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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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nicht erst zu sagen. Klug ist sie, intelligent, sie spricht französisch. Und nicht nur das, sie ist auch eine Künstlerin, befreundet mit der Tirana. Und sie streicht es einem nicht aufs Brot, sie ist zurückhaltend, eine der ganz wenigen Damen. Wieviel Musik sie in sich hat, das darf nur der erkennen, der ihr wirklich nahekommt. Aber es wird ein Tag sein, oder vielmehr eine Nacht, da werde ich es erkennen dürfen. Sie ist schon da, diese Nacht, oder meinst du nicht?«
    Goya hörte zu, zwiespältigen Gefühles, nicht ohne Verachtung,doch auch nicht ohne Freundschaft für den betrunkenen Mann. Was der von sich gab, war seine innerste Wahrheit. Und inmitten all seiner Trunkenheit fühlte sich Manuel sicher vor ihm, hielt ihn für seinen Freund, war sein Freund. Merkwürdig, wie sich die Dinge verknüpften. Da hatte er den Jovellanos zurückrufen wollen und sich überwunden und die Pepa dafür preisgegeben, und nun war Don Manuel sein Freund geworden, der mächtigste Mann in Spanien. Und nun brauchte er den pedantischen, hochmütigen Bayeu nicht mehr, den Bruder seiner Frau, vielmehr war er jetzt, durch seine Verknüpfung mit dem Herzog, sicher, gegen jeden Widerstand Erster Maler des Königs zu werden. Freilich darf man das Schicksal nicht berufen, und was da Don Manuel gesagt hatte, Glück sei eine Eigenschaft, das war vermessen. Er, Francisco, war nicht vermessen. Er war sich der dunklen Mächte bewußt, die immer um einen sind. Er bekreuzte sich in seinem Innern und dachte das alte Sprichwort: »Das Glück hat schnelle Beine, das Unglück hat Flügel.« Es konnte sich noch viel ereignen, bevor er Erster Maler des Königs wurde. Darin aber hatte Don Manuel sicher recht: sie gehörten zusammen, sie beide, sie waren Männer. Und darum war er den finstern Mächten zum Trotz seiner Sache sicher. Denn heute gab es nur ein Glück für ihn, es war nicht ein Diplom mit einem königlichen Siegel, vielmehr hatte es ein bräunlichweißes, ovales Gesicht und schmale, kindliche, fleischige Hände, und es war chatoyant, es schillerte wie eine Katze. Und wenn sie ihn auch verzweifelt lange hatte warten lassen, zuletzt hatte sie ihn doch eingeladen nach Moncloa, in das Palais Buenavista, schreibend mit eigener Hand.
    Don Manuel hatte weiter geschwatzt. Nun aber unterbrach er sich. Pepa war auf einmal wieder da, neu geschminkt.
    Die Kerzen waren heruntergebrannt, der Geruch schalen Weines war im Raum, der Page saß halb schlafend, todmüde auf seinem Stuhl. Agustín hockte vor dem Tisch, über die Platte geworfen, den großen, hügeligen Kopf auf den Armen, die Augen geschlossen, schnarchend. Auch Don Miguel schienmüde. Sie aber, Pepa, saß da, lässig wie immer, doch frisch und prangend im Fleische.
    Señor Bermúdez machte sich daran, neue Kerzen anzuzünden. Aber Don Manuel, auffallend nüchtern jetzt, hielt ihn ab. »Nicht doch, Don Miguel«, rief er, »bemühen Sie sich nicht. Auch das schönste Fest muß ein Ende haben.«
    Er schritt auf Pepa zu, erstaunlich behende, und neigte sich tief. »Gönnen Sie mir die Ehre, Doña Josefa«, sagte er mit schmeichelnder Stimme, »Sie nach Hause zu bringen.« Pepa schaute ihn aus ihren grünen Augen freundlich gelassen an und spielte mit dem Fächer. »Vielen Dank, Don Manuel«, sagte sie und neigte den Kopf.
    Und vorbei an Don Francisco
    Schritten Manuel und Pepa.
    Draußen eingeschlafen hockte
    Die Dueña. Lächelnd weckte
    Pepa sie, und der Sereno
    Sprang. Getrappel war von Pferden,
    Und Don Manuels stolzer Wagen
    Fuhr vors Tor. Der rotbestrumpfte
    Diener riß den Schlag auf. Dröhnend
    Fuhren Manuel und Pepa
    Durch das nächtige Madrid nach
    Hause.
10
    Wenige Tage später, als Goya, übrigens ohne Schwung, an dem Bilde Don Manuels arbeitete, stellte sich ein unerwarteter Besucher ein: Don Gaspar Jovellanos. Der Minister hatte sein Versprechen ohne Zögern eingelöst.
    Agustíns hageres Gesicht wölkte sich vor Verlegenheit, Freude und Verehrung, als er den bewunderten Staatsmann ins Atelier treten sah. Goya selber war verwirrt, stolz und beschämt,daß der große Mann gleich nach seiner Ankunft zu ihm kam, ihm zu danken.
    »Ich darf sagen«, erklärte Don Gaspar, »ich habe während der ganzen Zeit meiner Verbannung niemals daran gezweifelt, daß meine Gegner mich am Ende würden zurückrufen müssen. Der Fortschritt ist stärker als der tyrannische Wille verderbter einzelner. Aber ohne Ihr Eingreifen, Don Francisco, hätte es wohl eine gute Weile länger gedauert. Es ist

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