Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman
verlangt, und zu halten, was sie halten will. Sie weiß noch nicht, wie, aber sie wird diesen Mann halten.
Sie schlief gut in der folgenden Nacht, und am Morgen hatte sie einen guten Plan.
Sie sprach Carlos von den nie endenden politischen Nöten. Zählte auf die Zänkereien mit den steuerfaulen Kaufleuten in Cádiz, die Verhandlungen mit dem unverschämten Truguet, den Ärger mit den rebellischen Flottenoffizieren. Ein einziger Mann habe alle diese Händel durchzufechten, der Erste Minister. Man müsse ihm helfen, müsse seine Autorität verstärken. Carlos dachte nach. »Gerne«, sagte er. »Aber mir fällt beim besten Willen nichts ein. Wo gibt es Titel und Würden, die wir Manuel nicht schon verliehen hätten?« – »Man könnte vielleicht«, meinte María Luisa, »zwei Angelegenheiten mit einem Schlag bereinigen. Ich meine, man könnte gleichzeitig die Unannehmlichkeit mit den Kindern des seligen Onkels Luis aus der Welt schaffen.« Onkel Luis, Bruder des Dritten Carlos, war jener Infant gewesen, der die Dame Vallabriga geheiratet hatte, eine einfache Adelige, seine Kinder trugen den schlichten Titel eines Grafen und einer Gräfin von Bourbonund Chinchón, ihre Einstufung in das Zeremoniell bereitete ständige Schwierigkeiten.
Carlos schaute verständnislos. »Wie wäre es«, erläuterte María Luisa, »wenn wir die beiden zu ›Infanten von Kastilien‹ machten und unsern Manuel mit Doña Teresa, der ›Infantin‹, verheirateten? Dann wäre auch er Infant und gehörte zur Familie.« – »Eine gute Idee«, stimmte Carlos zu. »Nur, fürchte ich, nicht im Sinne meines hochseligen Vaters. Mein hochseliger Vater hat Don Luis und Doña Teresa zu Exzellenzen gemacht, zu Königlichen Hoheiten hat er sie nicht gemacht.« – »Die Zeiten ändern sich«, legte mit nachsichtiger Geduld María Luisa dar. »Du hast, mein lieber Don Carlos, in manchen Fällen Weisungen gegeben, welche die Anordnungen deines hochseligen Vaters erweiterten. Warum solltest du nicht auch in diesem Falle eine solche Verfügung treffen?« – »Du hast recht wie immer«, gab Carlos nach.
Die Königin ging energisch ans Werk. Sie war der künftigen Infantin Teresa nicht gewogen. Diese Tochter einer kleinen Adeligen legte eine gelassene Vornehmheit an den Tag, die María Luisa ärgerte, und die Duckmäuserin, wiewohl sie natürlich keinen Ton zu äußern wagte, mißbilligte bestimmt auch ihre Lebensweise. Es machte ihr Spaß, die blonde, stille, nonnenhafte Teresa dem Stier Manuel ins Bett zu zwingen.
Am gleichen Tag noch, an dem sie die Einwilligung des Königs zu der Verbindung Doña Teresas mit Manuel erlangt hatte, ließ sie diesen wissen, sie habe ihn zu sprechen. Er war darauf gefaßt gewesen, daß die Königin trotz aller Heimlichkeit von seiner Ehe erfahren werde, und er fühlte Unbehagen, ja Angst vor dem Sturme, der da heraufzog.
Allein María Luisa lächelte übers ganze Gesicht. »Manuel«, sagte sie, »Manuelito, ich habe eine große, freudige Nachricht für dich. Don Carlos wird die Grafen von Bourbon und Chinchón zu Infanten von Kastilien machen, und du wirst Doña Teresa heiraten und teilhaben an ihrem Titel. Ich freue mich, daß auf diese Art die nahen Beziehungen zwischen dir und uns aller Welt sichtbar werden.«
Manuel, als an Stelle des erwarteten wilden Gewitters dieser Schauer von Glück und Gnade auf ihn niederging, begriff zuerst nicht; er stand da, törichten Gesichtes. Dann überkam ihn stürmischer Jubel. Por la vida del demonio! Er war wirklich der erstgeborene Sohn des Glückes. Was immer er anpackte, schlug ihm zum Segen aus. Und wie lustig und witzig sein Glück war! Jetzt kann er’s diesem Don Luis María heimzahlen, der so frech durch ihn hindurchzuschauen wagte. Jetzt wird er, Manuel, mit der Schwester des Hochmütigen schlafen, und jetzt macht er, Manuelito, der Verachtete, den halben Bourbon zum ganzen, macht er den Bastard Luis legitim.
So spürte Manuel, und er war voll Stolz. Sein Vater hatte ihn mit Recht sein tüchtiges Stierlein genannt, durch seine Tüchtigkeit hatte er sich diese Königin zu eigen gemacht, und er schaute voll von Besitzereitelkeit, Zärtlichkeit, Liebe auf seine alte María Luisa.
Die beobachtete ihn genau. Sie hatte erwartet, ihre Mitteilung werde ihm heiß machen, er werde tief bestürzt dastehen, denkend an die Person, an seine Pepa Tudó, und an seine unsinnige Heirat. Allein es war nicht die leiseste Verlegenheit oder gar Bestürzung an ihm zu entdecken. Vielmehr stand
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