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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Lonnie?«
    Wieder zog er eine Augenbraue hoch. »Mit den Ladys kann ich besser umgehen.«
    »Seh ich so aus, als ob ich in Stimmung wäre?«
    »Okay, schon gut. Ja, ich kann gut mit Computern umgehen. Wieso?«
    »Ich muss rauskriegen, wer das geschrieben hat.«
    »Aber …«
    »Ich muss«, wiederholte sie, »rauskriegen, wer das geschrieben hat.«
    Er sah ihr in die Augen und betrachtete sie nachdenklich. Sie wusste, was er sagen wollte. Es war ein Betrug an allem, worum es in diesem Seminar ging. Sie hatten hier einige wirklich schreckliche Geschichten gelesen, eine sogar über einen sexuellen Missbrauch des Vaters, aber selbst da hatten sie nicht versucht, die Verfasserin ausfindig zu machen.
    Lonnie sagte: »Erzählst du mir, worum es hier geht?«

    »Nein.«
    »Aber ich soll das ganze Vertrauen zerstören, das wir uns hier mühsam aufgebaut haben?«
    »Ja.«
    »Ist es so schlimm?«
    Sie sah ihn nur an.
    »Ach, was soll’s«, sagte Lonnie. »Ich schau mal, was sich machen lässt.«

3
    »Ich sag es Ihnen doch«, wiederholte ich noch einmal, »das ist Gil Perez.«
    »Der Junge, der vor zwanzig Jahren mit Ihrer Schwester zusammen gestorben ist?«
    »Ganz offensichtlich«, sagte ich, »ist er ja nicht gestorben.«
    Sie glaubten mir wohl nicht.
    »Es könnte vielleicht sein Bruder sein«, bot York an.
    »Und der hat den Ring meiner Schwester dabei?«
    »So ungewöhnlich sind diese Ringe auch wieder nicht«, wandte Dillon ein. »Vor zwanzig Jahren waren die absolut modern. Ich glaub, meine Schwester hatte auch so einen. Den hatte sie zum sechzehnten Geburtstag gekriegt, oder so. War in dem von Ihrer Schwester was eingraviert?«
    »Nein.«
    »Also wissen wir nicht genau, ob es ihrer war.«
    Wir unterhielten uns noch eine Weile, aber viel mehr gab es dazu nicht zu sagen. Ich wusste eigentlich nichts. Sie sagten, sie würden sich melden. Sie wollten mit der Familie von Gil Perez reden und versuchen, eine offizielle Identifikation zu bekommen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich war verwirrt und benommen und kam mir verloren vor.

    Der BlackBerry und das Handy liefen Amok. Ich kam zu spät zu einem Termin mit der Verteidigung im bisher wichtigsten Fall meiner Karriere. Zwei wohlhabende Universitäts-Tennisspieler aus dem noblen Vorort Short Hills wurden beschuldigt, eine sechzehnjährige Afroamerikanerin aus Irvington namens – nein, ihr Name half uns auch nicht weiter – Chamique Johnson vergewaltigt zu haben. Die Verhandlungen hatten schon begonnen, dann war es zu Verzögerungen gekommen, und jetzt hoffte ich auf eine Einigung über die Dauer der Haftstrafe, bevor wir noch einmal ganz von vorn anfangen mussten.
    Die Polizisten setzten mich an meinem Büro in Newark ab. Ich wusste, dass die Anwälte der Gegenpartei meine Unpünktlichkeit für einen Trick halten würden, aber daran ließ sich jetzt nichts mehr ändern. Als ich mein Büro betrat, hatten die beiden Hauptanwälte der Verteidigung schon Platz genommen.
    Der eine, Mort Pubin, stand sofort auf und fing an zu krakeelen: »Sie Schwein, wissen Sie eigentlich, wie spät es ist?«
    »Hallo, Mort, haben Sie abgenommen?«
    »Fangen Sie nicht mit solchem Scheiß an.«
    »Moment, nein, es muss an was anderem liegen. Sie sind größer geworden, stimmt’s? Sie sind gewachsen. Dann sind Sie ja bald ein richtig großer Junge.«
    »Sie mich auch mal, Cope. Wir sitzen hier schon seit einer Stunde.«
    Der andere Verteidiger, Flair Hickory, saß einfach nur mit übergeschlagenen Beinen da. Als könne er kein Wässerchen trüben. Trotzdem war Flair derjenige, auf den ich achten musste. Mort war laut, abstoßend und anmaßend. Flair hingegen fürchtete ich wie kaum einen anderen Verteidiger. Er widersprach allen Erwartungen. Erstens war Flair – der schwor, dass es sein richtiger Name war, ich hatte jedoch erhebliche Zweifel – schwul. Okay, das war keine große Sache. Viele Anwälte sind schwul, aber Flair war eine Tunte, wie sie im Buch steht. Er hätte das
Kind der Liebe von Liberace und Liza Minnelli sein können, das nur mit Barbra Streisand und Musicals aufgewachsen war.
    Flair nahm sich im Gerichtssaal nicht zurück – er drehte erst recht voll auf.
    Er ließ Mort noch ein oder zwei Minuten lang toben. Flair streckte die Finger und inspizierte seine Maniküre. Sie schien ihm zu gefallen. Dann hob er die Hand und brachte Mort mit einem kurzen flatterigen Winken zum Schweigen.
    »Das reicht jetzt«, sagte Flair.
    Er trug einen violetten Anzug. Vielleicht

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