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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sich Doña María Luisa in Wut hineinsteigerte, kannte sie keine Grenzen; dann war sie imstande, Don Manuels Politik, seiner, Miguels, Politik entgegenzuwirken.
    Er wollte sich keine verfrühte Angst machen, er wandte sich ab von Manuel und Pepa, schaute hinüber zu Doña Lucía. Wie schön war sie, wie damenhaft. Seitdem freilich Franciscos Porträt unter seinen Bildern hing, schien ihm ihre damenhafte Schönheit nicht mehr so eindeutig wie früher. Da hatte er in vielen Jahren endlosen Studiums feste Regeln herausgefunden; er hatte seinen Shaftesbury gelesen und war sich klar darüber, was schön war und was nicht. Jetzt aber begannen ihm die Grenzen zu verfließen, und von beiden Lucíen, der gemalten und der lebendigen, ging ein Flirren aus, das ihn mit Unruhe füllte.
    Pepa, seitdem Einverständnis darüber erzielt war, daß sie Don Manuel in der Reitbahn besuchen durfte, gab sich vertraulicher. Sie erzählte ihm von ihrer Kindheit, von den Zuckerplantagen und von den Sklaven, auch von ihrer guten Bekanntschaft, ja, Freundschaft mit der Tirana, der großen Schauspielerin, und wie sie bei ihr Stunden genommen habe.
    Sie müsse wunderbar auf der Bühne sein, erklärte sogleich feurig Don Manuel: ihre spärlichen und gleichwohl sprechenden Gesten, ihr ausdrucksvolles Gesicht, ihre ins Blut gehende Stimme hätten ihn vom ersten Augenblick daran denken lassen, daß sie eigentlich für die Bühne bestimmt sei. »Sicherlich singen Sie auch«, erklärte er. »Ein wenig«, erwidertesie. »Darf ich Sie einmal singen hören?« bat er. »Ich singe nur für mich selber«, sagte sie, und da er ein enttäuschtes Gesicht machte, fügte sie mit ihrer vollen, trägen Stimme hinzu: »Wenn ich für jemand singe, dann ist mir, als ließe ich ihn mir sehr nahekommen«, und sie schaute ihn voll an. »Wann singen Sie für mich, Doña Pepa?« verlangte er, leise, begehrlich. Sie aber antwortete nicht, sondern schloß, versagend, den Fächer. »Haben Sie für Don Francisco gesungen?« fragte er eifersüchtig. Nun sperrte sie auch ihre Miene zu. Er indes, in stürmischer Reue, bat: »Verzeihen Sie mir, Doña Pepa. Ich wollte Sie nicht kränken, das wissen Sie doch. Aber ich liebe die Musik. Ich könnte keine Frau lieben, die nicht Musik in sich hat. Ich selber singe ein wenig. Erlauben Sie, daß ich für Sie singe«, bat er.
    Man erzählte sich in Madrid, Doña María Luisas, der Königin, höchste Freude sei es, ihren Liebling singen zu hören, doch lasse sich Don Manuel lange bitten, bevor er ihr willfahre, und dreimal unter vieren verweigere er es. Pepa war also in ihrem Innern sehr stolz, daß sie sich den Herzog bei ihrem ersten Zusammentreffen so ganz unterwürfig gemacht hatte, aber sie zeigte nur gelassene Liebenswürdigkeit. »Denke dir, Lucía«, rief sie, »der Herzog will für uns singen.« Alle waren überrascht.
    Der Page brachte die Guitarre. Don Manuel schlug ein Bein über das andere, stimmte die Guitarre und sang. Zunächst, sich selber begleitend, sang er die alte, sentimentale Romanze von dem Burschen, der, zum Militärdienst ausgelost, in den Krieg ziehen muß. »Fort, fort zieht die Armada, / Und meine Rosita bleibt, / O meine Rosita!« sang er. Er sang gut und mit Gefühl, seine Stimme war geübt. »Mehr, mehr!« baten die geschmeichelten Damen, und Don Manuel sang ein Couplet, eine Seguidilla Bolera, die sentimental ironische Weise von dem Stierkämpfer, der sich im Zirkus blamiert hat, so daß er sich nicht mehr vor den Leuten sehen lassen kann, geschweige denn vor den Stieren. Zweihundert schöne und elegante Madrileninnen, Majas, Petimetras, sogar zwei Herzoginnen,haben sich vorher seinethalben die Augen ausgekratzt, jetzt muß er froh sein, wenn ein Mädchen in seinem Heimatdorf ihn noch auf ihr Stroh läßt. Man applaudierte stark, und Don Manuel freute sich. Er legte die Guitarre beiseite.
    Aber: »Mehr, mehr!« baten die Damen. Der Minister, zögernd und gelockt, erklärte sich bereit, eine richtige Tonadilla vorzutragen, doch bedürfe er dazu eines zweiten Sängers, und er schaute auf Francisco. Goya, der Gesang liebte, und wohl auch angeregt durch den Wein, war für eine Tonadilla zu haben. Der Herzog und er berieten flüsternd, probierten, waren sich einig. Sie sangen, spielten, tanzten die Tonadilla von dem Maultiertreiber. Der Treiber beschimpft seinen Reisenden, doch dieser wird nur immer anspruchsvoller. Er hetzt Tier und Treiber, er will nicht absteigen, wenn es aufwärts geht, schließlich ist er

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