Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
verläuft leicht schräg von rechts unten nach links oben. Der Kopf des Opfers war dabei in normaler Position, nicht nach hinten geneigt.«
    »Vielleicht stand der Täter vor ihr?«, mutmaßte Jane.
    »Und wieso hat sie sich dann nicht gewehrt? Es gibt keine Blutergüsse, die auf einen Kampf hindeuten. Warum sollte sie ruhig dastehen, während jemand ihr fast den Kopf abschneidet?«
    Yoshima sagte: »Ich habe die Röntgenbilder aufgehängt.«
    Sie wandten sich alle dem Leuchtkasten zu. Auf den Bildern schimmerten die Knochen weißlich im Gegenlicht. Maura konzentrierte sich zunächst auf die Aufnahmen des rechten Armstumpfs und der abgetrennten Hand. Sie verglich die Winkel der Schnittflächen des durchtrennten Dreiecksbeins und kam zu dem Schluss, dass sie zusammenpassten.
    »Es ist eindeutig ihre Hand«, bestätigte Maura.
    »Nicht, dass ich je daran gezweifelt hätte«, meinte Jane.
    Als Nächstes nahm Maura sich die Aufnahmen des Halses vor, mit dem tiefen Spalt im weichen Gewebe, das so unglaublich sauber durchtrennt worden war. Sofort fiel ihr Blick auf einen dünnen, hellen Streifen im Bereich der Halswirbel. »Haben Sie eine laterale Aufnahme der HWS gemacht?«, fragte sie.
    Yoshima hatte offenbar schon mit dieser Frage gerechnet, denn er nahm sofort die Hand- und Armaufnahmen herunter und befestigte einen neuen Film am Leuchtkasten, der eine Seitenansicht des Halses zeigte. »Dieses Ding ist mir vorher schon aufgefallen. Ich dachte mir, dass Sie sich das noch genauer ansehen wollen.«
    Maura betrachtete eingehend die laterale Ansicht des fünften Halswirbels. Auch auf dieser Aufnahme war der Gegenstand zu sehen, dünn wie eine Rasierklinge.
    »Was ist das?«, fragte Jane und trat neben Maura.
    »Es ist etwas Metallisches, und es steckt in der Vorderseite des fünften Halswirbels.« Sie wandte sich zum Tisch um. »Ich vermute, dass ein Stück von der Klinge abgesplittert ist, als der Täter zuschlug, und im Knochen stecken blieb.«
    »Was bedeutet, dass wir vielleicht das Metall analysieren können«, sagte Jane. »Und den Hersteller des Messers ermitteln.«
    »Ich glaube nicht, dass es ein Messer war.«
    »Eine Axt?«
    »Eine Axt würde einen Spalt hinterlassen, und wir würden Quetschungen an den Weichteilen beobachten. Bei ihr liegt weder das eine noch das andere vor. Dieser Schnitt ist sehr fein und gerade. Er stammt von einer rasiermesserscharfen Klinge, die zudem so lang war, dass sie den Hals praktisch mit einem einzigen Streich horizontal durchtrennt hat.«
    »So wie eine Machete?«, fragte Jane.
    »Oder ein Schwert.«
    Jane sah Tam an. »Wir suchen also nach Zorro.« Ihr Lachen wurde vom Klingeln ihres Handys unterbrochen. Sie streifte die Handschuhe ab und zog das Telefon aus der Gürteltasche. »Rizzoli.«
    »Haben Sie schon einmal eine Schwertwunde gesehen, Dr. Isles?«, fragte Tam, der noch immer die Röntgenaufnahme betrachtete.
    »Ein Mal – in San Francisco. Ein Mann hatte seine Freundin mit einem Samuraischwert massakriert.«
    »Könnte eine Metallanalyse Ihnen verraten, ob hier ein Samuraischwert verwendet wurde?«
    »Diese Schwerter werden heutzutage serienmäßig hergestellt; das würde uns also vermutlich nicht weiterhelfen, solange wir nicht die Waffe selbst finden. Aber man kann nie wissen – oft ist eine solche Spur genau das fehlende Puzzleteil, das für eine Verurteilung des Täters nötig ist.« Sie sah Tam an. Der Schein des Leuchtkastens erhellte sein Gesicht unter der bauschigen Papierhaube, die seine Haare bedeckte. Wieder einmal war sie beeindruckt von seiner intensiven, fast zu ernsthaften Ausstrahlung. »Sie stellen gute Fragen«, sagte sie.
    »Ich versuche nur zu lernen.«
    »Rizzoli ist eine hervorragende Ermittlerin. Halten Sie sich an sie, dann werden Sie keine Probleme haben.«
    »Tam«, sagte Jane, die ihr Telefonat beendet hatte. »Sie bleiben hier, bis Maura fertig ist. Ich muss weg.«
    »Was ist passiert?«
    »Das war Frost. Wir haben den Wagen des Opfers gefunden.«
    Deck 4 des Parkhauses in der Tyler Street war fast leer; nur der blaue Honda Civic stand ganz allein auf einem der hinteren Stellplätze. Es war eine dunkle, abgelegene Ecke, genau der Parkplatz, den man sich aussuchen würde, wenn man nicht gesehen werden wollte, wie man zu seinem Wagen ging. Während Jane und Frost das Auto untersuchten, waren ihre einzigen Zuschauer ein einsamer Parkhausmitarbeiter und die zwei Streifenpolizisten, die den Wagen am frühen Morgen entdeckt hatten.
    »Das Parkticket

Weitere Kostenlose Bücher