten zu kaufen, nahe am Fluß, sehr fruchtbar, Feigenbäume wüchsen darauf und Oliven, und der Grund sei nicht zu sandig, sondern ein wenig schwer, so daß er nicht verweht werden könne vom Wind. Auch sei der Mais darauf schon reif. Nun, der Besitzer verlange dafür zweihundert Franken, der Korporal sei reich, ob er dem Vater nicht das Geld geben wolle? Zeno unterbrach sich und richtete eine Frage an den Alten. Der nickte nur. Sie wolle dann seine Frau werden, setzte Zeno hinzu und zog die Hand, die ihre Haare streichelte, an ihren Mund.
    Lös dachte nicht lange nach. Ob er das Geld schließlich vertrank oder dem Alten gab, war doch gleichgültig. Und dann: Niemand kontrollierte ihn, ob er in der Nacht im Posten schlief oder nicht. Die Nächte würden weniger einsam sein, es war schließlich nicht ganz dasselbe, ob Türk neben ihm lag oder ein Mädchen. »Vielleicht weiß der Schächter ein Zimmer im Dorf neben dem Posten. Dort kann sie wohnen, und ich kann bei ihr essen. Sie wird für mich kochen. Und gelegentlich werde ich dem Capitaine die ganze Geschichte erzählen, er wird wohl Verständnis haben. Ich kann ihm sagen, ich hätte von zu Hause Geld bekommen. Baguelin bestätigt es mir gern.«
    Zeno hatte sich aufgesetzt und blickte Lös erwartungsvoll an. Da griff er in die Tasche, holte zwei Hundertfrankenscheine hervor und gab sie dem Alten. »Sachar«, sagte dieser, nickte und klopfte Lös auf die Schulter. Das Geschäft schien ihn nicht weiter aufzuregen, er stopfte mit den immer sich gleichbleibenden Bewegungen die kleine Pfeife, nahm aber diesmal statt eines tiefen Zuges nur einen oberflächlichen, der gerade genügte, um die Pfeife in Brand zu setzen, und gab sie an Lös weiter, mit einer kleinen Beugung des Oberkörpers; dazu legte er noch die Hand auf die Brust.
    Zeno riß ihrem Vater die Scheine aus der Hand, besah sie, rieb jeden einzelnen zwischen den angefeuchteten Fingern, hielt sie zwischen den Mond und ihre Augen und gab sie schließlich dem Alten zurück.
    Ob er hier schlafen wolle, fragte sie ihn dann, und versprach, Decken und Matten auf die Terrasse zu bringen. Lös nickte, er wolle nur schnell zum Posten zurück, sehen, was dort los sei. Er blieb noch eine Weile beim Alten sitzen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und blickte solange in die Sterne, bis er sie tanzen sah; er hatte tränende Augen und ein schmerzendes Genick.

Nacht und Schlaf
    Der Mond legte kalte Kompressen auf die Wellblechdächer, und eine kurze Zeit nur hatte auch der Abendwind versucht, Kühle in die fiebernden Baracken zu blasen. Aber dann hatte er die Nutzlosigkeit seiner Bemühungen eingesehen und war wieder eingeschlafen; die große Reise vom Meer über die roten Berge hatte ihn ermüdet. Und jetzt stöhnten die Schläfer unter der schweren Luft.
    Zuerst versuchten sie verzweifelt, Verstecken mit der Wachheit zu spielen, die Augen zuzukneifen und sich einzureden, daß sie gleich wieder tief schlafen würden. Dann überkam sie die Wut, sie trommelten mit den Fäusten auf die Matratzen, um sich müde zu machen. Als dies alles nichts nützte, nur den Schweiß stärker aus allen Poren trieb, entschlossen sie sich, die Baracken zu

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