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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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beängstigenden Vorgängen um Francisco.
    Don Miguel begab sich sogleich zu Señor de Linares, dem Polizeipräsidenten, um sich zu vergewissern, wieweit Agustíns Panik begründet sei. Señor de Linares, der seine Spione in der Santa Casa hatte, erwies sich als gut unterrichtet.
    Was Miguel erfuhr, erregte ihm höchste Besorgnis.
    Don Ramón de Reynoso y Arce, Erzbischof von Burgos und Saragossa, Patriarch beider Indien, Vierundvierzigster Großinquisitor, hatte erklärt, die Versuchung, die von der höllischen Kunst Francisco Goyas ausgehe, sei gefährlicher als alle Bücher und Reden des Jovellanos. Ein andermal hatte er erklärt, aus den Caprichos stinke der Schwefel der Hölle. Äußerungen solcher Art hatte der Großinquisitor mehrere getan, auch vor Laien, vermutlich zu dem Zweck, daß seine Worte weitergetragen würden. Ganz ohne Zweifel war Reynoso entschlossen, gegen die Caprichos und ihren Autor vorzugehen. Es hieß, der Herr Erste Maler sei bereits einvernommen worden.
    Don Miguel dankte dem Polizeipräsidenten und beriet mit Lucía. Der Großinquisitor, ein guter Politiker, der sicherlich seit langem erkannt hatte, wie sehr der Friedensschluß seine Macht gefährdete, wollte es offenbar sogleich auf eine Kraftprobe ankommen lassen, und die Caprichos boten ihm eine günstige Gelegenheit. Die Gefahr war groß, Eile geboten.
    Erst lange mit Francisco zu diskutieren, war zwecklos. Miguel und Lucía ersannen einen Plan, die Angriffe der Inquisition im Keim zu ersticken. Noch am gleichen Tage fuhr Miguel zum Escorial.
    Er fand dort einen lärmend glücklichen Manuel. Der hatte nun abermals erprobt, daß er des Glückes liebster Sohn war. Erstlich hatte er seinen Würden eine neue, wunderbare zufügen dürfen. Der Papst, in dankbarer Anerkennung des in Amiens Erreichten, hatte ihn zum Príncipe di Bassano ernannt; das Dokument hatte ihm überdies sein Schwager überreichen müssen, der Infant Don Luis María, der Primas von Spanien, der gleiche, der seinerzeit durch ihn hindurchgesehen hatte, als wäre er Luft. Sodann hatte er Doña María Luisa wieder einmal erweisen können, daß der Staatsmann Don Manuel die Geschicke ihres Hauses durch alle Fährnisse hindurch zu immer neuen Siegen steuerte. Zum dritten hatte er erwirkt, daß die Infantin Isabel, ihre und seine Lieblingstochter, Königin wird, Königin eines unabhängigen, von den Gabachos befreiten Neapel. Obendrein aber – und vielleicht war dies Don Manuels höchster Stolz – hatten seine Vertreter den Friedensvertrag als erste unterzeichnet. Ja, er hatte seinem Namen neue Ehre gemacht; er, nicht der hochmütige General Bonaparte, hatte Europa den Frieden zurückgegeben. Nun wird sein, des Príncipe de la Paz, Name in allen spanischen Reichen voll Ehrfurcht gerühmt werden gleich nach dem Namen der Heiligsten Jungfrau.
    Er freute sich aufrichtig des Wiedersehens mit Miguel, er hatte es ihm nicht vergessen, daß auch er Anteil an den Erfolgen von Amiens hatte, und er hielt für ihn Überraschungen bereit: ein eigenhändiges Dankschreiben des Katholischen Königs, dazu neue Titel und Würden sowie ein ansehnliches Geldgeschenk.
    Leider aber störte Don Miguel die Freude des ersten Zusammenseins. Er brachte die Rede auf Goyas Bedrängnis.
    Ein kleiner Schatten wölkte Don Manuels Gesicht. Seine Zeit war ausgefüllt gewesen mit der Schaustellung seines neuen Glanzes, er hatte wenig Muße gefunden, sich um Goya zu kümmern. Gewiß, er hatte davon gehört, daß Reynoso die Stirn gerunzelt hatte über die Caprichos. Aber hatte man das nicht vorhergesehen? Und von einem Stirnrunzeln bis zueinem Autodafé war ein langer Weg. Nein, Miguel sah da zu schwarz, der Großinquisitor wird es bei ein paar verdrießlichen Äußerungen bewenden lassen. Und mit einer weltmännischen Handbewegung wollte der Infant die Besorgnisse Don Miguels wegwischen.
    Miguel aber gab sich nicht zufrieden. Er erklärte, der Großinquisitor beabsichtige aus dem Falle Goya einen zweiten Fall Jovellanos zu machen, das stehe fest. Wenn man ihm nicht sogleich in den Arm falle, dann werde vielleicht schon in den nächsten Tagen Francisco in einem Kerker des Heiligen Tribunals sitzen. Ihn von dort herauszuholen, sei erheblich schwieriger, als heute eindeutige, wirksame Maßnahmen zu treffen.
    Es war dem Infanten peinlich, inmitten des allgemeinen Jubels in einen Konflikt mit der Santa Casa zu geraten, aber er sah ein, daß er etwas unternehmen müsse. »Du hast recht«, erklärte er. »Wir

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