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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Kunst. Ich bin Ihnen zu Dank verpflichtet, Don Francisco, und wenn ich an Ihre Kunst denke, bin ich es gerne. Man erzählt mir, Sie gehören jetzt zu den größten Porträtmalern des Landes.« Das Gesicht Don Gaspars, wenn er dergleichen sprach, war strahlend, hinreißend liebenswürdig, und Goya freute sich von Herzen seiner Worte.
    Nicht lange. Denn sogleich wurde Don Gaspar wieder unerträglich und kommentierte: »Einiges von Ihnen, sagt man mir, reiche geradezu an Bayeu und Maella heran.« Selbst Agustín zuckte zusammen.
    Jovellanos ging im Atelier herum und beschaute Goyas Bilder und Studien, ernsthaft, gewissenhaft, lange, schweigend. »Ich schulde Ihnen Dank, Don Francisco«, sagte er schließlich, »gerade deshalb schulde ich Ihnen Offenheit. Sie können viel, vielleicht wirklich soviel wie Bayeu und Maella, vielleicht sogar mehr. Aber Sie experimentieren zuviel mit den großen,überkommenen Wahrheiten. Sie spielen mit der Farbe, Sie lösen die Linie auf. Damit verderben Sie Ihr Talent. Nehmen Sie sich Jacques-Louis David zum Vorbild. Wir könnten hier in Madrid einen solchen Maler brauchen. Ein Jacques-Louis David würde angefeuert werden vom Zorn über den Hof und über seine Verrottung. Er würde keine eleganten Damen malen, sondern den gewitternden Zeus.« Alter Narr, dachte Francisco, und sprichwörtlich: »Flöten geht des Menschen Witz, / nimmt der Zorn von ihm Besitz.« Laut und seinen Hohn nicht verbergend, antwortete er: »Soll ich ein Porträt von Ihnen malen, Don Gaspar?«
    Einen Augenblick schien es, als werde Jovellanos furchtbar ausbrechen. Aber er hielt sich zurück und antwortete nur, beinahe liebenswürdig: »Es ist schade, daß Sie meine Einwände nicht ernst nehmen, Don Francisco; denn ich nehme Sie ernst. Nächst der Politik steht nichts meinem Herzen näher als die Kunst. Künstlerische Begabung, mit politischer Leidenschaft vereint, könnte das Höchste erzielen, was der Mensch zu erreichen vermag. Ein Jacques-Louis David wäre diesem Lande von nicht geringerem Nutzen als ein Mirabeau.«
    Zuerst, nachdem Jovellanos gegangen war, zuckte Francisco die Achseln; dann aber stieg Unmut in ihm hoch. Da mußte er sich stumm den schulmeisterlichen Unsinn dieses Tugendboldes anhören. »Man hätte ihn sitzenlassen sollen in seinen wohlverdienten Bergen«, stürmte er los, und er wandte sich an Agustín. »Du bist schuld daran. Du hast mich angeschaut mit deinen dummen, fanatischen, vorwurfsvollen Augen, und da war ich Narr genug, ja zu sagen. Und jetzt muß ich auf wer weiß wie lange diesen ledernen Pedanten um mich haben. Die Palette trocknet einem ein, wenn er darauf schaut.«
    Dieses Mal schwieg Agustín nicht. »Reden Sie nicht so daher«, erwiderte er, mürrisch und herausfordernd. »Natürlich ist es schief, was Don Gaspar über Sie und David sagt. Aber daß er die Kunst politisch machen will, jetzt, heute, in Spanien,damit hat er recht. Und das sollten Sie sich aufschreiben.« Er erwartete, Goya werde schreien. Der tat es nicht. Die Stimme gemäßigt, doch voll giftigsten Hohnes, antwortete er: »Und das predigt mir einer, der, wenn er eine gute Stunde hat, einen Pferdearsch zustande bringt. Haben deine Pferdeärsche Politik? Der David Spaniens. Was für ein hanebüchener Blödsinn. Der David Spaniens, der kannst du werden, Don Agustín Esteve. Dazu reicht dein Talent.«
    Agustín indes, den hageren, großen Schädel vorgestoßen, sagte finster und hartnäckig: »Ich sag Ihnen was, Don Francisco, ich sag dir was, Francho, ich sag dir was, Herr Hofmaler und Mitglied der Akademie. Er hat tausendmal recht, Don Gaspar, und wenn du dich noch so sehr krümmst und noch soviel Gift von dir gibst. Deine Bilder sind Schinken, Don Francisco Goya, bei all deiner Begabung, und in meinen Pferdeärschen ist mehr Sinn und Politik als in dem geilen Gefrieß deiner großen Damen. Und solange du so feig neutral bleibst und solange du keine Meinung hast und keine zeigst, solange bleibt deine ganze Malerei Dreck und Gelump.« Er wies auf das Bild Don Manuels. »Traust du dir hinzuschauen? Eine Schande, es ist eine Schande. Qué vergüenza. Da schmierst du herum seit einer Woche, und es wird nichts, und du weißt es. Da machst du in wunderbaren Farben eine wunderbare Uniform und wunderbare Orden, und das Gesicht ist leer, und das Ganze ist leer. Geschissen, nicht gemalt. Und warum? Weil du deinem Don Manuel schöntun willst. Dein Manuel, der ist nämlich aus dem gleichen Holz wie du, hochmütig und eitel und

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