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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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streitsüchtig Pepa, »stammen alle aus einer Quelle: aus Ihrer ungezügelten, billigen Sinnlichkeit. Ihre ganzen Zerwürfnisse mit Portugal und Frankreich kommen daher, daß Sie auch noch mit dieser magern, armseligen Geneviève schlafen mußten.« Manuel, nun auch er zornig, erwiderte: » Du hast mich ja dazu getrieben. Wenn du mir Liebe gezeigt hättest, wie ein Mann meiner Art sie erwarten darf, dann hätte ich diese Bohnenstange niemals angerührt.« Pepa, aufs äußerste gereizt, sagte: »Und daß Sie immer noch der alten María Luisa ins Bett kriechen, daran bin wohl auch ich schuld?«
    Nun aber war es genug. Seine ursprüngliche Natur, die eines Majo aus der schweinezüchtenden Provinz Estremadura, brach durch. Er hob die fleischige Hand und schlug sie ihr schwer ins Gesicht.
    Einen Augenblick lang wollte sie zurückschlagen, wollte kratzen, beißen, ihn würgen. Dann beherrschte sie sich. Zog die Klingel. Rief: »Conchita!« und nochmals: »Conchita!«
    Er sah auf ihrem sehr weißen Gesicht flammend die Spuren seiner Hand, sah ihre grünen, weit auseinanderstehenden, Empörung blitzenden Augen. Stammelte Entschuldigungen. Sprach davon, wie überreizt er sei infolge gehäufter Arbeit. Aber da war schon Conchita zur Stelle, dürr und streng, und Pepa, die Stimme beherrscht, sagte: »Begleite den Señor zur Tür, Conchita!« Er, überwältigt von Reue, erfüllt von Gier, wütend über die eigene Dummheit, die ihm die Ferientage zerschlagen hatte, mehrte Entschuldigungen, wollte ihre Hand fassen, sie umarmen. Aber: »Wann endlich wirst du diesen Menschen fortbringen, Conchita!« rief sie und floh ins Nebenzimmer. Es blieb ihm nichts übrig, als zu gehen.
    Er sagte sich bitter, nicht die geringste Rast gönne ihm das Schicksal in seiner Mühe um das Wohl des Reiches, und fuhr eilig, mürrisch, tatengierig nach Cádiz. Er hoffte, dort im Wirbel der Geschäfte und Vergnügungen sein Mißgeschick zu vergessen und dann, nach Madrid zurückgekehrt, eine vernünftig gewordene Pepa vorzufinden.
    In der Tat hatte er in Cádiz keine leere Minute. Er verhandelte mit den Reedern, den Chefs der Import- und Exportfirmen, den Bankiers. Versprach den sachverständigen Offizieren der Flotte, der verderblichen Tätigkeit der hochadeligen, vertrottelten Admiräle ein Ende zu machen. Bekräftigte in einer heimlichen Zusammenkunft mit Herren der englischen Blockadeflotte die ungeschriebene Abmachung, der zufolge die beiden Flotten sich zwar bedrohen, aber nicht angreifen sollten. Und gehörten seine Tage der Tätigkeit fürs Reich, so widmete er seine Nächte den berühmten Vergnügungen von Cádiz.
    Aber weder Geschäfte noch Zerstreuungen vermochten ihm die Gedanken an Pepa aus dem Kopf zu treiben. Immer von neuem sah er auf ihrer Wange das Mal seiner Hand, und die Erinnerung füllte ihn mit Reue, Sehnsucht, Brunst.
    Die Geschäfte kaum beendet, fuhr er auf raschestem Wege zurück nach Madrid. Eilte, noch in Reisekleidern, in den Palacio Bondad Real. Fand das Haus in Unordnung, die Möbel an die Wände gerückt, die Teppiche verschnürt, fand Kisten, gepackte Koffer. Der Mayordomo wollte ihn nicht vorlassen. Die Dueña Conchita stand strengen, zugesperrten Gesichtes daneben. Er steckte ihr drei Golddukaten zu. Sie ließ ihn ein wenig warten, führte ihn zu Pepa.
    »Ich gehe nach dem Süden«, eröffnete ihm Pepa mit ihrer vollen, langsamen Stimme. »Ich gehe nach Málaga. Ich werde dort Theater spielen. Señor Rivero war hier, seine Truppe wird gerühmt, er hat mir einen guten Vertrag gegeben. Wenn Ihre Flotte einmal wieder imstande sein sollte, die Seewege frei zu machen, dann gehe ich zurück in meine Heimat, nach Amerika. Lima, sagt man, hat noch immer das beste Theater der ganzen spanischen Welt.«
    Manuel, innerlich, wütete. Gut, er hatte sie geschlagen, aber er hatte sich vor ihr gedemütigt und war zurückgekommen, sich weiter zu demütigen. Sie brauchte ihm nicht gleich anzudrohen, den Ozean zwischen sich und ihn zu legen. Es drängte ihn, sie von neuem zu schlagen. Doch ihre weiße Haut kam strahlend aus dem dunkeln Hauskleid, ihre grünen Augen schauten groß, ernst, begehrenswert, er atmete ihren Geruch. Er hatte hinter sich Nächte mit den in allen Lastern geübten, reizvollen Frauen von Cádiz, aber er wußte: er konnte diese Frau nicht entbehren, das Höchste an Lust, das wahre Entzücken, das himmlisch höllische, über einem zusammenschlagende, konnte nur sie ihm geben, er durfte sich jetzt nicht von seiner Wut

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