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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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auf der Rückseite war ein Name eingraviert. Laura Fang.«
    »Sagte der Name Ihnen etwas?«
    »Ja. Die Zeitungen hatten damals über ihr Verschwinden berichtet. Ich erinnerte mich an den Namen, weil sie in meinem Alter war und auch Geige gespielt hatte. In Bolton hatten einige Schüler von ihr erzählt, weil sie sie vom Sommerworkshop des Orchesters her kannten.«
    »Mark hatte an diesem Workshop teilgenommen.«
    Susan nickte. »Er kannte sie. Aber die Verbindung zu meinem Vater war mir ein Rätsel. Wie war Lauras Anhänger in den Wagen meines Vaters gekommen? Dann dachte ich plötzlich an all die Nächte, in denen er in mein Schlafzimmer gekommen war, und an das, was er mit mir gemacht hatte. Wenn er mich missbraucht hatte, dann vielleicht auch andere Mädchen. Vielleicht war es das, was mit Laura passiert war. Warum sie verschwunden war.«
    »Und dann haben Sie es Ihrer Mutter erzählt?«
    »An diesem Wochenende, als ich bei ihr zu Besuch war, kam alles heraus. Ich erzählte ihr und Arthur alles. Was mein Vater mir vor Jahren angetan hatte. Was ich in seinem Wagen gefunden hatte. Anfangs konnte Mom es nicht glauben. Und dann fing sie in ihrer typischen egozentrischen Art an, sich Gedanken über das Gerede der Leute zu machen und darüber, dass sie ihren Namen in der Zeitung drucken würden. Dass sie als die ahnungslose Ehefrau dastehen würde, die nicht wusste, was in ihrem eigenen Haus vor sich ging. Aber Arthur – Arthur nahm es sehr ernst. Er glaubte mir. Und dafür werde ich immer Hochachtung für ihn empfinden.«
    »Warum sind die beiden nicht gleich zur Polizei gegangen?«
    »Meine Mutter wollte zuerst Gewissheit über die Fakten haben. Sie wollte keine Aufmerksamkeit erregen, solange sie nicht wussten, ob das Ganze nicht irgendein irrer Zufall war. Vielleicht gab es ja noch eine andere Laura Fang, meinte sie. Also wollten sie Lauras Familie den Anhänger zeigen. Sich bestätigen lassen, dass er derselben Laura gehörte, die vor zwei Jahren verschwunden war.« Susan senkte den Kopf, und ihre nächsten Worte waren kaum zu verstehen. »Das war das letzte Mal, dass ich sie lebend gesehen habe. Als sie aufbrachen, um sich mit Lauras Vater im Restaurant zu treffen.«
    Das war das letzte noch fehlende Puzzleteil: der Grund, weshalb Arthur und Dina an jenem Abend nach Chinatown gefahren waren. Nicht um zu essen, sondern um mit James Fang über seine verschwundene Tochter zu sprechen. Ein Kugelhagel hatte ihr Gespräch beendet, ein blutiges Massaker, das einem unglücklichen Einwanderer in die Schuhe geschoben worden war.
    »Die Polizei behauptete steif und fest, es sei ein erweiterter Suizid gewesen«, sagte Susan. »Sie sagten, meine Mutter und Arthur seien einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Der Anhänger ist nie wieder aufgetaucht, also hatte ich keine Beweise. Ich hatte niemanden sonst, an den ich mich wenden konnte. Immer wieder fragte ich mich, ob es da eine Verbindung gab zwischen Laura und dem Massaker. Und dann war da noch Mark. Er war an diesem Wochenende bei uns, also hatte er alles mitbekommen.«
    »Er rief Patrick an. Und erzählte ihm, dass Ihre Mutter und Arthur nach Chinatown fahren würden.«
    »So war es mit Sicherheit. Aber erst bei der Beerdigung wurden mir die ganzen Zusammenhänge klar. Dass mein Vater und Mark zusammenarbeiteten. Ohne den Anhänger konnte ich nichts beweisen. Mein Vater hatte alle Macht über mich, und ich wusste, dass es kein Problem für ihn wäre, mich verschwinden zu lassen.«
    »Also sind Sie selbst verschwunden.«
    »Es war nicht geplant. Aber dann kam dieser Schulausflug, und ich bin mit meiner Klasse den Bostoner Freedom Trail abgegangen.« Sie lachte traurig. »Und plötzlich dachte ich mir: Ich will auch frei sein! Und jetzt habe ich die Chance dazu. Also habe ich mich von den Lehrern weggeschlichen. Nachdem ich ein paar Blocks weit gegangen war, begann ich zu überlegen, wie ich meine Spuren verwischen könnte. In einer Gasse warf ich meinen Rucksack und meinen Ausweis weg. Ich hatte genug Geld für eine Busfahrkarte in den Norden. Wohin ich wollte, hatte ich mir noch nicht überlegt, ich wusste nur, dass ich von meinem Vater wegmusste. Als ich in Maine ankam und aus dem Bus stieg, hatte ich plötzlich das Gefühl …« Sie seufzte. »Als wäre ich zu Hause angekommen.«
    »Und Sie sind geblieben.«
    »Ich fand einen Job, habe in den Ferienhütten geputzt. Ich lernte meinen Mann Joe kennen. Und das war das größte Geschenk meines Lebens, einen

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