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Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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unzurechnungsfähig.«
    »Sagen Sie das bloß nicht außerhalb dieser vier Wände«, knurrte O’Kelly. Cassie reagierte mit einer Art Achselzucken und widmete sich wieder ihrer Zeichnung.
    Schweigen legte sich über den Raum. Die Geschichte an sich war scheußlich, so alt wie Kain und Abel, aber mit ganz eigenen modernen Verzerrungen, und ich kann unmöglich die Vielfalt von Gefühlen beschreiben, mit denen ich Cassie angehört hatte. Ich hatte sie nicht direkt angesehen, nur unsere verschwommenen Silhouetten im Fenster, aber ich musste zwangsläufig zuhören. Cassie hat eine sehr schöne Stimme, tief und klangvoll, aber die Worte aus ihrem Mund schienen zischend die Wände hochzukriechen, klebrige Schatten über die Lichter zu werfen, sich ganz oben in den Ecken als Gespinste einzunisten.
    »Irgendwelche Beweise?«, fragte O'Kelly schließlich. »Oder stützen Sie sich bloß auf Donnellys Aussage?«
    »Keine eindeutigen Beweise, nein«, sagte Cassie. »Wir können die Verbindung zwischen Damien und Rosalind nachweisen – wir haben die Telefonlisten ihrer Handys –, und beide haben uns denselben falschen Hinweis auf einen nicht existierenden Mann im Trainingsanzug geliefert, was bedeutet, dass Rosalind sich der Beihilfe nach der Tat schuldig gemacht hat, doch Beihilfe zum Mord können wir ihr nicht nachweisen.«
    »Wär ja auch zu schön gewesen«, sagte er tonlos. »Wieso frag ich überhaupt. Seid ihr alle drei derselben Meinung? Oder ist das bloß Maddox’ persönlicher kleiner Feldzug?«
    »Ich sehe das genau wie Detective Maddox, Sir«, sagte Sam prompt und mit Nachdruck. »Ich habe Donnelly den ganzen Tag verhört, und ich glaube, er sagt die Wahrheit.«
    O'Kelly seufzte frustriert und deutete ruckartig mit dem Kinn auf mich. Offenbar fand er, dass Cassie und Sam die Sache grundlos verkomplizierten, er wollte bloß den Papierkram vom Tisch haben und den Fall Damien für gelöst erklären. Doch obwohl er sich alle Mühe gibt, ist er im Grunde kein Despot, und er würde sich nicht über die einstimmige Meinung seines Teams hinwegsetzen. Er tat mir leid, ehrlich: Ich war vermutlich der Letzte, den er um Unterstützung bitten wollte.
    Ich konnte es nicht laut aussprechen, aber schließlich nickte ich.
    »Na toll«, sagte O’Kelly müde. »Also. Donnellys Geschichte reicht hinten und vorne nicht für eine Anklage gegen die Freundin, geschweige denn für eine Verurteilung. Wir brauchen ein Geständnis. Wie alt ist sie?«
    »Achtzehn«, sagte ich. Ich hatte so lange nicht gesprochen, dass meine Stimme wie ein verschrecktes Krächzen klang. Ich räusperte mich. »Achtzehn.«
    »Dem Himmel sei Dank für kleine Gnaden. Zumindest können wir sie vernehmen, ohne dass die Eltern dabei sind. Also: O’Neill und Maddox, holt sie her, nehmt sie richtig hart in die Mangel, jagt ihr ordentlich Angst ein, bis sie gesteht.«
    »Das funktioniert nicht«, sagte Cassie. »Psychopathen haben eine sehr hohe Angstschwelle. Wir müssten ihr schon eine Pistole an den Kopf halten, um sie in Panik zu versetzen.«
    »Psychopathen?«, sagte ich nach einer verblüfften Sekunde.
    »Mensch, Maddox«, sagte O'Kelly gereizt. »Ein bisschen weniger Hollywood. Sie hat ihre Schwester ja nicht verspeist.«
    Cassie blickte von ihrem Gekritzel auf. »Ich meine auch keine Filmpsychopathen. Sie entspricht der klinischen Definition. Keine Schuldgefühle, keine Empathie, pathologische Lügnerin, manipulativ, charmant, intuitiv, aufmerksamkeitssüchtig, narzisstisch, langweilt sich schnell, wird äußerst unangenehm, wenn sie auf Widerstand stößt ... ich hab sicher das ein oder andere Kriterium vergessen, aber das passt doch so ungefähr, nicht?«
    »Ist zumindest ein Anfang«, sagte Sam trocken. »Moment, heißt das, sie kommt mit Unzurechnungsfähigkeit davon, selbst wenn wir es schaffen, sie vor Gericht zu bringen?« O’Kelly murmelte irgendwas Abfälliges vor sich hin, das zweifellos mit Psychologie im Allgemeinen und Cassie im Besonderen zu tun hatte.
    »Sie ist absolut zurechnungsfähig«, erwiderte Cassie knapp. »Das wird ihr jeder Psychiater bestätigen. Sie ist nicht geisteskrank.«
    »Wie lange weißt du das schon?«, fragte ich.
    Ihre Augen huschten zu mir. »Ich hatte den Verdacht, als wir sie das erste Mal trafen. Es erschien mir aber nicht relevant für den Fall: Der Mörder war eindeutig kein Psychopath, und sie hatte ein perfektes Alibi. Ich hab überlegt, es dir zu erzählen, aber meinst du wirklich, du hättest mir geglaubt?«
    Du

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