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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schwere jedes einzelnen Gliedes. Es war sehr mühsam, sich auf dem Stuhl zu halten; im nächsten Augenblick wird er ohnmächtig werden und zur Seite heruntergleiten. Nun wußte er, was die Hölle war.
    Der Schreiber war fertig. Der Richter las das Protokoll durch, langsam, genau. Unterschrieb. Reichte Goya das Schriftstück. Mußte er jetzt unterzeichnen? Er schaute voll Angst auf den Richter. »Lesen Sie«, forderte dieser ihn auf, und Goya, da er noch nicht zu unterzeichnen brauchte, atmete befreit.
    Er las, es war eine qualvolle Lesung. Da waren die Fragen des Richters, die grausam schlauen, jede einzelne eine Falle,da waren seine dummen, hilflosen Antworten. Trotzdem las er langsam, denn jede Sekunde war Gewinn. Er las die zweite Seite, die dritte, die vierte. Die fünfte war nur halb beschrieben. Jetzt hatte er zu Ende gelesen. Der Sekretär reichte ihm die Feder und wies auf die Stelle, die zur Unterschrift bestimmt war. Die stillen Augen schauten auf ihn, die Brille flirrte. Er unterschrieb mit steifen, schweren Fingern. Hatte einen glücklichen Einfall. Dümmlich, schelmisch lächelnd, sah er zu der flirrenden Brille hin. »Auch die Rúbrica?« fragte er. Der Richter nickte. Wieder war Zeit gewonnen. Goya zeichnete die Rúbrica hin, langsam, sorgfältig. Und nun hatte er unterschrieben.
    Nichts geschah. Er konnte gehen.
    Schritt um Schritt die Stufen stieg er
    Abwärts. Trat ins Freie. Wohl tat
    Ihm die frische Luft und schmerzte
    Ihn zugleich. Ein jeder Schritt des
    Wegs nach Hause war ihm Pein und
    Müh, als wäre er nach schwerer
    Krankheit, noch zu früh, vom Bette
    Aufgestanden
    Tief erschöpft kam
    Er nach Hause. Hieß Andrés
    Essen bringen. Aber als der
    Bursch zurückkam, fand er Goya
    Schlafend.

34
    Der junge Señor Javier de Goya nahm mit Verwunderung wahr, daß seine Freunde aus der Goldenen Jugend ihn nicht mehr einluden und seine Einladungen unter Vorwänden ablehnten; wahrscheinlich hatte der eine oder andere unter den Granden und Prälaten an den Caprichos Anstoß genommen.
    Javier hätte gerne mit dem Vater darüber gesprochen. Der war aber in den letzten Tagen wieder so schweigsam und verdrossen geworden, daß sich Javier trotz seiner jungenhaften Unbedenklichkeit scheute, ihm auch noch mit seinen Geschichten zu kommen. Allein er brauchte um sich Fröhlichkeit, Freundschaft, Anerkennung. Er fühlte sich nicht mehr wohl in Madrid, und da ja der Vater ihm versprochen hatte, ihn auf eine Studienreise ins Ausland zu schicken, mahnte er ihn daran, in seinem liebenswürdigsten Ton. »Du erinnerst mich zur rechten Zeit«, antwortete unerwartet freundlich Goya. »Wir wollen gleich alles vorbereiten.«
    Auch Agustín Esteve hatte mit steigender Beklemmung die Leere um Goya wahrgenommen. Aristokraten, die sich früher beflissen um ein Porträt beworben hatten, zogen jetzt unter fadenscheinigen Vorwänden ihre Aufträge zurück. Señor Frágola konnte auf einmal kein Exemplar der Caprichos mehr absetzen. Nannte man auch nur Goyas Namen, dann wurden die Leute betreten. Gerüchte gingen um, das Heilige Offizium bereite ein Verfahren gegen ihn vor; die Gerüchte schienen ihren Ursprung in der Santa Casa selber zu haben.
    Agustín atmete auf, als er erfuhr, das Ehepaar Bermúdez werde in den allernächsten Tagen zurückkehren.
    Ja, Don Miguel hatte seine Sendung in Amiens glücklich durchgeführt und war mit Doña Lucía auf dem Weg zurück nach Madrid.
    Zwar war er sich bewußt, daß der Friede, den er zustande gebracht hatte, dem Reich keine Vorteile brachte. Aber wenigstens für Don Manuel und für die Königin hatte er Erfolge errungen, welche die Erwartungen übertrafen. Der Besitzstand der italienischen Länder war gemehrt, das Herzogtum Parma wiederhergestellt, Frankreich hatte sich verpflichtet, seine Okkupationsheere binnen kurzem aus den Ländern des Papstes sowie aus den Königreichen Neapel und Etrurien zurückzuziehen. Überdies hatte, zur höchsten Genugtuung des Infanten, Don Miguel erreicht, daß die Vertreter Spaniens den Friedensvertrag mehrere Tage vor den Bevollmächtigtender Französischen Republik unterzeichnen konnten. Soviel war gewiß, Miguel hatte sich Anspruch auf des Infanten Dankbarkeit erworben, und er war entschlossen, die Schuld einzutreiben zum Nutzen des Fortschritts, der Zivilisation, der Freiheit.
    Sehr zufrieden also fuhr er nach Madrid. Kaum indes war er dort angekommen, als sich ein verstörter Agustín Esteve bei ihm einstellte und ihm berichtete von den

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