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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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um Auskunft fragen wollte, warf der Chef den beruhigenden Schatten seiner großen Gestalt über Chabert und erklärte sachlich und ohne Verlegenheit den Vorgang, wie er sich in den Augen des Capitaines auszunehmen hatte. Und Chabert setzte beruhigt seine Wanderung fort im stillen Dröhnen des Mittags.
    Doch noch ein anderer strich mit hastigen Schritten um die Karren, Leutnant Mauriot, mit schmaler Nase und mangelndem Kinn. Aber seine Kenntnisse des Spanischen waren nur spärlich. Darum verstand er auch die Erklärung des Fuhrmanns nicht, trabte lautlos auf den weichen Stricksohlen seiner Espadrilles in den Posten zurück, erkundigte sich zuerst beim alten Kainz, der immer »je ne sais pas, mon lieutenant« wiederholte, bis er schließlich mit einem lautlosen Sprung in Lös' Kammer landete und diesen zur Rede stellte.
    Mißtrauisch trabte er wieder ab, mit verkniffenem Ausdruck, wie ihn Schulmeister zur Schau tragen, die dem Schüler nichts haben beweisen können.
    »Mon Dieu«, sagte der Chef ein wenig später, als Lös ihm von diesem Besuch erzählte, er werde sich doch nicht um die Meinung eines Verwaltungsoffiziers kümmern, eines jungen Vatersöhnchens, das wahrscheinlich nicht einmal eine Frau von einem Manne unterscheiden könne. Und er ließ ein lautes Lachen erschallen, wie es bei solchen Gelegenheiten üblich ist, und Lös stimmte ein; endlich konnte er zu seinem Stelldichein gehen.
    Zeno schien seit dem Morgen am gleichen Platz, regungslos, verblieben zu sein. Ihr Kopf hob sich, als sie Lös' Schatten sah. Das Lächeln, mit dem sie ihn begrüßte, sollte freundlich sein, war aber unterwürfig und maskenhaft. Lös erklärte ihr seine Verspätung, und sie nickte teilnahmslos. Dann stand er vor ihr, verlegen, weil er nicht wußte, was er tun sollte. Der zerrissene Stoff ihres Kleides brachte ihn endlich zu einem Entschluß. Er winkte dem Mädchen und ging weiter. Als sie an seiner Seite war, nahm sie seine Hand. Aber er schüttelte sie ab, denn es gingen zuviel Menschen über den Platz.
    Im einzigen Laden des Dorfes breitete der Händler, ein junger glatter Jude, Stoffe vor den beiden aus. Beim Betasten blieb Zenos rauhe Haut bisweilen an den vorstehenden Fäden des Stoffes hängen. Im stillen Laden war dies Geräusch, wie das kurz unterbrochene Nagen einer Maus, deutlich zu hören.
    Endlich hatte Zeno gewählt: das gröbste Tuch, ungebleicht und von Hand gewebt. Aber dauerhaft, so erklärte sie ihrem Begleiter, später würde es noch für ihre kleine Schwester zu brauchen sein.
    Als sie aus dem Laden traten, begegnete ihnen Peschke. Er grüßte nicht, zeigte nur seine spitzen, gelben Zähne und spie aus. Dann pfiff er, unbeteiligt, und prüfte doch aus den Augenwinkeln den Stoff, den das Mädchen unter dem Arme trug.
    ›Am Abend wird der ganze Posten wissen, daß ich eine Geliebte habe und ihr Stoff schenke. Der Capitaine wird mich fragen, woher ich das Geld habe. Wenn schon‹, dachte Lös.
    Dann lief er noch einmal in die Verwaltung zurück, holte Kaffee, Mehl und Zucker, trug dem alten Kainz auf, zu sagen, er sei ins Dorf gegangen, um sich mit dem Juden zu verabreden, der die Schafe für die Herde lieferte.
    Der Ksar, in dem Zeno wohnte, war ein hoher, auf allen Seiten geschlossener Häuserblock, der sich wie eine böse Märchenburg gegen den Himmel abhob. Er lag im Rücken des Postens, gut zehn Minuten entfernt. Sein Betreten war den Legionären streng verboten.
    Zuerst führte der Weg durch Alfagras, das fast von der gleichen Farbe war wie der graue Staub, der seine Büschel umgab. Ein schwacher Wind kam von den Bergen und trug mit sich den Duft verwelkter Blüten. Neben dem Weg floß ein Bach, derselbe, der auch durch den Hof der Verwaltung lief, abgefangenes Wasser des Oued, das die Felder berieseln sollte und die kleinen dürren Gärten mit der sandigen Erde. Die Blätter der Feigenbäume klapperten leise, und die Lancetten der Olivenbäume waren aus mattem Stahl.
    Dichter wuchsen die Bäume, und das Gras ward saftiger, als sie ans Ufer des Flüßchens kamen.
    Lös verspürte eine unangenehme Leere in seinem Körper, die langsam zu einer Angst anwuchs, je weiter er mit Zeno ging. Er hielt ihre Hand gefaßt, blickte sie von Zeit zu Zeit an und versuchte ein Lächeln. Doch Zeno schien ihn vergessen zu haben, sie blickte ruhig auf die näherkommenden Mauern, und ihr rechter Arm hielt den geschenkten Stoff an ihre Hüfte gepreßt. Plötzlich riß sie sich los, lief und verbarg sich hinter einem

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