Grabesdunkel
nicht sagen, um was es geht. Nein, ich kann nicht bis heute Nachmittag warten.« Sterner wollte ihr nichts versprechen, aber sehen, was sie tun konnte.
Anderthalb Stunden später rief Ãstby zurück. Sie kam gerade aus der Kantine und stand auf der Treppe, als das Telefon klingelte. Sie lief in eins der Büros in der fünften Etage. Jetzt war es zu spät, um eine Aufnahme des Gesprächs zu arrangieren.
»Terje Ãstby. Um was geht es?« Seine Stimme war höflich, doch sie konnte ihr anhören, dass er in Zeitnot war.
»Um Helle Isaksen.«
Sie hörte ihn nach Luft schnappen. »Die junge Frau, die ermordet wurde? Was ist mit ihr?«
»Was für ein Verhältnis hatten Sie zu ihr?«
Langes Schweigen. Dann: »Ich weià nicht, wovon Sie reden.«
»Doch, ich denke schon, dass Sie das wissen. Wir haben einen Film. In der Redaktion.«
Es knackte in der Leitung. Er hatte aufgelegt. Etwas anderes war vielleicht auch nicht zu erwarten gewesen.
Der Finanzhai Hans Adler Hellvik reagierte mit Wut. Zuerst knallte er den Hörer auf. AnschlieÃend wurde die Nachrichtenchefin Katarina Hoff von der Anwaltskanzlei angerufen, die Hellvik vertrat. Sie drohten mit einer Klage. Diesmal lieà sie sich nicht einschüchtern und in die Kanzlei in Aker Brygge zitieren, um den Fall zu diskutieren.
Kapitel 54
Joakim rief den Moderator Tor Vaksdal an. Seit über zwanzig Jahren war er eine bekannte Fernsehpersönlichkeit, zuerst als Nachrichtensprecher des staatlichen Senders und später bei einem Privatsender. Vaksdal brach vor Joakim zusammen, bettelte und flehte ihn an, seinen Namen aus der ganzen Sache herauszuhalten. Er appellierte daran, dass sie in derselben Branche seien, also quasi Kollegen. Es sei nur ein einziges Mal passiert. Alles stehe für ihn auf dem Spiel, wenn das herauskäme. Seine Familie, seine Karriere.
»Sie machen mich fertig!«, schrie er schlieÃlich. Er fluchte und behauptete, die Nachrichtenchefin persönlich zu kennen und Dinge zu wissen, die ihr schaden könnten, wenn sie herauskämen. Joakim versuchte mitfühlend, aber bestimmt zu sein. Bevor Vaksdal das Gespräch beendete, wiederholte Joakim, was er bereits mehrmals gesagt hatte: Sie würden seinen Namen preisgeben.
Joakim rief seine alte Quelle an, den Aktienspekulanten Fridtjof Feng, der ihn als Erster auf die Spur von Hellviks Schlägern gebracht hatte.
»Können Sie mir etwas über den Prostituiertenring erzählen?«, begann er.
Feng schwieg zunächst. »Gute Arbeit, Joakim«, sagte er dann.
»Was hat es damit auf sich?«
»Bei den Kunden heiÃt er nur der âºKreisâ¹.«
»Warum haben Sie ihn nicht schon früher erwähnt?«
»Ich habe erst vor Kurzem davon erfahren. Jemand hat sich nach etwas zu viel Alkohol verplappert.«
»Aber die Verbindung zu Hellvik ist da?«
»Er steckt hinter dem Ganzen, Joakim. Der âºKreisâ¹ ist sein Projekt. Doch dafür werden Sie ihn nie drankriegen.«
Kurz darauf versammelten sich alle im Büro der Nachrichtenchefin: Joakim, Agnes, Ressortleiter Telle und Hoff selbst. Auch der Anwalt Helge Krag war gekommen.
»Es ist wichtig, dass alle Details stimmen. Wenn Nyhetsavisen morgen ausgeliefert wird, bricht die Hölle los«, leitete Hoff die Besprechung ein.
Joakim informierte sie über das, was er von Kikki erfahren hatte: dass Ratomir DamnjanoviÄ und Admir Banovici aller Wahrscheinlichkeit nach Esters Mörder waren und noch ein weiterer Mord, nämlich der an Agnesâ Quelle Laura Vangen Ringdal, auf ihr Konto ging.
»Ratomir und Admirs Aufgabe war es, den Prostituiertenring zu schützen. Als sie entdeckt haben, dass Ester Nyhetsavisen ein Interview gegeben hat, haben sie sich Sorgen gemacht. Später müssen sie erfahren haben, dass Agnes auch Kontakt zu Laura Vangen Ringdal hatte. Agnes haben sie überfallen, damit sie die Finger von der Sache lässt«, meinte Joakim.
»Und Ester und Laura wurden ermordet, weil sie den Prostituiertenring auffliegen lassen wollten«, fügte Agnes hinzu.
»Doch woher wussten DamnjanoviÄ und Banovici, dass Agnes die CD mit den Sexfilmen hatte?«, fragte Helge Krag.
»Durch Folter«, antwortete Joakim. »Ester fehlten zwei Finger und ein Ohr, so haben sie sie wohl zum Reden gebracht. Und Laura wurde ebenfalls misshandelt, bevor sie ermordet wurde. Später müssen sie uns
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