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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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noch knickerig und will dem vereinbarten Preis keinen Cuarto zulegen. In das Gestreite und das Geschimpfe der beiden hinein tönt das Geschrei des Maultiers, bald von Manuel, bald von Francisco naturähnlich wiedergegeben.
    Sie sangen und tanzten mit Hingabe, der Erste Minister und der Hofmaler der Katholischen Majestäten. Die beiden elegant gekleideten großen Herren spielten nicht nur den schimpfenden Treiber und den geizigen Reisenden: sie waren es. Waren es weit mehr, als sie der Ministerpräsident und der Hofmaler waren.
    Die Damen schauten zu, der Abate aber und Señor Bermúdez unterhielten sich flüsternd. Als sich indes Don Manuel und Goya immer heftiger ins Zeug legten, verstummten auch sie, verwundert bei aller Weltklugheit, und sie verspürten für die beiden eine leise, lächelnde Verachtung, herrührend aus dem Bewußtsein ihrer Geistigkeit und ihrer Bildung. Wie sie sich abmühten, die Barbaren, um den Frauen zu gefallen, wie sie sich erniedrigten, und sie merkten es nicht.
    Dann, endlich, hatten Manuel und Francisco genug gesungen und gesprungen, und sie veratmeten, erschöpft, glücklich.
    Da aber, überraschend, produzierte sich ein anderer, Don Agustín Esteve.
    Trunkenheit galt den Spaniern als etwas Verächtliches, sie nahm dem Menschen seine Würde. Don Agustín erinnerte sich nicht, jemals durch Wein die Klarheit seines Hirnes verloren zu haben. Heute indes hatte er mehr getrunken, als er hätte sollen, und er war sich dessen bewußt. Er war gereizt gegen sich selber, doch mehr noch gegen die andern Gäste. Da waren diese beiden Männer, Manuel Godoy, der sich Herzog von Alcudia nannte und sich goldenes Geglitzer vor den Magen hängte, und Francisco Goya, der sich und seine Kunst verschüttete, als wäre es Spülwasser. Das Glück hatte die beiden aus ihrer Niedrigkeit zur höchsten Höhe erhoben und ihnen zugeworfen, was sie sich nur träumen konnten, Reichtum, Macht, Ansehen, begehrenswerte Frauen. Und statt dem Himmel und dem Schicksal demütig Dank zu wissen, machten sie sich lächerlich und brüllten und tanzten herum wie angestochene Schweine, im Angesicht der wunderbarsten Frau der Welt. Und er, Agustín, mußte dabeistehen und zuschauen und von dem Champagner trinken, den er satt hatte bis in seinen Hals. Wenigstens war er jetzt in dem rechten Mut, dem Abate gründlich seine Meinung zu sagen und dem Don Miguel, dem gelehrten, pergamentenen Esel, der nicht begriff, was er an Doña Lucía besaß.
    Mit seiner schollerigen Stimme begann sich Agustín zu verbreiten über die hohle Gelehrsamkeit gewisser Herren. Da schwatzten sie ein langes und ein breites, ein Griechisches und ein Deutsches über ihren Aristoteles und ihren Winckelmann. Das war nicht schwer, wenn man Geld genug gehabt hatte fürs Studium und Zeit genug, und wenn man zu den »Colegiales« gehört hatte mit Stutzerkragen und Schnallenschuhen und wenn man sich nicht wie ein gewisser Agustín Esteve als »Manteista« hatte abschinden müssen, um sich seine dünne Suppe für den Abend zu verdienen oder zu erbetteln. Ja, gewisse Herrn hatten die nötigen zwanzigtausend Realen gehabt für ihr Festbankett und ihr Stiergefecht undihr Doktordiplom. »Und unsereiner, der keinen Doktor hat, aber im kleinen Finger mehr von Kunst versteht als die vier Universitäten und die ganze Akademie mit ihren diversen Doktoren, der sitzt da und muß Champagner trinken, bis er nicht mehr kann, und Pferde malen unter die Ärsche besiegter Generäle.« Agustíns Weinglas war umgefallen, nun sackte er selber zusammen über dem Tisch, schwer atmend. Der Abate aber sagte freundlich: »So, nun hat auch unser Don Agustín seine Tonadilla gesungen.«
    Don Manuel hatte Verständnis für den hageren Gehilfen seines Leibmalers. »Besoffen wie ein Schweizer«, meinte er wohlwollend; es waren aber die Soldaten der Schweizer Garde bekannt dafür, daß sie an Urlaubsabenden in langen Reihen Arm in Arm die Straßen durchzogen, betrunken, grölend, die Passanten belästigend. Don Manuel nahm befriedigt den Unterschied wahr zwischen der schweren, bösartig reizbaren Betrunkenheit Agustíns und seiner eigenen leichten, gutherzigen, angenehm warmen. Er setzte sich zu Goya, um, weiter trinkend, dem Maler, dem klugen, älteren, mitfühlenden Freunde, sein Herz auszuschütten.
    Don Miguel befaßte sich mit Pepa. Da sie offenbar für einige Zeit Einfluß auf seinen Herzog haben wird, hielt er es im Interesse Spaniens und des Fortschritts für angebracht, sich ihrer

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